Made in Bayern:Diese Firma macht Produkte, die jeder kennt

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Senior-Chef Dieter Fischer erinnert sich an die Zeit, als Leuchtbuchstaben per Zug zum Kunden kamen. (Foto: PR)

Riesige Werbebuchstaben zum Beispiel. Und doch kennt kaum jemand ihren Namen: Fischer Licht & Metall sitzt in der Oberpfalz - und hat ein ungewöhnliches Geschäftsmodell.

Von Maximilian Gerl, Mühlhausen

Wer versucht, den "König der Krümel" einzuordnen, muss mit seinen Chefs einen Rundgang unternehmen. Doch der Regent verweigert sich Schubladendenken. Sein Geschäft ist zu speziell und gleichzeitig zu breit. Zu handwerklich und zu industriell. Zu groß und zu klein. Für die Chefs keine Widersprüche. "Wir sind eben der König der Krümel", sagt Stephan Fischer, er wird den Begriff noch ein paar Mal verwenden. Was andere aus Metall und Formen nicht bauen können, weil es sich für sie nicht lohnt: Hier soll es trotzdem gebaut werden.

Fischer Licht & Metall pflegt ein ungewöhnliches Geschäftsmodell. Die Firma aus dem oberpfälzischen Mühlhausen (Landkreis Neumarkt) macht vieles, vor allem aber gern anderes. Früher stellte sie Milchkannen und selbst designte Kaffeemaschinen her. Derzeit fertigt sie vor allem Lichtwerbeanlagen, wie sie überall an der Fassade von Einkaufszentren oder Hotels hängen. Der Jahresumsatz liegt bei 20 Millionen Euro. Das reicht, um auf dem europäischen Markt unter den Top fünf zu rangieren. "König der Krümel", sagt Fischer wieder.

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Das Wohnhaus der Chefs befindet sich auf dem Firmengelände zwischen den Werkshallen. Einen Schritt vor die Tür und die beiden stehen fast zwischen Metallstanzmaschinen. Stephan Fischer, 54 Jahre alt, ist Geschäftsführer des Familienunternehmens, die vierte Generation. Seine Frau Silvia, 48, kümmert sich um Marketing. Die Arbeitsteilung funktioniert.

Stephan Fischer sitzt in mehreren Wirtschaftsgremien, "ich spiele kein Golf, ich habe Zeit für so was". Er hat das Auge fürs Große. Er kann Fertigungsprozesse erklären und gleichzeitig den Einfluss von Immobilienpreisen auf die Branche. Seine Frau bricht das Große wieder aufs Kleine im eigenen Betrieb herunter. Er sagt: "Meine Frau arbeitet viel mehr als ich." Sie sagt: "Nur, wenn man das Geschirr dazuzählt." Sich selbst nicht zu ernst zu nehmen, auch das gehört offenbar in Mühlhausen dazu.

Im weitesten Sinne zählt Fischer Licht & Metall zur Baubranche und taucht trotzdem selten in Budgets von Bauherren und Architekten auf. Ein neues Gebäude koste 20 Millionen Euro, sagt Stephan Fischer, eine Lichttafel vielleicht 5000 Euro. Dabei sei ein Schriftzug über einem Laden das Erste, was Aufmerksamkeit bei potenziellen Kunden schaffe. "Wenn ein Geschäft aufmacht, muss es sich ordentlich präsentieren", sagt Fischer. Als Inhaber habe man da die Wahl: "Entweder Sie machen eine 08/15-Lösung, die hängt aber überall. Oder Sie machen es richtig."

Die Aufträge kommen von den Werbe-Spezialisten

Die meisten Aufträge erhält Fischer nicht direkt vom Bauherrn, sondern von Agenturen, die sich auf Außenwerbung oder Lichtsysteme spezialisiert haben. In Mühlhausen kümmern sich dann rund 200 Beschäftigte um die Umsetzung, 50 weitere arbeiten in einem Werk in Tschechien. Die Fertigung wechselt zwischen automatisierten Industrieprozessen und Handarbeit hin und her. In einer Halle schweißen Arbeiter einen langen Stahlrahmen.

In einer anderen schneidet eine Maschine Formen und Buchstaben in Plexiglasblöcke, die ein paar Meter weiter per Hand mit LED-Leuchten bestückt werden. Sieben verschiedene Gewerke arbeiten hier, darunter Konstruktionsmechaniker, Elektroniker, Lackierer. Täglich verlassen 40 bis 50 Werbetafeln das Werk. Manche sind klein, andere mehrere Meter groß und weltbekannt - so etwa der Schriftzug an der Fußballarena des FC Bayern. Oder das BMW-Logo, das ganz oben auf dem Münchner Vierzylinder prangt.

Familienbetrieb: Stephan Fischer (links) leitet mit seiner Frau Silvia das Unternehmen Licht & Metall. Rechts: der Senior-Chef. (Foto: PR)

Um die Firmengründung rankt sich ein Geheimnis. Bis heute, so steht es in einer Chronik, weiß niemand, warum Karl Fischer 1928 seinen Job kündigt, um sich selbständig zu machen. Mit Sohn Kurt beginnt er, in einer Nürnberger Flaschnerei Blechbuchstaben für Lichtwerbeanlagen zu fertigen. 1943 gründen sie in Mühlhausen einen Zweigbetrieb, die Werkstatt in Nürnberg wird kurz darauf bei einem Bombenangriff zerstört.

Kleinserien für die Industrie

Nach dem Krieg lassen sich viele Flüchtlinge bei Mühlhausen nieder und finden Arbeit bei den Fischers, die Fachkräfte suchen. In den Fünfzigerjahren produziert die Firma verstärkt Teile für einen Lkw-Bauer und bringt eine Espresso-Maschine auf den Markt. 1974 baut Fischer einen mechanischen und neun Tonnen schweren Drachen für den Further Drachenstich. Per Knopfdruck schießen Flammen aus seinen Nüstern. Das Geschäft mit Lichtwerbung läuft all die Jahrzehnte weiter. Auch spezielle Metallteile für die Automobilindustrie werden bis heute in Kleinstserien gefertigt. Eine übliche Bestellung für Cockpit-Bleche umfasst 20 Stück.

Der Rundgang endet in einem Seminarraum mit vergoldeten Koffern. Hier wird gerade ein neues Standbein aufgebaut. Silvia Fischer zeigt den Kofferinhalt: Leuchtstoffröhren, Platten mit verschiedenen Oberflächen und Formen. Künftig sollen in diesem Raum Kurse stattfinden. Fischer-Kunden sollen dabei lernen, welche Werbemöglichkeiten es gibt, damit sie später ihre eigenen Kunden besser beraten können. Ein Service, der im besten Fall für beide Seiten neue Aufträge generiert. "Man muss nicht der Größte sein", sagt Stephan Fischer. "Man muss gesund sein." Eben ein König der Krümel.

© SZ vom 05.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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