Neue Verordnung:Das Christkind und der Datenschutz

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Die europäische Datenschutzverordnung bremst die Wohltätigkeit - zum Beispiel in Holzkirchen. (Foto: Günther Reger)

Die Kommunen haben Probleme, an Adressen von Bedürftigen für ihre alljährlichen weihnachtlichen Wohltaten zu kommen.

Von Matthias Köpf, Holzkirchen

In diesem Jahr muss das Christkind ein bisschen aufpassen, und natürlich auch der Weihnachtsmann. Die Briefe, Wunschzettel und Adressen all der Kinder und Kunden sollten die beiden jedenfalls nicht in irgendwelchen Datenbanken speichern, ohne sich zuvor mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung vertraut zu machen. Die ist seit einem halben Jahr in Kraft, beschäftigt seither Betriebe, Verwaltungen sowie allerlei Anwälte und schränkt nun auch die ersten weihnachtlichen Wohltaten ein.

In Holzkirchen zum Beispiel war es seit drei Jahrzehnten üblich, bedürftigen Bürgern ein Weihnachtsgeschenk aus der Gemeindekasse zu machen. Je nach persönlichen Umständen konnten sich die betreffenden Bürger Beträge um die 20 Euro auszahlen lassen. Wer als Empfänger dieses kommunalen Weihnachtsgelds in Betracht kam, erfuhr die Gemeinde vom Sozialamt am Miesbacher Landratsamt. Doch das ist nun endgültig an die Datenschutzgrundverordnung gebunden und darf die Namen und Adressen nicht mehr herausgeben - und zwar auch nicht an eine Gemeinde für einen guten Zweck.

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In Schwandorf in der Oberpfalz gibt es ein ähnliches Problem. Die Stadt und ihr "Schwandorfer Hilfswerk" haben bedürftige Kinder einst mit Geschenken, zwischenzeitlich mit Bargeld und zuletzt mit postalisch zugestellten Gutscheinen über einen Warenwert von 50 Euro bedacht. Aber auch das gehe nicht mehr, wie nun im Stadtrat verkündet wurde. Denn seit die Weitergabe von Namen und Adressen unter Androhung von Strafe verboten ist, überwiegen auch im Schwandorfer Jobcenter die Datenschutzbedenken.

Die einen, die sowieso keinerlei Verständnis für die Datenschutzgrundverordnung aufbringen, hören da statt eines glöckleinklingenden Rentiergespanns schon wieder den Amtsschimmel wiehern - und die anderen auch. Denn die sind der Meinung, dass dann eben das Einverständnis der betroffenen Gabenempfänger beziehungsweise ihrer Eltern eingeholt werden müsste oder die Gutscheine einfach anonym und direkt über Jobcenter und Sozialämter verteilt werden sollten. In Holzkirchen behilft man sich jedenfalls tatsächlich mit neutralen Gutscheinen, wie sie auch von Firmen an ihre Mitarbeiter ausgegeben werden. Sie können vielerorts eingelöst werden und gelten - da misstraut die Gemeinde dem Christkind doch ein bisschen - nicht für Alkohol und Tabak. Das Problem, wie die bedürftigen Bürger nun von den bereitliegenden Gutscheinen erfahren sollen, versucht die Gemeinde durch möglichst breites Streuen der Information zu lösen.

Eine Lösung hat sich auch für den Wunschbaum am Christkindlesmarkt im fränkischen Roth gefunden. Dort konnten Kinder Wunschzettel an den Baum hängen, die dann zur Erfüllung an Sponsoren weitergereicht wurden. Schon stand das Aus der Aktion christbaumgroß im Raum, doch dann kam die Entwarnung. Zum Schutz der Kinderdaten steht in Roth jetzt auch eine geschlossene Schachtel mit Einwurfschlitz zur Verfügung, außerdem gibt es Wunschformulare mit Feld für die elterliche Einverständniserklärung zur Datenweitergabe. Sogar die EU-Kommission oder zumindest deren Münchner Büro sah sich da schon zu einer Erklärung veranlasst, wonach das elterliche Einverständnis ja nicht erst seit der Datenschutzgrundverordnung nötig sei. Diese verbiete Wunschzettelaktionen zu Weihnachten jedenfalls nicht.

Was das Christkind selbst betrifft, so nennt die Deutsche Post für Bayern immerhin eine Adresse in Himmelstadt in Unterfranken. Das dortige Weihnachtspostamt soll am ersten Advent offiziell öffnen, doch beantworten die 42 ehrenamtlichen Mitarbeiter längst jede Menge kindlicher Weihnachpost, und das beileibe nicht immer nur mit dem diesjährigen Standardschreiben des Christkinds. Man habe allerlei Formulare und Verschwiegenheitserklärungen unterzeichnet, Namen und Adressen blieben geheim und würden - in ganz besonderen Ausnahmefällen - nur nach Rücksprache mit den Eltern an Dritte weitergegeben, sagt Leiterin Rosemarie Schotte. Datenbanken unterhalte man nicht.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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