Rollenbilder:Eine bunte Welt

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Markus Ganserer, diesmal in seiner Rolle als Frau, in Nürnberg. Etwa zweimal im Monat wechselt er seine Identität. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Zwischen Mann und Frau gibt es zahlreiche Identitäten, die erst langsam gesellschaftlich akzeptiert werden. Auch der Grünen-Politiker Markus Ganserer hat lange mit seiner Identität gehadert.

Von Lisa Schnell, München

Der Einfachheit halber sagt Markus Ganserer, er sei Transgender. Darunter können sich die meisten vielleicht etwas vorstellen. Eigentlich aber sei das nicht ganz richtig. Die Welt, in die der Grünen-Abgeordnete seit ein paar Jahren eingetaucht ist, und von der er an diesem Tag zum ersten Mal öffentlich erzählt, ist für Außenstehende nicht immer leicht zu durchschauen.

Es gibt viele geschlechtliche Identitäten, die alle unter dem Oberbegriff Trans* zusammengefasst sind. Jede Person muss den für sich passenden Begriff selbst finden. Ganserer spricht von sich als transident. Er wechselt zwischen zwei Geschlechtern, mal ist er Mann, mal ist er Frau. In beiden Rollen fühlt er sich wohl, er will sich nicht für eine entscheiden müssen. Wie sehr er sich verändert, wenn er eine Frau ist? Ganserer überlegt. Nicht viel, meint er. Er sitzt nicht ganz so breitbeinig da, aber sonst? Als Frau sei er charmanter, sagt eine, die seine beiden Identitäten kennt.

Mit Sexualität hat Geschlechteridentität nichts zu tun

Ganserer könnte auch als nicht binär beschrieben werden. Binär sind Menschen, die sich in eine Kategorie von Mann oder Frau einteilen können. Nicht binäre Menschen haben keine Geschlechteridentität oder wechseln. Zudem gibt es Personen, die im falschen Körper geboren sind und ihr angeborenes Geschlecht verändern möchten. Manche sprechen von ihnen als transsexuell. Sie streben meist an, ihr biologisches Geschlecht dem eigentlichen Geschlecht durch Hormone oder eine Operation anzugleichen.

Menschen, die mit weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren werden, sind intersexuell. Oft werden sie schon als Kinder operiert. Organisationen von Intersexuellen kritisieren diese Praxis seit Jahren als Verstoß gegen die Menschenrechte. Wie viele Trans*- Personen es in Deutschland gibt, ist nicht bekannt. Petra Weitzel, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität, verweist auf Zahlen des Bundesjustizministeriums. Von 1981 bis 2016 hatten fast 25 000 Menschen ein Verfahren nach dem Transsexuellengesetz. Jedes Jahr wurden es mehr. Auf die Geburtenrate umgerechnet ergebe sich eine Quote von 0,25 Prozent, so Weitzel, die Dunkelziffer aber sei sehr viel höher. Eine Studie in den USA geht von 0,6 Prozent aus.

Mit Sexualität hat die Geschlechteridentität nichts zu tun. Ein Mann, der auch Frau ist, ist nicht automatisch schwul. Solche Annahmen können bei den Betroffenen zu großen Verletzungen führen, genau wie die Einstufung der Weltgesundheitsorganisation von Transsexualität als Störung. Von 2022 an wird sie als "sexueller Gesundheitszustand" geführt. "Pathologisiert" fühlen sich viele auch durch das Transsexuellengesetz. Um Namen oder Geschlecht zu ändern, werden psychologische Gutachten verlangt. Stark kritisiert wird zudem, dass nur Intersexuelle die Möglichkeit haben sollen, sich neben Mann oder Frau für eine dritte Option zu entscheiden.

© SZ vom 10.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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SZ PlusPolitiker Markus Ganserer
:"Ich bin Transgender"

Markus Ganserer, Landtagsabgeordneter der Grünen, lebt als Mann und manchmal auch als Frau. Nach Jahren des Haderns geht er damit an die Öffentlichkeit.

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