Zuschüsse gestrichen:Baustopp für Behinderten-Werkstätten

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Die Einrichtungen wollen ihre Räume sanieren, aber der Freistaat zahlt nicht mehr. Eine prominente Fürsprecherin protestiert.

Von Dietrich Mittler, München/Landshut

In den zurückliegenden Jahren hat sich Bayern vorbildlich für die Förderung von Behinderten-Werkstätten eingesetzt. Staatliche Mittel flossen sowohl in die Renovierung und den Neubau von Werkstätten als auch in den Bau von Wohnungen für jene, die in solchen Werkstätten arbeiten. Damit aber ist Schluss, wie der Bezirk Niederbayern jetzt warnt: Der Freistaat ziehe sich "sukzessive aus den Zuschüssen zurück". Die Träger der Einrichtungen haben nun mit den Folgen zu kämpfen. Kontrolleure der Landratsämter machen augenblicklich Druck, die für die Werkstätten-Beschäftigten bereitgehaltenen Wohnräume endlich den Vorgaben gemäß heutigen Standards anzupassen. "Da besteht ein Rieseninvestitionsbedarf, und die Werkstätten sind zum Teil 40 bis 50 Jahre alt", heißt es seitens der Caritas Augsburg auf Nachfrage. Doch ohne Fördermittel geht nichts mehr voran. "Das bremst uns aus", betonte ein Sprecher.

Besorgt ist auch Jürgen Auer, der Landesgeschäftsführer der Lebenshilfe in Bayern. Die betreibt im Freistaat mehr als 170 Werkstatt-Standorte. Rund 18 300 Menschen mit Behinderung finden dort Beschäftigung und zugleich Betreuung. "Aktuell ist alles sehr unsicher", sagt Auer. Fakt ist: Werkstätten für Menschen mit Behinderung können seit der Aussetzung der Förderung durch den Freistaat, also seit November 2020, keine Neuanträge mehr auf Investitionskosten-Förderung stellen. Heißt: Sie können weder dringend notwendige Modernisierungen noch Neubauten in Angriff nehmen.

Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) weiß um diese prekäre Lage, bekam ihr Haus in dieser Angelegenheit doch bereits Besuch von Barbara Stamm (CSU). Sie war lange Jahre Landtagspräsidentin und von 1994 bis 2001 auch bayerische Sozialministerin. Stamm - sie wurde kürzlich als Landesvorsitzende der Lebenshilfe in Bayern im Amt bestätigt - spricht Klartext. "Wenn wir keine Abhilfe bekommen, dann weiß ich nicht, wie es weitergehen soll", sagte sie am Mittwoch. Trautner will zwar helfen, hat aber in Gesprächen mit anderen Verbänden bereits deutlich gemacht, dass das von der jeweiligen Haushaltslage abhängig sei. Gern verweist sie auf die staatliche Unterstützung der für die Eingliederungshilfe zuständigen Bezirke - verbunden mit dem Hinweis auf das Geld aus dem bayerischen Landesplan für Menschen mit Behinderung. Ob die Mittel allerdings entsprechend erhöht werden, steht in den Sternen. Stamm betont: "Wir brauchen eine ganz kräftige Erhöhung im Landesbehindertenplan." Denkbar wäre allerdings auch, dass künftig Mittel aus dem sozialen Wohnungsbau genutzt werden. "Oder wir kriegen - wenn gar nichts geht - ein Sonderprogramm", sagte Stamm. Und zum Schluss noch ein deutliches Wort: "Wenn wir alles abgelehnt bekommen, werden wir das nicht hinnehmen!"

Sollte sich der Freistaat generell aus der Förderung zurückziehen, dann müssten die Bezirke die höheren Investitionskosten übernehmen. "Das müsste aber erst verhandelt werden, was natürlich weiterhin wichtige Investitionen verzögern würde", befürchtet Lebenshilfe-Geschäftsführer Auer. Auch die Bezirke, die die Belastung auf sich zukommen sehen, werden nervös. Die jüngste Pressemitteilung aus Niederbayern ist dafür nur ein Fingerzeig.

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