Wer einem Gast aus einem anderen Kulturkreis erklären will, was nicht christlich und auch nicht sozial ist, der kann in Zukunft die Bilder vom Abschiebungsversuch aus Nürnberg zeigen. Wäre man Zyniker, könnte man sagen: immerhin etwas.
Für alle anderen bleibt der verstörende Eindruck, dass bei diesem Einsatz Menschen am Werk waren, die entweder den Überblick oder jedes Gefühl für Mitmenschlichkeit verloren haben.
Man muss sich nur kurz in die Lage der Mitschüler dieses jungen Mannes aus Afghanistan versetzen. Da flimmern etwa eine Stunde vor Unterrichtsbeginn diese Bilder aus Kabul aufs Smartphone, ganze Straßenzüge sind zerstört. Dann ertönt der Gong und es marschieren Polizeibeamte ins Schulgebäude, die einen Menschen abholen wollen, der genau dort hingeschickt werden soll. Es ist ihr Klassenkamerad, ein 20 Jahre alter Mensch, der ihre Sprache gelernt hat, integriert und beliebt ist und eine Ausbildung in Aussicht hat. Einer wie sie also.
Was für Menschen will das Land Bayern in Klassenzimmern sitzen haben? Solche, die kurz aufschauen, über die Schulter blicken und sagen: Was soll's? Oder solche, die ihrer Verstörung Ausdruck verleihen und sich ihr Bild von einem Land nicht zerstören lassen wollen, von dem sie hören, es sei christlich und sozial? Diese jungen Menschen haben so gehandelt, wie jemand handelt, der sich als Mensch ernst nehmen will.
Ihr Schock über ein Land, das ihnen Unterstützungskommandos an die Schule schickt, wird bleiben. Opfer, und das ist der Gipfel des Irrsinns von Nürnberg, sind aber auch die einfachen Beamten, die man dort antreten ließ. Sie sind chronisch überlastet, für dieses Wochenende erst haben sie in Mittelfranken Urlaubssperre wegen "Rock im Park" und der Bergkirchweih. Trotzdem werden sie in einer Hundertschaft an eine Schule kommandiert. In einen absurden Einsatz.
Joachim Herrmann will Bundesinnenminister werden. Dann wird man ihn an diesen Einsatz erinnern müssen, für den er die politische Verantwortung trägt.