Landtagswahl in Bayern:Für diese Politiker beginnt die Zeit des Zitterns

Vor der Landtagswahl 2018 will Horst Seehofer sein Kabinett verjüngen. Ein paar altgedienten Ministern droht der Vorruhestand.

Von Wolfgang Wittl

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(Foto: Matthias Balk/dpa)

Jünger soll das Kabinett werden, mit einer Mannschaft der Zukunft will er in die Landtagswahl 2018 ziehen. So hat es Ministerpräsident Horst Seehofer angekündigt, Anfang nächsten Jahres dürften den Worten Taten folgen. Zeit für einen Überblick, wer bleibt - und wer vielleicht weichen muss. Marcel Huber, 59, Staatskanzleichef: Geht gern in die Berge - weiß also, was es heißt, einen schweren Rucksack mit sich herumzuschleppen. Den packt ihm der Ministerpräsident auch in seiner Dienstzeit regelmäßig voll. Mal Flüchtlingskrise, mal Digitalisierungspaket: Der Chef schätzt seinen "Massel" für seine Belastbarkeit. Als Feuerwehrmann ein Spezialist im Löschen von Brandherden, in der Staatskanzlei daher prima aufgehoben. Könnte wieder Lust auf ein eigenes Ministerium bekommen. Umweltminister war er bereits. Und, fast vergessen, Staatssekretär im Kultusressort. Vielleicht wird dort ja was frei.

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(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Beate Merk, 59, Europaministerin: Bringt alles mit, was die CSU braucht: Herkunft (Schwaben), Ausbildung (Juristin), Geschlecht (weiblich), kommunale Verwurzelung (Ex-Oberbürgermeisterin), Regierungserfahrung (14 Jahre) und ein Alter, das alle Wege nach oben offen lässt. Blöderweise finden Parteifreunde, dass Merk alles, was die CSU braucht, im Ruhestand noch viel besser verkörpern würde.

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(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ilse Aigner, 52, Wirtschaftsministerin: Hat irgendwann beschlossen, keine Lust mehr auf den Dauerwettstreit mit Markus Söder um die Seehofer-Nachfolge zu haben. Geht seitdem so befreit durchs politische Bayern, als habe sie zehn Marcel-Huber-Rucksäcke abgeschüttelt. Aigners aktueller Marktwert lässt sich am besten an der CSU-Spekulationsbörse ablesen. Vor Monaten sollte sie noch als Landtagspräsidentin ins tagespolitische Abseits abgeschoben werden, nun wird ihr sogar das Finanzministerium zugetraut. Das könnte aber wieder einen Dauerwettstreit mit Söder bedeuten, sollte der bleiben wollen.

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(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Franz Josef Pschierer, 61, Wirtschaftsstaatssekretär: Bringt manches mit, was die CSU braucht: Herkunft (Schwaben) und, ach ja, Regierungserfahrung (neun Jahre). Ist damit beschäftigt, Stromleitungen unterirdisch verlegen zu lassen. Erledigt seinen Job mit Energie, persönliche Energiewende aber nicht ausgeschlossen. Weder Ausbildung noch Geschlecht noch kommunale Verwurzelung noch Alter garantieren eine Weiterbeschäftigung.

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(Foto: dpa)

Joachim Herrmann, 60, Innenminister: Der Einzige, der von sich behaupten kann, dass etwas gründlich schiefgelaufen sein muss, wenn er seinen Job behält. Sein Status als Bundesinnenminister in spe ist ja überhaupt erst der Anlass, warum Seehofer sein Kabinett umbilden will. Hat als CSU-Spitzenkandidat für Berlin sein Pensum von täglich zehn Terminen noch einmal verdreifacht, der Mann geht bekanntlich gern auf Nummer sicher. Auf Seehofers Hymne, er werde ihm seine Wechselbereitschaft nicht vergessen, antwortete Herrmann, wie es sich für einen seriösen Innenminister gehört: erst schwieg er, dann sagte er gar nichts. Weiß womöglich, dass ein Teil seiner Antworten bestimmte Parteifreunde verunsichern würde.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

Gerhard Eck, 57, Innenstaatssekretär: Doch, ja, auch ein Kabinettsmitglied. Wird nach Zeugenberichten jedenfalls jeden Dienstag im vierten Stock der Staatskanzlei gesichtet. Zur Sicherheit trotzdem ein Blick auf Wikipedia: seit 2009 Staatssekretär, seit 2011 unterfränkischer CSU-Chef. Erboste Seehofer durch die Ablehnung seines derzeitigen Lieblingsprojekts, dem dritten Nationalpark. Könnte daher sein, dass bei den Wikipedia-Einträgen bald ein kurzes Wort hinzukommt: Ex.

