München:Aus für Software gegen Einbrecher: Folgeprojekt möglich

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Das Logo vom bayerischen Landeskriminalamt ist an der Tür zu einem Serverraum zu sehen. (Foto: Matthias Balk/dpa/Archiv)

Ruhestand für Kommissar Computer: Gut sieben Jahre nach dem Test-Start hat die bayerische Polizei die für den Kampf gegen Einbrecher eingesetzte Software...

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München (dpa/lby) - Ruhestand für Kommissar Computer: Gut sieben Jahre nach dem Test-Start hat die bayerische Polizei die für den Kampf gegen Einbrecher eingesetzte Software „Precobs“ dauerhaft aussortiert. Das Prognose-Programm werde seit 1. Oktober nicht mehr genutzt, sagte der stellvertretende Leiter der zuständigen Abteilung beim Bayerischen Landeskriminalamt (LKA), Michael Grünleitner, am Mittwoch. Der Software habe die Datengrundlage gefehlt, nachdem während der Pandemie deutlich weniger Einbrüche gemeldet worden seien.

„Wir bräuchten eine Software, die mit geringen und hohen Fallzahlen arbeiten kann“, sagte Grünleitner. Weil „Precobs“ bei zu wenigen Fällen zu selten Alarm gab, habe die Polizei das Programm auch nicht wie anfangs angedacht für die Bekämpfung anderer Verbrechen nutzen können. Das LKA arbeite nun daran, weiterhin mit Hilfe von Software Risikoanalysen erstellen zu können. Eine Art Nachfolge-Programm für „Precobs“ zu entwickeln, sei dabei „nicht ausgeschlossen“.

Mit der Software hatte das LKA in München und Nürnberg Kriminalitätsschwerpunkte besser herausfiltern wollen, um vor allem bei Einbrüchen professioneller Täter früher vor Ort zu sein. Die Funktion der Software beruht auf der Erfahrung, dass rund um den Ort eines Einbruchs innerhalb der nächsten Woche oft erneut eingebrochen wird. Bayern hatte 2014 als erstes deutsches Bundesland testweise mit dem Einsatz begonnen, andere Länder folgten. Datenschützer hatten zu Beginn Bedenken gegen das Programm geäußert.

Wie erfolgreich „Precobs“ war, sei „schwierig zu beurteilen, weil man nicht messen kann, wie viele Einbrüche verhindert wurden“, sagte Grünleitner. „Wir können nicht sagen, ob es sich gelohnt hat.“ Doch die Software habe vor Corona ausreichend oft Alarm geschlagen, die Erfahrungen mit dem Programm seien bei der Weiterentwicklung in diesem Bereich „ein wertvoller Baustein“. Insgesamt habe der Einsatz von „Precobs“ in Bayern „einen sechsstelligen Betrag“ gekostet.

Der polizeipolitische Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, Alfred Grob, bezeichnete die Software als „Erfolg“. Die Zahl der Einbrüche sei „in Bayern seit 2014 Jahr für Jahr zurückgegangen“. Zwar sei das zuletzt vor allem auf die Corona-Pandemie zurückzuführen gewesen, ein Stück weit sei „Precobs“ aber auch Opfer des eigenen Erfolgs.

Ähnlich äußerte sich der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Bayern, Jürgen Köhnlein: „Dass jetzt aufgrund der rückläufigen Zahlen das Projekt auf Eis gelegt wird, ist sicherlich hinsichtlich des positiven Grundes zu verschmerzen.“

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Stefan Schuster, sieht „Precobs“ dagegen als gescheitertes Vorzeigeprojekt der Staatsregierung. „Das jetzige Aus war absehbar“, sagte Schuster. Schon 2017 sei festgestellt worden, dass der Effekt der Software „deutlich kleiner als erhofft ist“. Dass es in Bayern weniger Wohnungseinbrüche gebe, liege vor allem an der Arbeit der Polizisten.

Ähnlich bewertete der Sprecher für Digitalisierung der Grünen-Landtagsfraktion, Benjamin Adjei, das Aus: „Das Projekt muss eingestellt werden, da es aufgrund niedriger Fallzahlen zu wenig Daten für eine solide Datenanalyse gibt. Daran zeigt sich, wie wichtig die Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten ist.“

Auch der innenpolitische Sprecher der Freien Wähler im Landtag, Wolfgang Haubner, betonte: „Wir sind der Ansicht, dass die Polizei am besten draußen bei den Menschen in der Fläche Bayerns eingesetzt ist – nicht in Stuben oder Stäben hinter Hochleistungsrechnern.“ Der stellvertretende FDP-Fraktionssprecher, Alexander Muthmann, sagte, „angesichts des geringen Nutzens“ könne das Programm letzlich „nicht als Erfolg bewertet werden“.

Der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Richard Graupner, nannte das Aus für die Software „folgerichtig“. Gerade zu Beginn des Projekts habe das Programm zwar zu Erfolgen geführt, später habe die Qualität der Prognosen aber abgenommen.

© dpa-infocom, dpa:211027-99-753795/6

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