Das Mädchen mit dem neongelben Top drückt nach vorne gegen die Hände des Sicherheitsmannes, ein Junge versucht über die Köpfe der anderen noch ein Foto zu machen. Hinter ihnen halten unzählige Arme ihre Handys in die Luft, schieben unzählige Körper nach vorne. Sie rufen einen Namen: "Abu, Abu!" Und AbuGoku, der Influencer, wegen dem sie alle hier sind, fällt da nur eins ein: "Digga, das ist doch geisteskrank."
So sagt er es in einem Video, in dem dieser kuriose Samstagnachmittag in Regensburg festgehalten ist. Höchstens 300 Gäste erwartete der Supermarkt im Hauptbahnhof zu seiner Werbeaktion, zu der auch AbuGoku angekündigt war. Es kamen etwa 1200, man muss das noch mal in Worten ausrücken: tausendzweihundert, eine Zahl mit vier Ziffern oder in AbuGokus Worten: "Heftig." Kleine Festivals haben solche Besucherzahlen, aber Werbeaktionen im Supermarkt? Im Zeitalter von Tiktok und Instagram muss hier die Antwort klar lauten: Ja.
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Es waren vor allem Jungs mit Baseballkäppi und Trainingsjacke, die den Regensburger Hauptbahnhof überrannten. Ein paar Leute seien schon da, stellte AbuGoku fest, als er ankam - es war die Untertreibung des Jahrhunderts. Schon zwei Stunden bevor die Aktion überhaupt beginnen sollte, warteten etwa vierhundert Menschen im Supermarkt und in der Wartehalle. Auf was?
Da ist die Schokolade, die beworben werden sollte und die auch Influencer wie AbuGoku zuvor anpriesen. Sie sieht aus wie Marihuana, grüne Pollenboller in durchsichtigen Zipper-Tüten. Wer sich das Video anschaut, bekommt allerdings das Gefühl, dass der eigentliche Grund, warum so viele Jugendliche ihre Samstagnachmittagsbeschäftigung im Supermarkt suchten, bei Youtube und Tiktok zu suchen ist.
"Abu! Abu!", skandierte die Menschenmasse im Chor. In einer Szene vergeht dem Influencer für eine Sekunde sein breites Grinsen, als er von seinen Fans an eine Mauer gequetscht wird. Die Bundespolizei teilte später mit, das Gedränge sei so dicht gewesen, dass Kinder an die Wände des Supermarkts gedrückt wurden. Ein Influencer beschrieb die Lage so: "Bruder, drinnen geht echt die Hölle los." Und irgendwann hat AbuGoku dann ein Megafon in der Hand, ein Polizist hat es ihm gegeben. Auch das eine skurrile Szene: Der Influencer, Typ Gangstarapper, ruft zu Ruhe und Ordnung auf.
Nur eine halbe Stunde nach offiziellem Beginn wurde die Aktion aus Sicherheitsgründen abgebrochen. "Es hat noch nicht mal angefangen und die wollen das schon schließen", sagt AbuGoku. Im Hintergrund buhen seine Fans und senken die Daumen. Bis auf eine blutige Unterlippe ist alles glimpflich ausgegangen. Zwei 14-Jährige sind laut Polizei aneinander geraten, ob es da um Schokolade ging oder ein Selfie mit ihrem Star ist nicht bekannt.
Am Ende schwimmt AbuGoku im Meer seiner Fans in Richtung Auto. Durch das Rückfenster sieht man, wie die Kids ihm hinterherlaufen. Nach ein paar Metern zieht einer der Influencer Bilanz: "Schräg, Alter."