TV-Produktion in Bad Tölz:Karl Moiks Erben

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Heile Welt mit Kussmund: Wo früher die Tölzer Jugend zu Discomusik tanzte, schunkelt heute weit gereistes Publikum zu moderner Volksmusik. (Foto: Manfred Neubauer)

In der ehemaligen Disco Blu im Moraltpark werden inzwischen Sendungen für Schlagerfans und Freunde der volkstümlichen Musik aufgezeichnet. Ein Besuch am Set.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Die Folx-Musik kommt neuerdings aus Bad Tölz. Vor elf Jahren hat die ehemalige Disko Blu dichtgemacht, nun ist die Industriehalle am Moraltpark umgebaut und inzwischen Heimstatt für Volksmusik, Oberkrainer und Schlager. Das Unternehmen Prime Time Consulting aus Hechingen hat die Halle gepachtet und produziert dort für den Privatsender Folx TV die wöchentliche Sendung "Folx Stadl".

Der Eingang verrät noch wenig über das, was sich dahinter verbirgt. (Foto: Manfred Neubauer)

Wer die Stahltreppe am Moraltpark hinaufgeht, vorbei am Bistro Inkognito, das seit einem Jahr ebenfalls geschlossen ist und an Aufnahmetagen als Backstage-Bereich genutzt wird, gelangt in die große Halle. Die Realität kann getrost draußen bleiben, denn drinnen ist eine heimelige Szenerie entstanden: Auf dem Boden ist Stroh verteilt, Strohballen und Wagenräder sind dekorativ platziert, am Rand ist ein einfacher Holzschuppen aufgebaut, durch den die Künstler den Bühnenraum betreten. Eine Armada von Kameras steht bereit, diverse Scheinwerfer setzen Spots. Auf den Tannenbaum aus Plastik müssen noch künstlichen Schneebälle gehängt werden.

Die Realität kann getrost draußen bleiben, innen suggerieren Stroh und Holzschuppen ländliche Idylle vor den Kameras. (Foto: Manfred Neubauer)

An diesem Abend werden zwei Sendungen der vierten Staffel des "Folx Stadls" aufgezeichnet. Eineinhalb Stunden dauert eine Sendung, aufgezeichnet werden immer zwei Folgen hintereinander, normalerweise im Zweiwochenrhythmus. Ausgestrahlt werden die Folgen jeden Samstag von 20.15 Uhr an auf Folx-TV über Astra Satellit oder per Videostream im Internet.

Es sei ein Riesenvorteil, dass man nun, nach langer Suche, in Bad Tölz ein festes Studio gefunden habe, sagt Produzentin Barbara Jert. Denn die ersten drei Staffeln habe man in Ljubljana und Zell am See an wechselnden Drehorten aufgezeichnet und die Kulisse dann immer auf- und abbauen müssen. In Bad Tölz könne alles stehen bleiben. Außerdem biete die Halle genug Platz und die nötige Höhe für die aufwendige Lichttechnik, erklärt die Slowenin.

Das Studio im Moraltpark bietet genug Platz. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Team von Folx-TV ist international: Österreich, Deutschland, Slowenien, "drei Länder gemeinsam im Namen der Volksmusik", sagt Geschäftsführer Sebastjan Artic. Denn das sei das Konzept der Sendung: Künstlern der volkstümlichen und der Schlagermusik eine Plattform zu bieten. Stars der Szene sind Die Kaiser, Geri, der Klostertaler, Lara Bianca Fuchs, John Prisco oder das Schlagerduo Jelfi. Volksmusiksendungen seien in Deutschland fast ganz verschwunden, sagt Artic, mit Ausnahme der Mega-Shows von Florian Silbereisen oder Carmen Nebel natürlich. "Aber wir sind der einzige Kanal, der wöchentliche Shows selbst produziert."

