Staatliche Prüfungen:Die ungeliebten Kontrolleure vom Obersten Rechnungshof

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An der Kaulbachstraße in der Maxvorstadt haben die Prüfer des Bayerischen Obersten Rechnungshofes ihren Sitz. (Foto: Catherina Hess)
  • In seinem Jahresbericht stellt der Bayerische Oberste Rechnungshof Fälle von Missmanagement und Verschwendung vor.
  • Beliebt sind die Prüfer nirgends, denn sie dürfen sämtliche Akten einsehen.
  • Es gibt immer wiederkehrende Streitthemen zwischen ORH und Staatsregierung.

Von Kassian Stroh, München

Mal angenommen, es gäbe eine Sondereinheit, die unangekündigt Haushalte besuchen und dort die Sauberkeit überprüfen dürfte. Und wenn sie nicht zufrieden wäre, dürfte sie veröffentlichen, wie viel Staub sich bei Familie X auf dem Bücherbord und wie viel Kalk im Waschbecken von Herrn Y befindet. Wäre diese Einheit beliebt bei den Menschen?

So in etwa verhält es sich mit dem Bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) und den anderen Behörden in Bayern. Auch wenn sich die ORH-Prüfer gar nicht als natürliche Widersacher oder gar Feinde der Ministerien sehen, so sind sie dort doch mindestens gefürchtet und unbeliebt. Eben weil sie ihre Nasen in Akten stecken dürfen, auf der Suche nach Missmanagement und Verschwendung. Die Prüfer des ORH indes verstehen sich selbst eher als Berater, wollen auch Vorschläge machen für eine sparsame, wirtschaftliche Haushaltsführung der Verwaltung.

Nur wenige Fälle werden öffentlich

Nur: Öffentlich wird davon das wenigste, das meiste wird direkt zwischen ORH und den betroffenen Behörden geregelt. Öffentlich werden nur wenige Fälle, die der Rechnungshof stets im März in seinem Jahresbericht vorstellt - was meist peinlich ist für die Betroffenen und durchaus Staub aufwirbelt. Durchsetzen kann der ORH selber nichts; weil sie ihn einfach ignorieren könnten, sitzen rechtlich gesehen die Ministerien am längeren Hebel. Wirkung entfaltet der Rechnungshof nur, wenn der öffentliche Druck groß ist.

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Auch deshalb liegt er bei zwei Großthemen mit der Staatsregierung in einer Art öffentlichem Dauerclinch: Seit Langem predigt der ORH, dass der Staat nicht auf Kosten der Zukunft leben dürfe - sprich: seine Schulden reduzieren, für die steigenden Pensionslasten vorsorgen und die sogenannten versteckten Staatsschulden (also marode Straßen und Gebäude) abbauen müsse.

Dieser Streit eskalierte vor fünf Jahren: Das Kabinett beschloss eine gewisse Schuldentilgung, doch das lobte der ORH nicht etwa, sondern mahnte "mehr Eifer" an. "Anmaßend" sei das, der Rechnungshof sei doch kein "Ersatzgesetzgeber", empörten sich Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Markus Söder; dessen natürliches Spannungsverhältnis zum ORH ist am größten, weil Söder ja fürs Geld zuständig ist.

Was gilt als Förderung, was als Subvention?

Zwei Jahre liegt das letzte Scharmützel zurück, inzwischen hat sich die Lage deutlich beruhigt. Und nachdem der ORH in seinem jüngsten Jahresbericht lobte, die Regierung habe seine Anregungen aufgegriffen, vereinnahmte Söder ihn kurzerhand als "Partner beim ausgeglichenen Haushalt".

Das zweite immer wiederkehrende Streitthema ist die Frage, wo die Grenze liegt zwischen berechtigter Struktur- oder Wirtschaftsförderung und sinnloser Subvention. Bei der Verlagerung von Behörden ins weite Land etwa schaut der ORH viel mehr auf die Kosten und hält sie deshalb meist für unsinniger als die Politik, die sich dem Wunsch ausgesetzt sieht, jeden Landkreis mit Wohltaten zu bedienen.

Dieses Grundproblem steht auch hinter der Frage, wie weit der Münchner Flughafen seinem wichtigsten Geschäftspartner, der Lufthansa, entgegenkommen darf. Der ORH hält die Zugeständnisse für viel zu teuer, das Finanzministerium argumentiert mit dem gesamtwirtschaftlichen Nutzen vieler Lufthansa-Flüge im Erdinger Moos.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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