Wer A sagt, muss nicht A meinen. Also den Online-Riesen mit dem A. Um "das gute A" soll es hier gehen oder: um den "wahrscheinlich fairsten Buchshop der Welt". Mit diesen Slogans und einem Logo, das, je nach Fokussierung, eine Füllfederspitze oder eben ein A zeigt, wirbt seit einiger Zeit die in Inning ansässige Autorenwelt GmbH.
Online-Buchhandlungen gibt es wie Buchstaben im Alphabet, sie werden unterschiedlich oft genutzt. Das Einzigartige am Shop der Autorenwelt besteht darin, dass die Schriftsteller am Verkaufserlös beteiligt werden, konkret: Für jedes ihrer Bücher, das über diesen Shop verkauft wird, erhalten sie sieben Prozent vom Ladenpreis - sofern sie sich bei der Autorenwelt-Community und dem zugehörigen Autorenprogramm registriert haben, kostenlos. "Wir wollen es denen zu Gute kommen lassen, die tatsächlich die Urheber des Produkts sind", sagt Angelika Fuchs, eine der Gesellschafterinnen. "Wenn man bedenkt, dass höchstens fünf Prozent von den Autoren wirklich vom Schreiben leben können, eher weniger, dann ist es an der Zeit, dass man da was tut." Ihr Kollege, der Geschäftsführer Wilhelm Uschtrin, ergänzt: "Sinn der Autorenwelt ist es, Autoren das Leben leichter zu machen."
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Und das geht so: Alle Bücher, die man über den Großhändler Libri beziehen kann (und das sind fast eine Million Titel auf Lager), sind unter der Adresse shop.autorenwelt.de auffindbar. Der Kunde kauft per Klick und bezahlt an die Autorenwelt. "Libri macht für uns den Versand, verpackt bei sich im Lager und verschickt die Bücher mit dem Absender: Autorenwelt", erklärt Fuchs, die sich unter anderem um die Bestellungen und das Autorenprogramm kümmert.
Ausgeliefert wird versandkostenfrei und schnell, wie bei den Großen auch. Mit dem Unterschied, dass die Autorenwelt einen Teil ihrer Buchhändler-Marge (im Schnitt 30 Prozent) an den Autor abtritt. Die sieben Prozent vom Bruttoladensverkaufspreis werden auf dessen Konto gutgeschrieben. Wird ein Buch gekauft, dessen Autor noch nicht registriert ist, geht der Anteil laut der Betreiber an Autorenvereinigung oder literarische Institutionen. "Wir bereichern uns da nicht", sagt Sandra Uschtrin, die dritte Gesellschafterin im Bunde, und Mutter von Wilhelm.
Uschtrin. Den Namen dürften fast alle kennen, die Bücher schreiben. Seit mehr als 30 Jahren ist er mit dem "Handbuch für Autorinnen und Autoren" verbunden, einem Standardwerk mit hilfreichen Adressen und Informationen über den Literaturmarkt; der Uschtrin-Newsletter "Preise & Stipendien" erreicht 25 200 Abonnenten; seit 2005 erscheint im Uschtrin-Verlag die 1998 von Titus Müller gegründete Zeitschrift Federwelt; seit Ende 2015 gibt es zusätzlich das Magazin Der Selfpublisher. Man kann das schon so sagen: Sandra Uschtrin, Jahrgang 1960, ist ein Literatur-Engel, außerdem eine perfektionistische Macherin. In ihr Werk fügt sich konsequent, dass sie und ihr Team 2013/2014 die Autorenwelt erschufen, zunächst als Community konzipiert, mit dem Uschtrin-Verlag und dessen Finanzkraft im Rücken.
"Die Plattform soll das Zuhause der deutschsprachigen AutorInnen im Internet sein", so ist das Ziel umrissen. 2015 dann die Gründung der GmbH, ein prototypischer Shop, Testphase mit knapp 1000 Büchern. Inzwischen seien circa 6700 Mitglieder registriert, schätzt Angelika Fuchs; knapp 600 davon seien Teil des Autorenprogramms. "Man muss den Autoren erst klar machen, was es da gibt", sagt Sandra Uschtrin. "Eine typische Frage ist: Muss ich meinen Verlag vorher fragen? Wir sagen dann immer: nein! Wir sind ja eine komplett normale Buchhandlung." Marketing ist das A und O, auch bei diesem A. Viele Leser seien es gewohnt, "beim großen A einzukaufen", benennt Fuchs die wohl größte Herausforderung. Den monatlichen Umsatz schätzt sie auf 1000 Euro. "Das hört sich jetzt noch nicht viel an, aber wir machen Sprünge."
Kritische Stimmen, wonach der Online-Buchhandel zum Sterben stationärer Läden führe, weist die Literaturfreundin Sandra Uschtrin zurück und pocht auf die Existenzberechtigung beider Modelle. "Es gibt ja auch Menschen, die nicht vor die Tür gehen können, weil sie krank sind oder alt. Oder sie haben keine Buchhandlung in der Nähe. In Inning zum Beispiel, da müssen wir nach Herrsching oder Fürstenfeldbruck fahren. Es gibt viele Gründe, manchmal auch Bequemlichkeit."
Dass Online-Händler freiwillig auf einen Teil ihres Gewinns verzichten, ist nicht neu. Als "Buchhandel mit der sozialen Seite" positioniert sich buch7.de. Die GmbH mit Sitz im Landkreis Augsburg verspricht, einen Großteil ihres Gewinns für "soziale, kulturelle oder ökologische Projekte" zu spenden. Weitere Anbieter heißen fairbuch.de oder ecobookstore.de. Neu an der Autorenwelt ist aber sehr wohl, die Schöpfer jener Werke zu beteiligen, mit denen gehandelt wird. "Wenn Autoren von den Buchverkäufen etwas abbekommen, dann haben sie vielleicht mehr Zeit, sich auf ihre Bücher zu konzentrieren. Oder im Brotjob etwas kürzer zu treten, wenn es dann mal richtig läuft", sagt Sandra Uschtrin, der noch ganz andere Dinge vorschweben, blickt sie in die Zukunft: "Es wäre toll, wenn die Autoren zu Miteigentümern werden, vorstellbar wäre eine Genossenschaft." Sozusagen ein zeitgemäßes, web-basiertes Pendant zu den Autorenbuchhandlungen aus den Sechzigerjahren.
Die Idee seiner Mutter findet Wilhelm Uschtrin gut, der sich unter anderem um die IT kümmert. Die Frage, ob die Zeit wieder reif ist für so eine gemeinschaftliche Sache, ob Autoren wieder mehr kooperieren wollen, gerade im Kapitalismus. "Wie weit kann man damit kommen, das interessiert mich schon sehr."