Ingolstadt:Eltern sollen für Abgasskandal büßen

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Weil Gewerbesteuern ausbleiben, will die Stadt Ingolstadt die Kita-Gebühren erhöhen.

Von Andreas Glas, Ingolstadt

Die letzte Erhöhung ist nur ein paar Monate her, das war kein großer Aufreger in Ingolstadt. Damals, im Herbst, haben ja mehrere Städte ihre Gebühren für Kindertagesstätten, für Horte und Kindergärten angehoben - eine Konsequenz nach der Tariferhöhung für Erzieher.

Aber dass die Stadt nun plant, die Gebühren innerhalb weniger Monate erneut anzuheben, "und diesmal gleich um durchschnittlich 16 Prozent, damit sind wir nicht einverstanden", sagt Andreas Seidl, Mitglied der Ingolstädter Elternbeiräte. Der Gewerbesteuereinbruch durch den Volkswagen-Abgasskandal "darf nicht auf die Ingolstädter Familien abgewälzt werden", fordern die Elternbeiräte.

Im vergangenen Herbst hatte die Stadt Ingolstadt wegen der VW-Krise eine Haushaltssperre verhängt. Weil die Stadt um Gewerbesteuereinnahmen der in Ingolstadt ansässigen VW-Tochter Audi fürchtet, sollen die städtischen Ausgaben in den Jahren 2015 und 2016 um 15 Prozent gekürzt werden.

Zweifel an der Familienfreundlichkeit der Stadt

Dass Jugendamtsleiter Maro Karmann den Plan einer erneuten Gebührenerhöhung unter anderem damit begründet, "dass das gesamte finanzielle Umfeld der Stadt Ingolstadt schwierig ist", finden die Ingolstädter Elternbeiräte gar nicht in Ordnung.

"Wir arbeiten nicht gegen die Stadt Ingolstadt, wir sind auch nicht gegen Audi", sagt Elternbeirat Seidl, aber allmählich zweifle er schon an der Familienfreundlichkeit der Stadt.

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Ähnliche Kritik kommt auch aus der Opposition im Stadtrat: Nimmt man die beiden Erhöhungen zusammen, rechnet die BGI-Fraktion vor, dann müsste eine alleinerziehende, berufstätige Mutter mit zweijährigen Zwillingen in der Krippe und einem vierjährigen Kind im Kindergarten monatlich 164 Euro mehr zahlen als noch vor einem halben Jahr.

Freilich, das ist der Extremfall, im Allgemeinen würden die Gebühren nach zweifacher Erhöhung um mindestens 21 Euro und höchstens 67,50 Euro pro Monat und Kind steigen. "Unsozialer geht es nicht", findet BGI-Stadtrat Jürgen Siebicke. Und BGI-Fraktionschef Christian Lange sagt: "Wir bauen für viele Millionen Straßen und Brücken, damit Audi Zubringerstraßen hat, und jetzt ziehen wir den Eltern weitere 360 000 Euro im Jahr aus der Tasche."

Mehrkosten durch höhere Erziehergehälter

360 000 Euro - so hoch sind nach Angaben der Stadt die entstandenen Personalmehrkosten infolge der Tariferhöhung bei den Erziehergehältern. Diese Mehrkosten will die Stadt nun zumindest teilweise mit höheren Kindergartengebühren auffangen.

Die Stadt rechtfertigt dies unter anderem damit, dass die Gebühren in Ingolstadt immer noch niedriger seien als in vergleichbaren städtischen Einrichtungen in Würzburg, Erlangen, Fürth oder Regensburg. Ein Argument, das für Elternbeirat Andreas Seidl nicht zieht: "Man kann nicht einfach Vergleiche anstellen, um uns zufriedenzustellen", sagt er.

An diesem Mittwoch beraten mehrere Stadtratsausschüsse über die Erhöhung der Kita-Gebühren zum 1. April, außerdem soll die Mittagsverpflegung um 50 Cent pro Essen erhöht werden.

Die Elternbeiräte wollen sich das nicht gefallen lassen. Sie sammeln jetzt Unterschriften gegen den Stadtratsbeschluss - und wollen vorm Rathaus demonstrieren, wenn der Stadtrat am 23. Februar endgültig über die Erhöhung abstimmt.

© SZ vom 17.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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