Gymnasium in Bayern:Volksbegehren für G 9 schafft Hürde

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Protest gegen das achtjährige Gymnasium in München. Nun könnte es ein Volksbegehren geben. (Foto: Robert Haas)

Seit seiner Einführung ist das achtjährige Gymnasium umstritten. Wenn es nach den Freien Wählern geht, sollen die Bayern darüber abstimmen. Nach SZ-Informationen haben sie jetzt die erforderlichen 25.000 Unterschriften dafür beisammen. Damit gerät Ministerpräsident Seehofer bei einem brisanten Thema unter Druck.

Von Mike Szymanski

Das Volksbegehren zur Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Bayern hat offenbar die erste Hürde genommen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben die Freien Wähler, die das Volksbegehren gestartet hatten, die erforderlichen 25.000 Unterschriften für dessen Zulassung beisammen. Nun muss das Innenministerium über den Antrag entscheiden. Damit dürfte die Zukunft des Gymnasiums in den kommenden Monaten in den Fokus der politischen Auseinandersetzung rücken.

Die Staatsregierung lehnt eine Rückkehr zum G 9 bislang ab. Die Opposition aus SPD, Grünen und Freien Wählern verlangt Korrekturen, verfolgt dabei aber unterschiedliche Ziele. Der Unmut unter Schülern, Eltern und Lehrern über das achtjährige Gymnasium ist auch gut zehn Jahre nach dessen Einführung groß.

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Mit einem Adventskranz fordern die Freien Wähler die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums. Ministerpräsident Seehofer erteilt diesen Plänen eine definitive Absage. FW-Chef Aiwanger interpretiert das als Signal - für das G9.

Michael Piazolo, Generalsekretär der Freien Wähler und Organisator des Volksbegehrens, wollte auf Anfrage der SZ zwar noch keine konkreten Zahlen zu den Unterschriften nennen. Aber er erklärte: "Wir haben uns Ende Januar als Ziel gesetzt, bis zu dem wir die erforderlichen Unterschriften gesammelt haben. Solche Ziele versucht man natürlich einzuhalten." Wie aus Kreisen der Freien Wähler verlautete, will die Wählergruppe noch diese Woche ihre erfolgreiche Unterschriftensammlung und das weitere Vorgehen bekannt geben.

Piazolo ist überzeugt, mit dem Volksbegehren dem Wunsch vieler Bürgern nach Veränderungen nachzukommen. "Die Erfahrungen der letzten Wochen und Monate haben uns gezeigt, dass das Thema den Menschen unter den Nägeln brennt." Das achtjährige Gymnasium überfordere Schüler, Lehrer und Eltern. Das vom Kultusministerium eingeführte freiwillige Zusatzjahr auf dem Weg zum Abitur, das sogenannte Flexijahr, werde von den Schülern nicht angenommen.

Philologenverband fordert längere Reifezeit

Vor Weihnachten hatte sich der bayerische Philologenverband dafür ausgesprochen, das derzeitige G 8 noch einmal zu überdenken. Die Gymnasiallehrer erarbeiten nun ein Konzept für ein modernes G 9, erste Eckpunkte sollen bereits in den nächsten Wochen vorliegen. "Wir erachten eine längere Reifezeit für Schülerinnen und Schüler als wichtig", hatte der Verbandsvorsitzende Max Schmidt gesagt.

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Das Volksbegehren erhöht den Druck auf die Staatsregierung abermals. Konkret wollen die Freien Wähler mit ihrem Vorstoß eine Wahlfreiheit durchsetzen. Die Schulen sollen entscheiden, ob ihr Gymnasium den Weg zum Abitur in acht oder wie früher in neun Jahren anbietet. Wenn die Schule groß genug ist, könnte sie womöglich beide Wege anbieten. Trotz der angestrebten Wahlfreiheit ist Piazolo überzeugt davon, dass sich das neunjährige Gymnasium durchsetzen wird.

Nun ist die Staatsregierung am Zug. Das Innenministerium muss überprüfen, ob der Antrag alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Einerseits muss die Behörde klären, ob 25.000 Unterschriften gültig sind. Andererseits steht die Frage im Raum, inwieweit der Vorstoß der Freien Wähler Auswirkungen auf den Staatshaushalt hat. Dies darf bei Volksbegehren nicht der Fall sein.

Nach Angaben der Freien Wähler ist ihr Konzept nicht mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. Sollte dem Volksbegehren nichts im Weg stehen, würden im nächsten Schritt die Bayern aufgerufen, sich binnen zwei Wochen in Listen einzutragen. Das Volksbegehren wäre erfolgreich, wenn ein Zehntel der stimmberechtigten Bayern die Listen unterzeichnen. Derzeit sind das knapp eine Million Bürger.

Sollte das Innenministerium Bedenken haben, muss der Verfassungsgerichtshof über eine Ablehnung entscheiden. Die Freien Wähler hatten bereits mit ihrem Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren die Staatsregierung erfolgreich auf ihren Kurs gezwungen: 2013 schaffte die schwarz-gelbe Staatsregierung aufgrund des großen politischen Drucks nach langem Widerstand die Beiträge ab.

Seit Ministerpräsident Horst Seehofer nach der Landtagswahl die "Koalition mit den Bürgern" ausgerufen und versprochen hat, ihren Anliegen große Bedeutung einzuräumen, dürfte sich die Staatsregierung allerdings schwertun, sich gegen ein solches Volksbegehren vehement zu wehren.

Die Signale von Regierungschef Seehofer waren in den vergangenen Wochen widersprüchlich: Einerseits hatte er angekündigt, gegen das Volksbegehren der Freien Wähler einen harten Wahlkampf führen zu wollen. Gegenüber den Gymnasiallehrern zeigte er sich gesprächsbereit, was neue Konzepte für ein G 9 angeht. Die Landtags-CSU kann einem erfolgreichen Volksbegehren einen eigenen Gesetzentwurf für eine Schulreform entgegensetzen.

© SZ vom 27.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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