Polizei:Kriminalstatistik: Mehr Drogendelikte, weniger Einbrüche

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Nach der Zerschlagung eines Drogenhändlerrings präsentierte die bayerische Polizei vor wenigen Tagen die sichergestellten Substanzen. (Foto: Robert Haas)

Kein Rekordwert wie 2017, aber immerhin "der zweitniedrigste Wert der letzten 30 Jahre": Die aktuelle Kriminalstatistik nimmt der Innenminister wieder einmal als Beleg, dass Bayern ein sicheres Land ist.

Von Lisa Schnell, München

Bei der jährlichen Vorstellung der Kriminalstatistik laufen die Zuhörer Gefahr von einem Déjà-vu ereilt zu werden. Es gibt einen Satz, den Innenminister Joachim Herrmann von 2014 bis 2018 jedes Jahr wiederholte und der am Montag nicht fehlen durfte: "In Bayern leben, heißt sicherer leben." Einen Rekordwert wie vergangenes Jahr geben die Zahlen von 2018 zwar nicht her, aber immerhin "den zweitniedrigsten Wert der letzten 30 Jahre".

Die Kriminalitätsbelastung sei um 0,8 Prozent gestiegen, das bedeutet auf 100 000 Einwohner kommen 4571 Straftaten. Die Anzahl der Straftaten stieg um 1,3 Prozent auf 594 116. Dabei werden ausländerrechtliche Delikte wie illegale Einreisen nicht berücksichtigt, da sie fast alle Flüchtlinge betreffen und damit die Statistik verzerren würden. "Besonders stolz" ist Herrmann dafür auf einen leichten Anstieg der Aufklärungsquote auf 64,5 Prozent, "der höchste Wert seit 13 Jahren". Der Anteil von Nicht-Deutschen und Zuwanderern an den Tatverdächtigen ist weiter leicht gestiegen. Das dürfe "man nicht kleinreden", es bestehe aber "kein Grund für eine Alarmstimmung", sagte Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer.

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Zuwanderer, also vorwiegend Asylbewerber, machen 10,6 Prozent der Tatverdächtigen aus. Bei Gewaltdelikten waren sie 3,5 Prozent häufiger Tatverdächtige als 2017. Dabei wurden allerdings "zum Großteil Zuwanderer Opfer von anderen Zuwanderern", sagte Herrmann. Dies hänge wohl auch damit zusammen, dass viele aus einem Kulturkreis kämen, in dem das Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit noch nicht so weit verbreitet ist. Auch bei den Rauschgiftdelikten stieg der Anteil von Zuwanderern an den Tatverdächtigen um 29,4 Prozent. Herrmann erklärte den Anstieg damit, dass in Asylbewerberunterkünften vermehrt kontrolliert werde: "Je mehr ich kontrolliere, desto mehr finde ich auch." Gefunden wurde vor allem Cannabis.

Straftäter ohne deutschen Pass begingen 2018 35,5 Prozent der Straftaten, machen aber nur 12,6 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Dafür nannte Herrmann mehrere Gründe wie etwa Einbruchsbanden aus Osteuropa, die nicht zur bayerischen Bevölkerung zählen und nach ihrer Straftat das Land wieder verlassen: "Das erhöht automatisch den Anteil der Nicht-Deutschen." So kamen die meisten nichtdeutschen Straftäter aus Rumänien. Zudem gebe es bestimmte Kontrollen an der Grenze oder in Asylbewerberunterkünften, von denen "naturgemäß ausländische Staatsbürger stärker betroffen sind". Der überproportional hohe Anteil von Nicht-Deutschen an den Tatverdächtigen sei kein neues Phänomen. Schon 2014, bevor eine hohe Anzahl von Flüchtlingen nach Bayern kam, lag er bei 28,6 Prozent.

Unter den angestiegenen Straftaten wirkt vor allem eine Zahl auf den ersten Blick alarmierend: Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung stiegen um 12,5 Prozent. Herrmann führt dies in erster Linie auf die Änderung des Sexualstrafrechts im November 2016 zurück. Handlungen, die zuvor nicht strafbar waren, stehen jetzt unter Strafe. Zudem komme es durch Debatten um "Me Too" oder die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche vermehrt zu Anzeigen: "Menschen, die sich früher nicht getraut haben, haben jetzt den Mut." Bei dem Großteil der Fälle handelt es sich um sexuelle Belästigung, Vergewaltigungen machen 25,9 Prozent aus. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger stieg von 32 auf 35 Prozent, der von Zuwanderern von 15 auf 15,9 Prozent.

Den Anstieg der Rauschgiftdelikte um acht Prozent führte Herrmann auf die gestiegenen Kontrollen zurück. Auffällig sei, dass vermehrt größere Menge sichergestellt würden. Herrmann zog daraus den Schluss, "dass immer mehr Drogen im Umlauf sind". Es handele sich vor allem um Cannabis-Fälle. Die Anzahl der Drogentoten sank 2018 um 23,7 Prozent. Im Jahr 2018 fielen zudem sehr viele vor allem ältere Bürger Betrügern zum Opfer. Herrmann erklärte den Anstieg von 18,4 Prozent bei Betrugsdelikten im Wesentlichen mit dem sogenannten Call-Center-Betrug, bei dem sich Anrufer etwa als Polizisten ausgeben und dazu auffordern, falschen Beamten Schmuck oder Wertsachen anzuvertrauen.

Auch bei Mord und Totschlag stiegen die Fälle von 558 auf 648. Allerdings geht dies vor allem auf einen Fall zurück, bei dem ein Angeklagter 105 Mordversuche unternahm. Er hatte über das Internet junge Mädchen und Frauen zu potenziell tödlichen Selbstversuchen mit Strom überredet. Insgesamt sind die Todesfälle im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Einen positiven Trend machte Herrmann wie schon die vergangenen vier Jahre bei den Wohnungseinbrüchen aus. So gab es 13,3 Prozent weniger Einbrüche als im Vorjahr. Die Bemühungen vieler Bürger ihre Fenster und Türen besser abzusichern sowie die erhöhte Präsenz der Polizei hätten sich gelohnt, so Herrmann.

© SZ vom 19.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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