Bayerischer Jagdverband:Frag doch mal die Jäger

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Hegeschauen, bei denen Jäger unter anderem Trophäen der abgeschossenen Wildtiere präsentieren, sind höchst umstrittene Veranstaltungen. (Foto: Christian Endt)

Der Jagdverband will seine Mitglieder im Netz mehr mitreden lassen - bis bei einer Umfrage unbequeme Antworten kommen.

Von Christian Sebald, München

Im Bayerischen Jagdverband (BJV) wollen sie neuerdings, dass die Mitglieder mehr mitreden. Also haben sie auf ihrer Homepage www.jagd-bayern.de ein neues Tool freigeschaltet. Die "Freitagsfrage" packt wöchentlich ein Thema an, das in der Jagdszene heiß diskutiert wird. Die Resonanz unter den 50 000 Jägern im BJV war erst überschaubar. Auf die erste Frage (Darf es in Bayern Abschüsse in Wintergattern geben?) gab es elf Anworten. Bei der zweiten (Soll der BJV (...) mit dem Deutschen Jagdverband enger zusammenarbeiten?) waren es immerhin 150. Vergangenen Freitag ist das Tool dann förmlich explodiert. Binnen Stunden trafen 8892 Antworten ein, 8416 lauteten Nein, 476 Ja.

Die Frage war: "Die Pflichthegeschau gilt als wichtigste Plattform für die Jagd, auf der sich die Jagd in der Gesellschaft präsentieren kann. Sind Sie für die Beibehaltung der Hegeschau?" Dazu muss man wissen, dass Hegeschauen höchst umstrittene Veranstaltungen sind. Auf ihnen präsentieren die Jäger alljährlich die Geweihe und andere Trophäen der Wildtiere, die sie abgeschossen haben. Dazu gibt es markige Reden, meist umrahmt von einer Jagdhorn-Gruppe. In Bayern sind die Hegeschauen sogar Pflicht: Anders als in den meisten Bundesländern müssen die Jäger auf ihnen ihre Trophäen ausstellen. Die Begründung: Wo sonst, wenn nicht auf der Hegeschau zeigen sich die Jäger in der Öffentlichkeit?

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Für die Kritiker - darunter Jagdgegner, Tier- und Naturschützer, aber auch nicht wenige Jäger und Forstleute - sind die Hegeschauen ein archaisches Ritual ohne jeden Sinn für ein modernes Wildtier-Management, das abgeschafft gehört. "Trophäenkult" und "Knochenschau" sind noch die mildesten Ausdrücke, mit denen sie bedacht werden. "Das ,Präparieren des Kopfschmucks' empfinde ich als ekelhaft und grausam", heißt es zum Beispiel in der Landtagspetition des Forstwirts Thomas Grebenstein gegen die Pflichthegeschauen von 2017. "Es entwürdigt das erlegte Tier." Auch die Grünen lehnen die Pflichthegeschauen ab. Sie starten im Landtag regelmäßig Initiativen für ihre Abschaffung. Aber ebenso regelmäßig schmettern CSU und Freie Wähler die Vorstöße ab. Und ein jedes Mal bedankt sich der BJV artig dafür.

Umso erstaunlicher ist das Ergebnis der BJV-Freitagsfrage. 95 Prozent der Jäger, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, wären demnach nicht nur gegen Pflichthegeschauen. Sondern grundsätzlich gegen die öffentliche Zurschaustellung ihrer Trophäen. Kein Wunder, dass die Umfrage hohe Wellen schlägt - nicht nur in der Jagdszene. Sondern auch unter Tierschützern, Förstern, Waldbesitzern und vielen anderen, die sich mit der Jagd und den Jägern befassen.

Anruf beim geschäftsführenden BJV-Chef Thomas Schreder. "Wir waren natürlich überrascht über die extrem hohe Beteiligung und das Ergebnis", sagt Schreder. "Dann haben wir bemerkt, dass die Antworten extrem regelmäßig eingetroffen sind. Das hat uns misstrauisch gemacht." Internet-Spezialisten hätten festgestellt, dass Unbekannte offenbar automatisch generierte Antworten an das Freitagsfrage-Tool schickten. "Deshalb habe wir es abgeschaltet, es wird überarbeitet", sagt Schreder. "Diesen Freitag wird es wieder angeschaltet sein. Und die Frage nach den Hegeschauen wird natürlich wiederholt."

© SZ vom 05.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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