Naturschutz:Bayerns Bergwälder wachsen wegen des Klimawandels immer schneller

Lesezeit: 2 Min.

Der Watzmann prägt den Blick auf das Berchtesgadener Land. Der dritthöchste Berg Deutschlands zieht viele Wanderer an - und wird oft unterschätzt. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Forschungen im Nationalpark Berchtesgaden zeigen erstmals die Auswirkungen der steigenden Temperaturen auf die Bäume in den Alpen. Wie sich die Wälder verändern.

Von Christian Sebald, Berchtesgaden

Der Klimawandel mit seinen oft wochenlangen Dürre- und Hitzeperioden setzt den Fichten überall in Bayern zu. Am dramatischsten ist die Lage derzeit wohl im Frankenwald. Im nordöstlichsten Zipfel des Freistaats kämpfen die Förster und die Waldbesitzer einen verzweifelten Kampf gegen den Borkenkäfer. Der Schädling zählt zu den Profiteuren des Klimawandels und hat in dem eher stillen Mittelgebirge binnen weniger Jahre Tausende Hektar Fichtenwald niedergemacht. Zahlreiche Klimaforscher und Forstleute prognostizieren, dass die Fichte in vielen Regionen Bayerns keine Zukunft mehr hat.

Die Bergwälder sind ebenfalls reich an Fichten. Außerdem fällt der durch den Klimawandel bedingte Temperaturanstieg in den Bergen im Freistaat deutlich stärker aus als im globalen Mittel. Allerdings sind die bayerischen Bergwälder in den vergangenen Jahren von solch gigantischen Katastrophen wie der im Frankenwald verschont geblieben. Das große Plus für die Bergwälder sind die vielen Niederschläge in den Alpen, sie führen dazu, dass die Bäume dort nach wie vor ausreichend Wasser haben. Aber auch die Bergwälder spüren die Veränderungen durch den Klimawandel deutlich und reagieren darauf.

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Vor allem wachsen sie schneller als früher. Das hat jetzt Rupert Seidl, Professor für Ökosystemdynamik und Waldmanagement an der TU München und Chef der Forschungsabteilung im Nationalpark Berchtesgaden, erstmals anhand langjähriger Datensätze aus dem Schutzgebiet nachgewiesen. Die Ergebnisse haben Seidl und ein Mitarbeiter in einer Fachzeitschrift veröffentlicht. Mit dem schnelleren Wachstum ist es nicht getan. "Die Bäume werden außerdem dicker, die Wälder dichter und die Waldgrenze verschiebt sich - wenn auch nur langsam - nach oben", sagt der Professor, der zu den hundert weltweit einflussreichsten Klimaforschern gezählt wird und Co-Autor des aktuellen Sachstandsberichts des Weltklimarates IPCC ist.

Die bayerischen Bergwälder bestehen aus Fichten, Buchen und Tannen, aber auch Ahornbäumen und Kiefern. In den höheren Lagen und an der Baumgrenze wachsen auch Lärchen und bisweilen sogar Zirben. Die Bergwälder hatten seit jeher sehr viel härtere Bedingungen als die Wälder auf dem flachen Land. Die Winter im Gebirge waren und sind immer noch länger, schneereicher und frostiger. Deshalb dauerte es in den Bergen oft viele Jahrzehnte, bis sich dort auf den Kahlflächen nach Stürmen wieder ein stabiler Wald etabliert hatte.

Die Dynamik beschleunigt sich weiter

Das ändert sich seit den Achtzigerjahren. "Die Bergwalddynamik hat sich deutlich beschleunigt", sagt Seidl. Er macht das unter anderem an der Anzahl der Bäume mit einem Stammdurchmesser ab sechs Zentimeter fest. Im Nationalpark Berchtesgaden hat sie binnen 40 Jahren um durchschnittlich 140 Stück je Hektar zugenommen. Und die Zahl dürfte weiter steigen. Denn die Dynamik beschleunigt sich laut Seidl mit dem fortschreitenden Klimawandel - auch wenn alte Wälder wie im Nationalpark den Effekt etwas dämpfen. Auch die Zusammensetzung der Bergwälder wird sich ändern. Bis Mitte des Jahrhunderts, so Seidl, wird der Anteil der Fichten und anderen Nadelbäume sinken und der der Laubbäume entsprechend ansteigen.

Danach ergeben sich zwei Möglichkeiten. Sollte die Klimaerwärmung in den Alpen auf ein Plus von zwei bis drei Grad begrenzt werden können, wird sich in den Bergwäldern ein neues Gleichgewicht zwischen Nadel- und Laubbäumen einstellen. Sollte der Klimawandel aus dem Ruder laufen, wie es so mancher Forscher befürchtet, werden die Fichtenwälder auch in den Bergen immer öfter zusammenbrechen und an ihre Stelle immer mehr Laubwälder treten.

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