Eging am See:"Pullman brennt"

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Ein Bild der Verwüstung: Nach dem Feuer in Pullman City mussten die Einsatzkräfte die Reste der verbrannten Gebäude einreißen. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Etwa eine halbe Million Besucher kommt im Jahr in den Western-Freizeitpark Pullman City. Nun brannten mehrere Gebäude nieder. Warum, ermittelt jetzt die Polizei.

Von Lisa Schnell, Regensburg

Es war Sonntag, ein paar Minuten nach sechs Uhr, als Marco Lebschi die Doppelsirene heulen hörte und dann alle Sirenen im Umkreis. Ein einfacher Zimmerbrand, das war ihm klar, war das nicht. Er stieg aus dem Bett, machte die Rollläden auf und dann sah er es: Der Himmel über Pullman City rauchte, baumhohe Flammen schossen in die Höhe. In ein paar Minuten saß er im Auto, da kamen schon die ersten Anrufe rein: "Pullman brennt", sagte eine Kollegin, in ihrer Stimme hörte er die Tränen.

Und schon stand er da in der Nacht zwischen Gästen und Mitarbeitern und blickte fassungslos auf die vom Feuer erleuchtete Mainstreet. Wo sonst Kinder und Western-Fans Cowboys bewundern, brannte es: die Music Hall, der Saloon, ihr Town Office, das Sheriff Office, die kleine Pinacolada-Bar, die Cantina Mexicana und das Steakhouse - alles in Flammen. Sonst erzählt Marco Lebschi als Pressesprecher Journalisten von den neuesten Shows, jetzt versuchte er den nach und nach eintreffenden Reportern zu erklären, was er selbst nicht verstand.

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Pullman City, der weit über die Grenzen von Bayern beliebte Western-Freizeitpark, bis zu 500 000 Besucher im Jahr, brannte vor ihren Augen nieder. Nicht ganz natürlich, aber doch ein Herzstück, ein großer Teil der Mainstreet, ist weg. Jetzt stehen dort schwarze Holzgerippe, es riecht noch nach Rauch. So sagt das Lebschi. Als man mit ihm am Montag telefoniert schaut er zu, wie zwei Bagger die Trümmer wegbringen.

Es ist ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe, sagt einer der Geschäftsführer, Claus Six. Er rechnet damit, dass sie Ende März, Mitte April wieder öffnen können. Alle geplanten Veranstaltungen könnten dann stattfinden. Lebschi sagt, sie seien versichert und gehen davon aus, dass die Versicherung den Schaden übernimmt. Warum es brannte, ist laut Polizei noch unklar. Am Sonntag kam ein Gutachter des Landeskriminalamts nach Eging am See im Landkreis Passau, um die Brandstelle zu bewerten.

Verletzte gab es wenige, ein Mitarbeiter des Parks und ein Feuerwehrmann. Der eine hat sich die Schulter leicht verdreht, der andere ist umgeknickt. Auch den Tieren geht es gut. Rund 300 Einsatzkräfte waren dort, Feuerwehr, Polizei, Rettungskräfte. Etwa 180 Gäste und 20 Mitarbeiter blickten Sonntagfrüh in die Flammen. Lebschi half den Gästen, ihr Gepäck zum Auto zu schaffen. Die meisten reisten ab und die Polizei stellte sicher, dass sich niemand mehr auf dem Gelände aufhielt.

Noch nie hatten sie einen so großen Einsatz in Eging am See im Landkreis Passau, heißt es von der Feuerwehr. (Foto: Lilo Klesse/dpa)

Sechs Stunden dauerte es, bis der Brand gelöscht war. So sagt es die Polizei. "Wird schon stimmen", sagt Thomas Zitzelsberger. Er selbst hat das Gefühl für Zeit verloren. Als man ihn am Telefon hat, Montagmittag, ist er gerade zehn Minuten zu Hause, bis dahin war er nahezu ununterbrochen am Brandlöschen, Brandeindämmen, Brandwache halten. Oder besser: Er hat das alles koordiniert in der Einsatzleitung.

Es ist der größte Einsatz, den sie in Eging am See je hatten. Etwa 25 Feuerwehren aus drei Landkreisen kamen ihnen zu Hilfe, am Ende standen da 55 Feuerwehrfahrzeuge. Die Zusammenarbeit lief vorbildhaft, sagt Zitzelsberger. Sie teilten die riesige Brandfläche in drei Abschnitte ein und versuchten, von allen Seiten zu löschen. Wie viel Wasser sie brauchten, kann er nicht sagen, aber sie holten es, wo sie es herbekommen konnten: aus Hydranten, aus Tanklöschfahrzeugen, aus einem Löschweiher in der Nähe. Alle, die das Feuer mit ihren Schläuchen umzingelten, aus der Luft auf Drehleitern oder am Boden, trugen Atemschutzgeräte, weil es so stark rauchte.

Die Geschäftsführer von Pullman City machen bereits Pläne, wie sie den Freizeitpark wieder aufbauen. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Als der Brand endlich gelöscht war, wurde das, was von den Gebäuden noch übrig war, von Baggern eingerissen. Immer wieder flammten Glutnester oder offenes Feuer auf. Bis um acht Uhr abends dauerten die Nachlöscharbeiten, sagt Zitzelsberger. Und jetzt? Jetzt möchte er - man möge es ihm verzeihen - schlafen.

Marco Lebschi steht derweil vor den Ruinen, die noch übrig sind und erzählt. Wie er in der Nacht ihren Fans - und ja, dieser Begriff sei angemessen - auf den sozialen Netzwerken geschrieben hat. Seitdem überschlagen sich die Solidaritätsbekundungen. Wie er mit den Geschäftsführern gesprochen hat, Ernst Grünberger und Claus Six, die den seit 1997 bestehenden Park 2011 übernommen haben. Six hatte am Sonntag noch Tränen in den Augen, am Montag macht er schon Pläne, wie es weitergeht. Die Architektin ist da, die Bauunternehmen, die Elektriker. Sie möchten alles möglichst schnell wieder aufbauen, den März haben sie sicher noch zu. Einen Trost aber hat Lebschi zum Schluss: "Es wird besser als vorher."

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