Nach der Landtagswahl:Wer in Bayern was werden könnte

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Ludwig Spaenle, Markus Söder, Horst Seehofer, Ilse Aigner und Alexander Dobrindt (von links) (Foto: Schellnegger/dpa/Getty/AFP)

Die CSU hat in Bayern die absolute Mehrheit wiedergewonnen. Im Kabinett von Ministerpräsident Horst Seehofer wird sich einiges ändern. Ein Überblick über mögliche Wackelkandidaten - und potenzielle Nachfolger.

Von Sebastian Gierke

Die CSU hat in Bayern die absolute Mehrheit wiedergewonnen, im Kabinett von Ministerpräsident Horst Seehofer wird sich dennoch einiges ändern. Schon allein, weil die FDP nicht mehr in den Landtag kommt - und zwei Posten neu zu besetzen sind, die bislang Martin Zeil (Wirtschaft) und Wolfgang Heubisch (Wissenschaft) innehatten. Zudem wird der Posten eines Staatssekretärs frei. Nun ist die Frage, wer aus der CSU nachrückt.

In der CSU-Vorstandssitzung an diesem Montag nach der Landtagswahl spielen konkrete Personalien kaum eine Rolle. Seehofer hat die Devise ausgegeben: "Keine Personaldiskussion vor der Bundestagswahl." Daran halten sich alle. Auch er selbst. Seehofer kündigt an, in den nächsten Tagen mit den CSU-Bezirksvorsitzenden Vier-Augen-Gespräche führen. In den Gesprächen werden aber keine Entscheidungen fallen", betont Seehofer. "Diese Woche wird keine Entscheidung fallen." Er will nur mal "hineinhören" in seine Partei.

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Die Energiewende voranbringen, den Fachkräftemangel bekämpfen und die Schulen auf dem Land erhalten: Die neue CSU-Alleinregierung in Bayern wird sich mit den Folgen des demografischen Wandels beschäftigen müssen - und mit einem Versprechen von Horst Seehofer.

Als Seehofer gefragt wird, ob das Kabinett nach dem Ausscheiden der schon etwas älteren FDP-Minister verjüngt werde, antwortet er lachend: "Ich fühle mich jünger." Als die Namen Oliver Jörg und Markus Blume genannt werden, reagiert Seehofer nicht.

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Einige CSU-Abgeordnete waren in die Verwandtenaffäre im Landtag verwickelt und wurden dafür von Parteichef Seehofer stark kritisiert. Doch die Wähler haben das offenbar schnell vergessen. Sie haben den Politikern gute Ergebnisse beschert - bis auf eine Ausnahme.