John Prisco ist einer der Stars der Szene. (Foto: Manfred Neubauer)

Noch ist im Studio nicht alles fertig; ein abgetrennter Regiebereich ist geplant, und für die wenigen Zuschauer, die an diesem Mittwoch gekommen sind, sind provisorisch Holzbänke aufgestellt, weil die Tribüne noch nicht geliefert wurde. Auf ihr sollen dann 150 Leute Platz haben, sagt Jert.

Kurz vor der Aufzeichnung gibt sie letzte Anweisungen und scherzt mit den Künstlern, alles ganz entspannt und routiniert. Hinter der Bar steht das "Bar-Team" bereit, das während der Sendung locker plaudert und Witzchen macht: Lucky Putz von der Band Innkreis Buam, Spitzbua Markus, gelernter Konditor und Entertainer. Und Martina Rauscher, "unser blonder Engel", wie Anheizer Flo Daxner sagt. Die Niederbayerin moderiert den "Folx Stadl" gemeinsam mit dem österreichischen Sänger und Hotelier Hansi Berger - beide natürlich in Tracht.

Das Moderatoren-Duo Martina Rauscher und Hansi Berger. (Foto: Manfred Neubauer)

Auch die Gäste an den drei kleinen Tischen auf der Bühne sind in Lederhose und Dirndl gekommen. Sie sind Fans der Kärntner Schlagerformation Die Tiger, die später auftreten. Bei einer Aufzeichnung für das Fernsehen waren sie noch nie dabei. "Es ist interessant, was das für ein Mordsaufwand ist", sagt Reinhold Funk aus Wolfratshausen, der mit seiner Frau Elfriede gekommen ist. Dass es das Studio in Tölz gibt, "wissen die Leute noch gar nicht", glaubt Hartmut Winter aus Fürstenfeldbruck. Die Stimmung ist blendend, die Fangruppe freut sich auf ihre Tiger und stößt mit einer Halben von Sponsor Römerbräu an.

"Ekstatische Anfälle" sind erlaubt

Einweisungen bekommen sie von Flo Daxner. Der Oberösterreicher - weiße Lederjacke, Jeans, kleine Ohrstecker - ist mit jedem automatisch per du und verbreitet gute Laune. Die Applausproben klappen bestens, auch "ekstatische Anfälle" seien erlaubt, sagt er. Verboten sind allerdings: Aufstehen während der Aufzeichnung, Handys am Tisch. Und während der Interviews, die der Hansi mit den Musikanten führt, "bittschön die Bappn halten".

Das Publikum sollte besser "die Bappn halten", wenn der Moderator Interviews führt. (Foto: Manfred Neubauer)

Um fünf nach sechs geht es los, "okay, shooting", sagt ein Techniker. Jert zählt den Countdown herunter, Applaus, Tanzeinlage von vier jungen Madln. Aus dem Off ertönt der Teaser: "Aus dem Prime Time Studio in Bad Tölz präsentieren wir Ihnen den ,Folx Stadl' mit Hansi Berger." Dann wird zum Warmwerden gemeinsam die Hymne "Hey, Ho, Folx Stadl Show" gesungen. Erster Act ist das Quintett Vollguat mit der Polka "Steirer Madl". Auf der Video-Wall fliegt eine bonbonfarbene Smarties-Landschaft vorbei, Hansi Berger singt das Lied von den "Bergsee-Piraten", alles in Playback versteht sich.

Mit Volksmusik im weitesten Sinn geht es weiter: Die Wadltreiber, die schon Vorband von Andreas Gabalier waren und druckvollen Austro-Rock machen. Dunkle Klamotten, zerrissene Jeans und Sonnenbrille, "weil wir von der guten Laune des Publikums geblendet sind", sagt Frontman Dominik Leitold beim Interview mit dem Moderator. Schluss ist noch lange nicht, weiter geht es mit dem Spitzbua Markus: "Bühne frei für die verrückteste Erfindung seit der Weißwurscht", sagt der Hansi und strahlt in die Kameras.

Mehr unter www.folx.tv.

Tickets ab 59,90 Euro gibt es bei der Tourist Info in Bad Tölz oder von 17 Uhr an am Aufnahmetag im Studio.

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