Unterfranken:14-Jähriger soll Pistole aus Waffenschrank des Nachbarn entnommen haben

Lesezeit: 2 min

Am Freitag wurde am Schulzentrum in Lohr am Main ein 14-Jähriger erschossen aufgefunden. (Foto: Patty Varasano/Imago)

Der Tod eines Schülers entsetzt Lohr am Main. Nun scheint klar zu sein, wie der unter Mordverdacht stehende Jugendliche in den Besitz der Tatwaffe gekommen sein könnte.

Von Olaf Przybilla, Lohr

Im Fall des am Freitag in Lohr am Main erschossenen Teenagers haben die Ermittler weitere Details bekanntgegeben. Nach ihren Erkenntnissen hat der mutmaßliche Schütze, ein 14 Jahre alter Schüler aus dem Kreis Main-Spessart, die Pistole offenbar aus dem Waffenschrank eines Nachbarn entnommen.

Dieser hat eine Waffenbesitzkarte und ist berechtigt, Waffen zu Hause aufzubewahren. Bei der Kontrolle seines Waffenschranks stellten die Beamten fest, dass er weitere Waffen vorschriftsmäßig verwahrt hat. Auch wies der Schrank keinerlei Spuren von Gewalteinwirkung auf. Der 66-Jährige befindet sich seit längerer Zeit im Krankenhaus und ist nicht vernehmungsfähig. Wie der mutmaßliche Schütze an die Waffe gelangen konnte, sei nun Gegenstand der Ermittlungen, sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken, Enrico Ball.

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Es gibt aber einen Verdacht. Der Waffenschrank ist mit einem Schloss gesichert. Der 66-Jährige lebt im selben Mehrfamilienhaus wie der 14 Jahre alte Tatverdächtige. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich beide kannten, womöglich sogar gut. Möglicherweise habe der tatverdächtige Schüler den Aufbewahrungsort des Schlüssels erfahren - mit Absicht oder unabsichtlich.

Am Montagmittag gab es kein Ermittlungsverfahren gegen den 66-Jährigen wegen einer möglichen Beihilfe-Tat. Er wird in dem Verfahren weiterhin als Zeuge geführt. Die Ermittler nehmen also vorläufig nicht an, dass die Preisgabe des Aufbewahrungsorts mit Absicht erfolgt ist.

Ohne eine Aussage des nach Ermittlerangaben derzeit "in keiner Weise vernehmungsfähigen" 66-Jährigen und ohne etwaige Aussagen des dringend tatverdächtigen 14-Jährigen dürfte der exakte Vorgang vorläufig schwer zu ermitteln sein. Klar dagegen ist: Die Waffe, die am Samstag in der Elternwohnung des tatverdächtigen Schülers gefunden worden ist, stammt aus dem Arsenal des Nachbars. Waffen sind registriert, die Herkunft ist insofern eindeutig. Die Ermittler halten die aufgefundene Pistole, eine 9-Millimeter-Kurzwaffe, für das Tatwerkzeug.

Der 66-jährige Sportschütze ist zum Besitz von Waffen berechtigt

Der tatverdächtige Schüler hatte nach seiner vorläufigen Festnahme am Freitag gegen 18 Uhr zunächst geschwiegen. Vor dem Ermittlungsrichter in Würzburg hatte er am Samstag preisgegeben, wo in seinem Elternhaus eine Pistole versteckt sei. Die Ermittler fanden die Waffe daraufhin am beschriebenen Ort. Gegen den 14-Jährigen erging Untersuchungshaftbefehl wegen Mordverdachts.

Ein Sprecher des Landratsamts Main-Spessart bestätigte die Polizeiangaben, wonach der 66-Jährige als Sportschütze zum Besitz von Waffen berechtigt ist. Er habe sämtliche Voraussetzungen und Auflagen erfüllt, die den Besitz von Waffen beschränken. Dies habe auch die Überprüfung des Waffenschranks in den laufenden Ermittlungen bestätigt.

In Lohr erfolgte am Montag der Spatenstich für das neue Zentralklinikum. Auch Ministerpräsident Markus Söder war anwesend. Die Veranstaltung begann mit einer Gedenkminute. Landrätin Sabine Sitter äußerte sich vorab "fassungslos, betroffen und bestürzt", dass sich "eine derartige Tragödie" im Kreis Main-Spessart ereignet habe. Man unterstütze besonders "sämtliche Mitglieder der Schulfamilie bei der Bewältigung und Verarbeitung der Geschehnisse".

Nach den Ferien beginnt am Dienstag wieder der Schulunterricht in Bayern. Die Leiterin der hauptbetroffenen Gustav-Woehrnitz Mittelschule, Susanne Rinno, kündigte an, man trage Sorge dafür, dass "unsere Schülerinnen und Schüler die notwendige Unterstützung erfahren". An dem Schulzentrum werden sich speziell ausgebildete Krisenbewältigungsteams um die Schulfamilie kümmern.

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