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  • Blume und Jörg gehören der "Jungen Gruppe" der CSU-Fraktion im Landtag an. Und beide sind mittlerweile zum engeren Kreis um den Ministerpräsidenten aufgerückt. Markus Blume, Wirtschaftsfachmann, fleißig und Vorsitzender der jungen CSU-Abgeordneten, hat am Sonntag 43 Prozent der Erstimmen in Ramersdorf geholt - ein Plus von 5,4 Prozentpunkten und 13,5 Punkte mehr als Markus Rinderspacher, Oppositionsführer der SPD im Landtag.
  • Auch der Unterfranke Oliver Jörg, bislang CSU-Wissenschaftsexperte im Landtag, gilt als möglicher Kandidat. Der Würzburger gilt als CSU-Nachwuchspolitiker, der in dem von ihm geleiteten Hochschulausschuss einen kooperativen Stil pflegt. Dürfte er selbst ein Amt wählen, sähe sich der 41-Jährige wohl eher in der Uni- als in der Schulpolitik - also als Wissenschaftsminister.
  • Aber so geht es dem bisherigen Kultusminister Ludwig Spaenle auch. Er stand in der Verwandtenaffäre massiv in der Kritik, Seehofer gab ihm dennoch eine Jobgarantie mit neuerlicher Berufung ins Kabinett. Hätte Spaenle sein Direktmandat verloren, hätte er wohl dennoch gehen müssen. Doch nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen gegen die sozialdemokratische Bildungsexpertin Isabell Zacharias konnte Spaenle am Ende doch München-Schwabing mit 1694 Stimmen Vorsprung verteidigen - und ein zweites Direktmandat für die SPD in Bayern verhindern.
  • Auch um die Zukunft von Horst Seehofer selbst geht es kurz an diesem Montag nach der Wahl. Er werde definitiv die kommenden fünf Jahre das Amt des Ministerpräsidenten in Bayern ausüben. Es hatte ja immer wieder auch Spekulationen darüber gegeben, ob er möglicherweise plant, schon früher an einen Nachfolger zu übergeben. Das hat sich aber mit dem gestrigen Ergebnis endgültig erledigt. Antreten will er 2018 aber nicht mehr: "Danach ist definitiv Schluss. Dann habe ich mein Werk getan."
  • Wer dann folgt? Derzeit gilt Ilse Aigner als Kronprinzessin, sie wechselt nun auf Wunsch von Seehofer von Berlin nach München. In ihrem Stimmkreis Miesbach holte sie knapp 57 Prozent der Erststimmen. Damit hat sie als Direktkandidatin gegenüber der Wahl vor fünf Jahren fast 15 Prozentpunkte für die CSU gutgemacht. Nun könnte sie den mächtigen Posten der Fraktionsvorsitzenden übernehmen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Aigner einen Ministerposten bekommt.
  • Und was wird aus Finanzminister Markus Söder? Wird er der erste Heimatminister? Oder doch Fraktionschef? Im Rennen mit Ilse Aigner um die Seehofer-Nachfolge ist er jedenfalls in den vergangenen Wochen und Monaten erkennbar ins Hintertreffen geraten.
  • Auch ob bei den anderen bisherigen Ministern alles beim Alten bleibt, ist unsicher: Als Wackelkandidaten gelten vor allem: Helmut Brunner (Agrarminister), Christine Haderthauer (Soziales) und Beate Merk (Justiz). Brunner blieb in den vergangenen Jahren im Amt blass, außerdem war er als eines von sechs Kabinettsmitgliedern in die Verwandtenaffäre verwickelt. Haderthauer musste erst von Seehofer dazu bewegt werden, im Wahlkampf etwas Menschlichkeit in ihrer Politik durchblicken zu lassen. Und Merk hat im Fall Mollath alles andere als eine gute Figur gemacht - und wurde von Seehofer immer wieder ermahnt und gemaßregelt. Die Wähler schien das allerdings nicht zu stören: Sie hat nun auch ein CSU-Landtagsmandat - dank 47,1 Prozent der Erststimmen im Stimmkreis Neu-Ulm.
  • Emilia Müller könnte es noch mal geschafft haben: Die amtierende Europaministerin durfte nach einer parteiinternen Kampfabstimmung zwar nicht als Direktkandidatin antreten, es sieht aber ganz danach aus, als hätte sie den Einzug in den Landtag nun auch über die Liste geschafft. Anders als 2008. Als Europaministerin blieb Müller in den vergangenen Jahren recht blass. Wie schon zuvor, in ihrer Zeit als Wirtschaftsministerin. Der Erfolg bei der jetzigen Wahl dürfte ihre Chancen, von Seehofer wieder an den Kabinettstisch gerufen zu werden, deutlich erhöhen. Müller ist für Seehofer vor allem aus zwei Gründen interessant: Sie ist eine Frau. Und sie vertritt die Oberpfalz.
  • Barbara Stamm will Landtagspräsidentin bleiben, das ist kein Geheimnis. Dass sie wieder in den Landtag einzieht, scheint auch sicher zu sein. Sie ist zwar nicht als Direktkandidatin angetreten, über die Liste im Wahlkreis Unterfranken wird es aber reichen. Also? Wird sie auch wieder Landtagspräsidentin? Ihr Management der Verwandtenaffäre wirkte nicht immer souverän. Das ist auch Seehofer aufgefallen. Stamm sagt: "Das entscheide nicht ich." Und: "Wir führen keine Personaldiskussion vor der Bundestagswahl." Die Sprachregelung, die ist jedenfalls klar in der CSU.
  • Für Generalsekretär Alexander Dobrindt ist das Wahlergebnis nicht nur persönliche Genugtuung. Für den Wahlkampfmanager bedeutet es mit großer Wahrscheinlichkeit auch einen politischen Aufstieg. Es heißt, er könne es sich jetzt fast aussuchen, was er machen will. Generalsekretär wird er jedenfalls nicht bleiben. Das zeigt schon das Lob, mit dem ihn Seehofer bei jeder Gelegenheit überschüttet. Dobrindt wird wohl nach Berlin wechseln. Falls die Union nach kommendem Sonntag Ministerposten zu vergeben hat, wird Dobrindts Name nicht ungenannt bleiben. Wer dann CSU-Generalsekretär wird? Albert Füracker vielleicht, Energieexperte, Landtagsabgeordneter aus Neumarkt - und ein Mann mit Ambitionen.
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