Ingolstadt:Horst Seehofer, der Kirchenretter

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Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Horst Seehofer hat ein Herz für seine alte Beichtkirche: In Ingolstadt hat er die drohende Entweihung der Franziskanerkirche zunächst verhindert. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Als seiner alten Beichtkirche in Ingolstadt die Entweihung droht, greift der ehemalige Ministerpräsident persönlich ein.

Von Thomas Balbierer, Ingolstadt

Als Retter altehrwürdiger Institutionen hat Horst Seehofer bereits Übung. 2008 stürzte die CSU nach dem historischen Verlust der absoluten Mehrheit im Landtag in eine tiefe Krise. Zum ersten Mal nach mehr als 40 Jahren musste die Partei die Macht in Bayern teilen. Ein Desaster, das Parteichef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein zu Rücktritten zwang. Seehofer griff nach beiden Ämtern und verhalf der CSU in den folgenden Jahren zu alter Stärke. Bei der Landtagswahl 2013 holte die Partei die absolute Mehrheit zurück. " Seehofer, der Retter", titelten die Zeitungen damals.

Nun tritt Seehofer, seit der Bundestagswahl 2021 im politischen Ruhestand, erneut als Retter in Erscheinung. Diesmal geht es zwar nicht um die CSU. Doch die Organisation, derer sich der 73-Jährige annimmt, steht im Gesamtbild nicht viel besser da als die Partei nach ihrem Wahlfiasko vor 15 Jahren. Es geht um die katholische Kirche. Nicht um den ganzen Laden, das wäre selbst für den ehemaligen Ministerpräsidenten Bayerns - in Seehofers Diktum immerhin die "Vorstufe zum Paradies" - eine mission impossible.

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Die Rettungsmission zielt auf eine alte Franziskanerkirche in der Ingolstädter Innenstadt. Der Klosterkirche, errichtet im 13. Jahrhundert, drohte das Aus: Seit die letzten Kapuzinermönche im Frühjahr das angrenzende Kloster verlassen hatten, fanden keine Gottesdienste mehr statt. Sogar eine Profanierung stand im Raum - so nennt man die Entweihung einer Kirche im Fachjargon.

Angesichts der sinkenden Zahl an Kirchenmitgliedern müsse man überlegen, "wie wir die Seelsorge aufstellen können, um Ressourcen und die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu vereinen", hatte das Bistum Eichstätt mitgeteilt. In Ingolstadt formierte sich Widerstand gegen die Sparpläne. Rund 100 Gläubige hielten im Mai eine Mahnwache für den Erhalt der Franziskanerkirche. Noch am selben Tag kam Seehofer ins Spiel.

Die Franziskanerkirche in Ingolstadt war in seinen Jugendjahren die Beichtkirche von Horst Seehofer. (Foto: Hans Kratzer)

Denn unter den Teilnehmern der Demo war auch Matthias Schickel, CSU-Stadtrat und stellvertretender Stadtheimatpfleger. In kleiner Runde habe man diskutiert, ob man einen Freundeskreis zum Erhalt der Kirche ins Leben rufen könne, sagt Schickel - mit einem prominenten Namen an der Spitze. "Da fiel sofort der Name Horst Seehofer." Der Politiker wurde in Ingolstadt geboren und lebt im Stadtteil Gerolfing. Schickel bat den Ex-CSU-Chef per SMS um Hilfe. "Er sagte sofort zu", sagt der Historiker. "Die Franziskanerkirche war in Jugendzeiten seine Beichtkirche." Dem Donaukurier sagte Seehofer, er habe eine "starke emotionale Bindung" zu dem 750 Jahre alten Haus.

Also traf er sich mit dem Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke - und plötzlich war die Kirchenschließung vom Tisch. Stattdessen sollen bald wieder Gottesdienste stattfinden. Ein Unterstützerkreis um Seehofer, Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) und Kirchenvertreter soll Spenden für dringende Reparaturen sammeln. Die Elektrik müsse erneuert werden, sagt Schickel. Der Putz bröckle von der Wand, im Gewölbe gebe es einen Riss. "Wir wollen punktuell unterstützen." Eine große Sanierung, die früher oder später nötig sei, könne man nicht stemmen. "Das müssten dann Freistaat und Kirche finanzieren." Konkrete Pläne gibt es dafür noch nicht. Ein langfristiger Erhalt der Kirche ist nicht garantiert.

Dass eine Rettung nicht ewig hält, musste Seehofer nach seinem Triumph 2013 erleben. Zu lange ließ er offen, ob er bei der nächsten Wahl erneut antreten werde - und wurde dann von Markus Söder zum Rücktritt gedrängt. 2018 verlor die CSU erneut die absolute Mehrheit. Seehofer, diesmal Retter in eigener Sache, war da schon in die Bundesregierung nach Berlin geflüchtet.

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