Kandidatur:Bause will nach Berlin - die Grünen reagieren verhalten

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Als Margarete Bause 1986 erstmals in den Landtag einzog, hieß der Ministerpräsident noch Strauß. Wer kann ihr verdenken, dass sie mal was anderes machen will? (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag möchte 2017 für den Bundestag kandidieren, bis dahin aber ihr Amt behalten.

Von Daniela Kuhr und Wolfgang Wittl, München

Für einen Schritt, der offenbar wohl überlegt ist, wirkt der Auftritt ziemlich improvisiert. Nicht wie üblich im Zimmer, in denen die Grünen ihre Pressekonferenzen abhalten, sondern mitten auf dem Flur im fünften Stock des Landtags erklärt Margarete Bause, warum sie Bayern den Rücken kehren will. Warum sie 30 Jahre, nachdem sie mit den Grünen erstmals ins Maximilianeum eingezogen war, plötzlich ihr politisches Glück in Berlin sucht.

Über den Jahreswechsel habe sie ihre Entscheidung getroffen, sagt Bause und bestätigt damit, worüber seit Monaten spekuliert wird. Sie habe nach wie vor Lust auf Politik, Bayern bleibe ein wichtiger Handlungsort für sie, die Grünen hätten aus der Opposition viel bewegt. Doch ein Erlebnis hat offenbar prägenden Eindruck hinterlassen: Als sie auf einer China-Reise 2014 mit Ministerpräsident Horst Seehofer aus dem offiziellen Programm ausscherte und den Dissidenten Ai Weiwei traf. Da habe sie gemerkt, dass sie sich noch mehr für Menschenrechte einsetzen wolle, auch deshalb wolle sie in den Bundestag wechseln.

Gemischte Reaktionen bei den Kollegen

Die Kollegen in Berlin reagieren auf die Nachricht - nun ja, am ehesten muss man wohl sagen: hin- und hergerissen. Da gibt es Stimmen, die voll des Lobes sind. "Mit ihrer langjährigen Erfahrung im bayerischen Landtag wird Margarete Bause eine tolle Unterstützung für uns in Berlin", sagt etwa der Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Anton Hofreiter, der selbst aus Bayern stammt. Was Bause in seinen Augen besonders auszeichnet: "Sie ist bekannt dafür, dass sie die CSU sehr gut verbal aufspießen kann." Es gibt aber auch Stimmen, die auf gewisse Schwierigkeiten hinweisen. Etwa dass schon jetzt fünf Frauen aus Bayern für die Grünen im Bundestag sitzen.

Nach allem, was zu hören ist, wollen auch alle fünf bei der nächsten Bundestagswahl wieder kandidieren. Nach den derzeitigen Umfrageergebnissen bezweifeln die Grünen intern jedoch, ob es für diese fünf reichen wird. "Wenn jetzt womöglich sogar noch mehr antreten wollen, wird es extrem problematisch", verlautet es aus Fraktionskreisen. Zumal die Landesliste bereits sehr "münchenlastig" sei, mit Dieter Janecek und Doris Wagner aus der Stadt sowie Hofreiter und Beate Walter-Rosenheimer aus dem angrenzenden Umland. Zwar sind die Grünen beim Regionalproporz nicht so sehr festgelegt wie die CSU, aber die Münchner Ballung bleibt.

Als Nachfolgerin sind Katharina Schulze und Claudia Stamm im Gespräch

Auch im Landtag ist die Fraktion geteilter Meinung, was von Bauses geplantem Umzug zu halten sei. Die 57-Jährige zog ins Maximilianeum ein, als der Ministerpräsident noch Franz Josef Strauß hieß und die CSU die Grünen wie Wesen vom anderen politischen Stern betrachtete. Seit ihrer Wiederwahl 2003 - zwischendurch war sie Landesvorsitzende - stand Bause ununterbrochen an der Spitze der Fraktion, als Frontfrau gab sie den Grünen ein Gesicht. Doch ob das reicht, sich nun wie selbstverständlich einfach die nächste Aufgabe vorzunehmen?

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Bause habe unbestritten ihre Verdienste, heißt es, entscheiden müssten allerdings die Delegierten und dann die Wähler. Ein Vorgang, der schon anderen renommierten Grünen in unliebsamer Erinnerung geblieben sein dürfte: Hans-Josef Fell etwa, oder Jerzy Montag. So mancher, orakeln Parteikenner, könnte Bause überdrüssig sein und ihren Aufbruch weniger euphorisch sehen als sie selbst. Es sei nicht so, dass man in Berlin auf sie warte, sagte einer, als sich ihre Pläne zum ersten Mal abzeichneten. Niemand müsse Angst vor Konkurrenz haben, entgegnet Bause. Sie werde dafür kämpfen, dass mehr Grüne aus Bayern ins Parlament kommen.

Bause will Fraktionsvorsitz behalten - das wird kritisch gesehen

Dass Bause trotz des absehbaren Ausstiegs ihren Fraktionsvorsitz behalten will, um mit Rückenwind in den Streit um die Listenplätze zu starten, wird ebenfalls kritisch gesehen. Mitte Februar werden die Landtagsgrünen turnusgemäß ihren Vorstand wählen. Schon jetzt ist klar, dass Bause diesem Auftrag nicht mehr bis zum Ende der Legislatur nachkommen könnte. Im Bund wird 2017 gewählt, in Bayern erst ein Jahr später. Warum nicht gleich jetzt den Generationswechsel vollziehen?

Bauses Co-Vorsitzender Ludwig Hartmann gilt wie bisher als gesetzt. Für den weiblichen Part fallen stets zwei Namen: Katharina Schulze und Claudia Stamm. Beide wollen sich zu dem Thema nicht weiter äußern, nur so viel: Natürlich gestalte sie gerne, aber die Begleitumstände müssten passen. "Ämter sind nicht wichtig, sondern Menschen und Inhalte", sagt Stamm, 45. Und dass man nicht vergessen dürfe, die Basis mitzunehmen. Beispielhaft dafür steht die Auseinandersetzung vom Oktober, als Stamm wegen der grünen Zustimmung zum Asylpaket im Bund verlangte, der Parteitag solle diesen Entschluss missbilligen. Obwohl sie sich gegen die gesamte Parteiführung stellte, unterlag sie nur knapp. Zugleich zementierte Stamm ihren Ruf, für ihre Überzeugungen anzuecken. Die besseren Chancen werden der erst 30-jährigen Schulze eingeräumt, die sich als Innenpolitikerin profiliert hat.

Doch was passiert, wenn Bause den Sprung nach Berlin verpassen sollte? Die Frage, ob sie dann als Fraktionsvorsitzende weitermache, lässt sie am Mittwoch unbeantwortet.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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