Markus Söder:Wohltaten vor der Wahl

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Markus Söder steht bei einer Andacht in der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Bei der letzten Sitzung vor der Sommerpause beschließt das Kabinett Hilfen für Behinderte und Landwirte. Zuvor besuchte der Ministerpräsident medientauglich eine Wallfahrtskirche.

Von Christian Rost, Ziemetshausen/Ursberg

In der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild bei Ziemetshausen im Landkreis Günzburg könne man jederzeit beichten, wie es in einem Prospekt heißt. Man brauche nur den Priester durch die Sprechanlage rufen.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) musste sich nicht extra bemühen. Gut 200 Leute standen schon Spalier, als der Wahlkämpfer am Mittwochmorgen kurz Station in Mittelschwaben machte. Zwei Mal segneten ihn im Schnelldurchlauf die örtlichen Geistlichen und mit ihm gleich "alle, die Verantwortung tragen" in dieser Zeit, wie ein Pfarrer betonte.

Erst besuchte Söder die Wallfahrtskirche, die auch als Kleinod Schwabens bezeichnet wird. Dann hielt er in der wenige Gehminuten entfernten Mariengrotte in einem Waldstück bei Nieselregen inne und sang inbrünstig die erste Strophe der Bayernhymne mit. Womöglich hat ihn die Zeremonie bestärkt in seinem Drang, noch vor der Wahl Wohltaten zu verkünden. Das Kabinett beschloss jedenfalls nach der Wallfahrt Söders im benachbarten Ursberg bei seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause umfangreiche Hilfen für Menschen mit Behinderung und die unter der Dürre leidenden Bauern.

Die Pilgerstätte Maria Vesperbild liegt in einer Gegend, in der abends Fuchs und Hase grußlos aneinander vorbeilaufen. An den großen Wallfahrtstagen, der nächste ist am 15. August, kommen aber Tausende zum Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes. 400 000 bis 500 000 Menschen suchen den Ort jährlich für ihre Fürbitten auf. Was sich Markus Söder von seinem Kurzbesuch versprach, verriet er nicht. Schöne, medientaugliche Bilder für die Eigenwerbung sicherlich. Und die bekam er auch. Ob er zudem ein Stoßgebet losgeworden ist angesichts der schmerzhaften Umfragewerte für die CSU momentan - man weiß es nicht.

In Ursberg befindet sich das Dominik-Ringeisen-Werk. Die kirchliche Stiftung hilft mit vielfältigen Angeboten Menschen mit Behinderung. Vor allem schafft das Werk Arbeitsplätze für Frauen und Männer, die auf dem freien Markt keine Chance hätten. Es gibt einen Laden auf dem Gelände, der wunderbare handgefertigte Produkte aus den hauseigenen Werkstätten verkauft. Man kann hier Stühle reparieren oder sich neue Polster fürs Sofa fertigen lassen. Und gerade an einem solchen Ort wirken die Worte des Ministerpräsidenten besonders, wenn er sagt: "Ein starkes Land darf die Schwächeren nicht vergessen."

400 Millionen Euro für ein "Sonder-Wohnbauprogramm" für Behinderte

Das Kabinett beschloss also, die Inklusion, gerade in den Schulen, voranzutreiben, die Förderung von Wohnraum für Menschen mit Behinderung auszuweiten und öffentliche Verkehrsmittel wie Busse behindertengerecht auszustatten. Konkret will der Freistaat 400 Millionen Euro in ein "Sonder-Wohnbauprogramm" für Behinderte investieren und den Anteil der Beschäftigten mit Behinderung bei staatlichen Behörden und Einrichtungen auf sieben Prozent steigern. Daneben ist an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg die Errichtung eines Interdisziplinären Zentrums geplant, das sich um gehandicapte Menschen kümmert.

Angesichts der Dürre setzte die Ministerriege auch diesen Punkt auf die Tagesordnung und sicherte den Bauern Soforthilfe zu. "Die Auswirkungen des Klimawandels stellen unsere Landwirte vor große Herausforderungen", sagte Söder und verkündete staatliche Zuschüsse. Wegen des Ernteausfalls wird auf vielen Bauernhöfen das Futter knapp. "Überall dort, wo erhebliche Ertragseinbußen zu erwarten sind, wollen wir die Mehrkosten für Grundfutter zur Hälfte ausgleichen", so Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU).

Pro Betrieb sollen bis zu 50 000 Euro gezahlt werden. Die Bauern können ihre Rechnungen rückwirkend zum 1. August einreichen. Insgesamt rechnet der Freistaat mit Kosten in Höhe von 15 bis 20 Millionen Euro für das Nothilfeprogramm. "Die Landwirte benötigen schnelle Hilfe", konstatierte der Ministerpräsident. Vor allem das Futter für Rinder, Schafe und Ziegen werde knapp. Damit sich Bauern auch selbst in dieser Lage helfen könnten, würden ökologische Vorrangflächen zur landwirtschaftlichen Nutzung komplett freigegeben, so die Staatsregierung.

Söder sagte, der Freistaat gehe zwar in Vorleistung mit seinem staatlichen Hilfsprogramm. Er forderte den Bund aber auf, "den Ländern zur Seite zu stehen". Künftig brauche es angesichts des Klimawandels eine "Gefahrensicherung" für die Bauern. Ein heißer Sommer wie in diesem Jahr werde kein singuläres Ereignis bleiben, ist sich der Ministerpräsident sicher. Es müsse in Zukunft nicht nur mit mehr Hitze, sondern auch mit mehr Starkregen gerechnet werden. Für diese Fälle müssten sich die Landwirte absichern können, Söder regte an, bundesweit eine "Versicherungsstruktur" zum Schutz gegen Wetterextreme zu schaffen.

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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