Grüne in Bayern:"Ein Feuerwerk der Ideen"

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Thomas von Sarnowski, neu gewählter Landesvorsitzender der bayerischen Grünen, steht nach seiner Wahl neben Eva Lettenbauer mit Blumen auf der Bühne. (Foto: dpa)

Mindestens doppelt so viele Bundestagsmandate, eine Kanzlerin Annalena Baerbock - die bayerischen Grünen haben große Pläne für September. Zuerst aber steht Wahlkampf an.

Von Johann Osel, München

Die Grünen haben gerade einen Lauf, unbestritten läuft es auch gut für Thomas von Sarnowski. Im April wurde der 33-Jährige zum Vorsitzenden der bayerischen Grünen gewählt, im Mai kam bei ihm daheim in Ebersberg, wo er Kreisrat ist, ein Bürgerentscheid für Windräder im Forst durch. "Ein Stimmungstest mit Signalwirkung für ganz Bayern", freute sich Sarnowski über den grünen Erfolg im Kleinen, die Bevölkerung sei "viel weiter als die Söder-Regierung".

Jetzt im Parteiamt, als Duo mit der Landtagsabgeordneten Eva Lettenbauer, 28, arbeitet er am ganz großen Erfolg. Ziel: mindestens eine Verdoppelung der derzeit elf bayerischen Bundestagsmandate im September, eine Kanzlerin Annalena Baerbock. Sarnowski sinniert über "grüne Zwanzigerjahre", die "ein Feuerwerk der Ideen und Innovation auslösen". Zuerst aber steht Wahlkampf an - dafür hat sich der Grünen-Vorstand am Donnerstag in einer Klausur sortiert.

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Nur noch 32 Prozent der Befragten würden sich derzeit bei der Bundestagswahl für die Partei ihres Ministerpräsidenten entscheiden. Auch Markus Söder selbst büßt an Zustimmung ein.

Lettenbauer und er seien nicht Landesvorsitzende geworden, "damit wir in der U-Bahn erkannt werden", sagt Sarnowski nach der Sitzung, sondern "weil wir was bewegen wollen". Nun tritt man dem Führungsduo sicher nicht zu nahe, wenn man vermutet, dass sich in der U-Bahn keine schaulustigen Horden um sie scharen. Im Zentrum des Wahlkampfs dürfte auch in Bayern klar Baerbock stehen, außerdem sind die Spitzenkandidaten für den Freistaat zwei bekannte, erfahrene Schlachtrösser: Claudia Roth und Anton Hofreiter.

"Bayern ist groß", sagt Lettenbauer zu ihrer Rolle beim Projekt Wahlsieg, "unzählige Landkreise, Dörfer und Städte, die besucht werden wollen". Man werde "in jede Ecke" des Landes fahren, grüne Ideen vorstellen und "hören, wo es zwickt". Kurzum: "einen Wahlkampf in der Fläche hinlegen", im Sommer ist eine Tour der beiden Chefs in alle Regierungsbezirke geplant. Dabei wollen Lettenbauer und Sarnowski auch ein Vorbild bieten für andere Frau-Mann-Doppelspitzen auf Kreis- oder Ortsebenen - nämlich als Team, loyal, ohne "Alphamännchen-Mentalität".

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Mit Letzterem gemeint ist die CSU, tatsächlich ist es Ministerpräsident Markus Söder, an dem sich die Grünen-Spitze in ihren inhaltlichen Ausführungen erst mal abarbeitet. Die Leute hätten "keine Lust mehr auf politische Machtspielchen oder Ego-Shows", sagt Lettenbauer, "sondern auf "ehrliche und konsequente Politik".

Sarnowski widmet sich der Klimakrise, die sei "dramatisch, gelinde gesagt". Dass Söder am Vortag auf der Zugspitze beim schmelzenden Gletscher gewesen sei und gesagt habe, man müsse "dem Klimawandel begegnen", sei "ein denkbar schwaches Statement". Nötig sei "eine Regierung, die versteht, was die Klimakrise bedeutet". Dazu zählt Sarnowski eine Kehrtwende in der Mobilität: "Neue Straßen nur noch dann bauen, wenn sie einen Mehrwert fürs Klima geben, und das wird selten der Fall sein." Im Nahverkehr verspricht er selbst für Dörfer von morgens bis Mitternacht getaktete Versorgung mit Bahn oder Bus. Und in den Städten müsse der Platz "neu verteilt" werden, zu Lasten des Autoverkehrs. Das sind Ansagen, die durchaus zu Kontroversen einladen.

Wie streitbar die Grünen sein sollten, ist intern ja ein Streitfall. Für das Bundeswahlprogramm liegen viele hundert Änderungswünsche von der Basis vor, diesen Mitgliedern ist der Text zu unscharf geraten: höhere CO₂-Preise für Verbraucher werden gefordert, radikale Eingriffe in den Mietmarkt, durchlässige Grenzen für Migranten. Themen, die schnell das Ziel von Gegenkampagnen werden können, die sich womöglich auswachsen zum Image-Desaster wie einst die Idee eines fleischlosen Tags in Kantinen, die einen Lauf bremsen. Änderungsanträge seien "grüne Tradition", meint Sarnowski dazu auf Nachfrage. Bei den "großen Zielen" herrsche "große Einigkeit", man dürfe sich nicht in Debatten über einzelne Prozentzahlen verfangen. Er ist zufrieden mit dem Programmentwurf, habe selbst keinen Änderungsantrag gestellt. Jüngste Umfragen zur Wahl sehen die Grünen in Bayern bei 26 Prozent.

© SZ vom 28.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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