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(Foto: dpa)

Markus Söder, 50, Finanzminister: Kabinettsumbildung? Anfang 2018? Damit der Ministerpräsident mit Schwung in die Landtagswahl ziehen kann? Genau so hatte sich Söder das wohl vorgestellt, bis auf den Namen des Ministerpräsidenten. Nun, Heimat- und Finanzminister ist auch etwas. Wobei: Irgendwann sind alle Förderbescheide verteilt. Gilt in der Fraktion deshalb auch als Kandidat für das mächtige Innenressort. Nachteil: Wäre in der CSU hinter Herrmann dann nur die Nummer zwei unter den Innenministern. Vorteil: Könnte den Innenminister Nummer eins mit wöchentlichen Vorschlägen aus Bayern piesacken. Perspektive: Die nächste Kabinettsumbildung kommt bestimmt. Dann wohl auch mit Ministerpräsident.

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(Foto: dpa)

Albert Füracker, 49, Finanzstaatssekretär: Heißer Anwärter auf den Chefsessel im Finanzministerium. Aber erst, wenn sein Freund Söder Ministerpräsident ist. Dem aktuellen Ministerpräsidenten steht Füracker weniger nahe, trotzdem bleibt seine Beförderung zum Minister dank politischer Statur und als Chef der Oberpfalz-CSU unausweichlich. Sollte das Landwirtschaftsministerium frei werden, könnte der Landwirt Füracker bald durch vertrautes Terrain pflügen. Auch wenn er sich im Finanzministerium sauwohl fühlt.

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(Foto: dpa)

Emilia Müller, 65, Sozialministerin: Allzeit loyal, eine Frau, noch dazu aus der Oberpfalz: eigentlich eine Kombination mit Zukunft. Könnte sich auch Müller gedacht haben. Obwohl in der CSU jeder davon ausging, dass sie 2018 aufhört, hat Müller ihren Abschied noch nicht verkündet. Das hat nun Seehofer für sie übernommen. Er sagte, er werde demnächst mit allen Kabinettsmitgliedern Einzelgespräche führen, die nächstes Jahr aufhören - "gell, Emilia". Noch Fragen?

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(Foto: Florian Peljak)

Johannes Hintersberger, 63, Sozialstaatssekretär: "Vorzügliches Kabinettsmitglied", schwärmte Seehofer. Klingt bei Hintersberger leider trotzdem so, als würde ein Fußballmanager über seinen Trainer sagen, er stehe jederzeit voll hinter ihm. Schwebt in akuter Abstiegsgefahr.

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(Foto: dpa)

Ludwig Spaenle, 56, Bildungsminister: Er sei sehr zufrieden, sagt Spaenle, er habe schließlich einiges bewegt. Tapfer, tapfer, solche Nehmerqualitäten muss man erst mal finden. Bei der Rückkehr zum G 9 funktionierten ihn Seehofer und die Fraktion zum Punchingball um - mal haute der eine drauf, mal die anderen. Danach gab es einen Zusammenstoß mit dem Fraktionschef. Dann wieder einen Tiefschlag vom Ministerpräsidenten wegen eines "Trambähnchens". Noch kämpft Deutschlands dienstältester Kultusminister, wird sich aber wohl nur mit Glück und eine Nummer kleiner ins nächste Kabinett retten, wenn sein Ministerium aufgeteilt wird. Obwohl auch Münchner CSU-Chef, politisch angeschlagen. Der Knockout droht.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Georg Eisenreich, 46, Bildungsstaatssekretär: Es gab Zeiten, da lebte es sich wunderbar im Windschatten von Spaenle: Vize im Münchner CSU-Bezirksverband, Vize im Ministerium - und irgendwann, wenn der Spaenle weg ist, prescht man selbst nach vorn. 2016 begann verheißungsvoll: Eisenreich machte Schlagzeilen als scharfer Merkel-Kritiker, rief Söder zum nächsten Ministerpräsidenten aus, galt fast als dessen künftiger Generalsekretär. Dumm nur, dass 2017 anders läuft: Merkel haben alle wieder lieb, und der Ministerpräsident soll weiter Seehofer heißen. Der Wind bläst nun frontal ins Gesicht, könnte ihn sogar aus dem Kabinett wehen.

