Vermisste Schwangere in Nürnberg:Zwei Männer im Fall Alexandra R. in Untersuchungshaft

Lesezeit: 3 min

Leichenspürhunde suchten im Dezember im Main-Donau-Kanal nach der vermissten 39-Jährigen. (Foto: Heiko Becker/dpa)

Bei den Männern handelt es sich um einen ehemaligen Lebensgefährten der Frau und einen Geschäftspartner. Eine Leiche hat die Polizei bis heute nicht gefunden. 

Von Max Weinhold, Nürnberg

Im Fall der seit Dezember 2022 vermissten Alexandra R., 39, aus Nürnberg hat die Polizei am Mittwochmorgen zwei Männer verhaftet. Das teilten die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth und das Polizeipräsidium Mittelfranken mit. Bei den Beschuldigten handelt es sich um einen ehemaligen Lebensgefährten der Frau und seinen Geschäftspartner. Am Mittwochnachmittag ordnete ein Ermittlungsrichter Untersuchungshaft für die Männer im Alter von 50 und 48 Jahren an. Sie äußerten sich laut Staatsanwaltschaft nicht zu den Vorwürfen.

Die beiden Männer sollen die schwangere Frau am 9. Dezember zuerst entführt und anschließend getötet haben. Die Haftbefehle lauten deshalb auf Geiselnahme und Mord, auch ein Betrugsdelikt wirft die Staatsanwaltschaft den Männern vor. Eine Leiche hat die Polizei in dem Fall bis heute nicht gefunden.

"Wir haben natürlich weiterhin die Hoffnung, die Frau finden zu können. Dies würde die Ermittlungen unendlich erleichtern", sagte Heike Klotzbücher, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, der SZ. Die Suche werde fortgesetzt, wenngleich viele Anhaltspunkte auf einen möglichen Ort bereits ergebnislos überprüft worden seien.

Aber warum ist sich die Staatsanwaltschaft überhaupt sicher, dass Alexandra R. getötet wurde, wenn ihre Leiche nicht gefunden worden ist? Heike Klotzbücher nennt zur Begründung eine "Summe an Indizien". Diese Vielzahl habe die Staatsanwaltschaft in der Gesamtschau dazu veranlasst, Haftbefehl gegen die Männer zu erlassen. Welche Indizien dies konkret seien, wollte Klotzbücher nicht sagen, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Die Tat soll aber einen finanziellen Hintergrund haben. Welchen genau, dies gilt es weiterhin zu klären.

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Der Staatsanwaltschaft zufolge bestanden zwischen R. und den Männern Geschäftsbeziehungen. Die Frau arbeitete vor ihrem Verschwinden als leitende Bankangestellte, soll mehrere Immobilien besessen haben - laut Nürnberger Nachrichten (NN) zeitweise mehr als 25 Wohnungen, zuletzt noch zehn.

Ihr nun festgenommener Ex-Partner soll Alexandra R. nach der Trennung im Frühjahr 2022 "aus wirtschaftlichen Gründen" bedroht haben. Heißt übersetzt: Er soll von ihr Geld gefordert haben, weil er welches brauchte.

Tatsächlich soll er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner eine Zwangsvollstreckung in Höhe von fast 800 000 Euro gegen R. erwirkt haben - laut Staatsanwaltschaft allerdings "auf betrügerische Weise" (es handelt sich hierbei um das vorgeworfene Betrugsdelikt). Später wurde diese Zwangsvollstreckung aufgehoben.

R. soll zudem ein Kontaktverbot gegen ihren Ex-Partner erwirkt haben. Laut NN flüchtete sie vor ihm in ein Frauenhaus, nachdem dieser gewalttätig gewesen sein soll. Die Staatsanwaltschaft spricht davon, dass R. die nun dringend Tatverdächtigen mehrfach angezeigt habe - unter anderem ihren Ex-Partner wegen versuchter Nötigung.

Angesichts dieser Vorgeschichte stellt sich die Frage: Hätte Alexandra R. besser geschützt werden können? Staatsanwältin Klotzbücher sagt, es habe Auseinandersetzungen gegeben und deshalb auch die Anzeige gegen den Ex-Lebensgefährten. "Es gab aber keine Hinweise, dass es zu schwerwiegenderen Straftaten kommen würde." Bei einem Delikt wie der angezeigten versuchten Nötigung hätten die Behörden zudem kaum Spielraum zum vorbeugenden Schutz von möglichen Opfern.

Die Ermittler einer Sonderkommission, zu der wegen R.s komplexer geschäftlicher Beziehungen auch Finanzexperten gehören, hatten die beiden Männer als Tatverdächtige bereits seit Februar im Visier. Damals sprachen sie von "Verdachtsmomenten". Nun haben sich diese erhärtet. Nach eigenen Angaben wertete die Polizei mehr als 900 Spuren und Hinweise in dem Fall aus.

Ihre Ermittlungen führten in den vergangenen Monaten bis nach Rumänien, ins Herkunftsland von R., in dem Teile ihrer Familie leben. Dorthin war ein Auto gefahren, das die Polizei in Verbindung mit dem Verschwinden der Frau brachte. Die Ermittlungen zogen sich auch deshalb lange hin, weil die deutschen Behörden ein Rechtshilfeersuchen an das Land stellen mussten. Laut Staatsanwaltschaft sind die Ermittlungen in Rumänien inzwischen abgeschlossen.

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Die im achten Monat schwangere Alexandra R. hatte am Morgen des 8. Dezember vergangenen Jahres ihre Pflegetochter in eine Kindertagesstätte gebracht und war danach verschwunden. Argwöhnisch machte die Ermittler, dass sich fast sämtliche Wertgegenstände - Mutterpass, Mobiltelefone, Geld, Karten und Ausweise - in ihrer Wohnung befanden, was ein freiwilliges Untertauchen aus ihrer Sicht unwahrscheinlich erscheinen ließ.

Später jedoch stellte die Polizei fest, dass R. die gefundenen Mobiltelefone gar nicht mehr nutzte. Ihr aktives Smartphone tauchte nach der Tat stattdessen in Italien auf - womöglich hatten die Täter eine falsche Fährte legen wollen.

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