Flüchtlingspolitik:Merkels Brief verärgert die CSU

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  • Die bayerische Staatsregierung droht trotz der Antwort von der Kanzlerin weiter mit einer Verfassungsklage gegen die Flüchtlingspolitik Merkels.
  • Seehofer lässt das Schreiben der Kanzlerin nun von seinen Juristen prüfen.
  • Aus der CSU-Spitze kommt der Vorwurf: Merkel habe mit ihrer "nichtssagenden Antwort" die "Machtlosigkeit" Seehofers aufgezeigt.

Von Robert Roßmann und Wolfgang Wittl, Berlin/München

Trotz des Antwortbriefs der Bundeskanzlerin an Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hält die bayerische Staatsregierung an ihrer Drohung mit einer Verfassungsklage gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung fest. "Wir behalten uns weiter eine Einreichung der Klage vor", sagte der bayerische Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts.

Seehofer hatte am 26. Januar in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine deutliche Verschärfung der Flüchtlingspolitik verlangt - und dabei sogar mit einer Verfassungsklage gedroht. Um die Wucht seiner Drohung zu erhöhen, legte Seehofer seinem Brief ein Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio bei. Mit drei Monaten Verzögerung hat Merkel jetzt reagiert. In ihrem Antwortbrief macht sie jedoch keine relevanten Zugeständnisse an Seehofer.

Bundesregierung weist Seehofers Vorwürfe zurück

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung schreibt Merkel, dass das Kanzleramt sowie die zuständigen Bundesministerien die Darlegungen Seehofers und Di Fabios einer eingehenden Prüfung unterzogen hätten. Das Ergebnis sei jedoch, dass die Bundesregierung weder den Vorwurf, der Bund habe im Zusammenhang mit seiner Flüchtlingspolitik rechtliche Bindungen missachtet, noch den Vorwurf, der Bund habe keine Schritte zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen unternommen, für begründet erachte.

Seehofer lässt das Schreiben jetzt von seinen Juristen prüfen. Über die Bewertung will die Staatsregierung voraussichtlich am 10. Mai beraten. Der Ministerpräsident sei in der Kabinettssitzung am Dienstag nur kurz auf das Thema eingegangen, sagten Teilnehmer. Er habe dabei auch interne Beratungen mit Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Winfried Bausback angekündigt.

Staatskanzleichef Huber sagte, die Entscheidung über die Verfassungsklage habe nichts mit dem Inhalt von Merkels Schreiben zu tun. Die mögliche Klage begründe sich allein "durch eine Verletzung von Länderinteressen durch Nicht-Handeln des Bundes". Sollten die deutschen Staatsgrenzen ausreichend geschützt werden, werde Bayern von der Klage absehen.

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Huber wollte sich weder über den Inhalt noch über die Form von Merkels Brief kritisch äußern. In der Staatsregierung gibt es jedoch Unmut über die Kanzlerin. Nach drei Monaten des Wartens habe man eine fundiertere Antwort erwartet, hieß es am Dienstag. Seehofer hatte bereits am Montag erklärt, nach Ansicht seiner Beamten sage Merkel zu den zentralen Argumenten der bayerischen Drohung mit einer Verfassungsklage in ihrem Brief "relativ wenig".

Auch in der CSU-Spitze wird über Merkels Reaktion diskutiert. Die Kanzlerin habe Seehofer mit der "nichtssagenden Antwort" seine "Machtlosigkeit" demonstriert, sagte ein Vorstandsmitglied. Andere verwiesen darauf, die Klagedrohung sei ein wichtiger Baustein gewesen, um Merkel in der Flüchtlingspolitik zum Einlenken zu bewegen. Bis auf eine Obergrenze und verstärkte Grenzkontrollen durch den Bund habe die Kanzlerin bereits alle CSU-Forderungen übernommen.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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