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(Foto: Niels P. Joergensen)

Bernd Sibler, 46, Bildungsstaatssekretär: Hat es verpasst, sich im Kampf um den niederbayerischen CSU-Vorsitz eine Hausmacht aufzubauen. Ist jetzt auf die Entscheidungen anderer angewiesen. Falls Seehofer den Landkreistagspräsidenten Christian Bernreiter zum Minister beruft, säße ein Deggendorfer zuviel in München. Sibler könnte dann umgekehrt für den Landrat in Deggendorf kandidieren. Falls nicht? Darf Sibler sich wohl wieder auf einen Kabinettsposten freuen.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Melanie Huml, 41, Gesundheitsministerin: Erfüllt Seehofers Auftrag, Ruhe im Fachbereich zu halten. Und das einzige Mal, als es wirklich unruhig wurde, hatte sie dem Ministerpräsidenten zu verdanken. Der verordnete den Umzug des Ministeriums von München nach Nürnberg, die Mitarbeiter erfuhren davon aus dem Radio oder der Zeitung. Das hat nicht alle begeistert, inklusive Huml. Wird dennoch dem nächsten Kabinett angehören.

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(Foto: N/A)

Helmut Brunner, 62, Landwirtschaftsminister: Darf bleiben, wenn er will. Damit hätte Seehofer weiter einen Minister aus Niederbayern in seinem Kabinett, ohne größere Umbauten vorzunehmen. Problem: Eigentlich hat Brunner schon seinen Abschied angekündigt. Muss sich also entscheiden: Entweder er will die Früchte seiner Arbeit über 2018 hinaus ernten - oder in ein paar Monaten ist vorzeitig Sense.

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(Foto: Claus Schunk)

Ulrike Scharf, 49, Umweltministerin: Hartnäckig und zäh: Nicht gerade die Art Kompliment, mit der sich eine Frau gerne schmückt. Doch in der Politik gilt das wohl als Lob. Das mäßige Krisenmanagement im Bayern-Ei-Skandal hat Scharf an höchster Stelle nicht geschadet, gegen ständige Sticheleien aus der eigenen Fraktion wirkt sie immun. Anfangs von vielen belächelt, hat Seehofer nun sogar eine noch wichtigere Rolle für die Oberbayerin angedeutet. Das kann entweder ein aufgewertetes Umweltressort sein - oder ein größeres Ministerium.

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(Foto: Tobias Hase/dpa)

Winfried Bausback, 51, Justizminister: Als er vor einem Jahr bei der Kabinettsklausur das Gelände betreten wollte, musste er seinen Ausweis zücken, weil Polizisten ihn nicht erkannten. Peinlicher wäre es nur gewesen, wäre nicht der Justizminister vor ihnen gestanden, sondern der Innenminister. Also besser schnell ein paar Bausback-Fotos auf die interne Fahndungsliste setzen, liebe Polizisten, und gut merken. Es könnte nämlich sein, dass der Jura-Professor aus Unterfranken bald als euer Vorgesetzter zur Kabinettsklausur kommt. Freunde loben seine Ruhe und Kompetenz, andere bemängeln seine akademische Amtsführung. Egal, ob es mit der Beförderung klappt oder ob er Justizminister bleibt: Bausbacks erste Amtszeit wird allen Neuen im Kabinett Hoffnung geben, dass auch ein Unbekannter seinen Weg gehen kann. Meistens zumindest.

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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