Es ist ausgiebig beschrieben worden, wer alles gelitten hat unter den Verästelungen der Corona-Bekämpfung. Laienchöre durften nicht mehr proben oder mussten so weit auseinander stehen, dass die Soprane nicht mehr hörten, ob der Tenor noch in der gleichen Strophe singt. Vor einem Kneipenabend mit Freunden hätte gründlich durchgezählt werden müssen, wie viele Menschen aus wie vielen Haushalten sich zusammenhocken wollten. Wären die Kneipen nicht ohnehin zu gewesen.
Und wer seinen Metzger nach jahrelangem Liebschauen endlich so weit hatte, die groben Bratwürste aus Müllvermeidungsgründen in die mitgebrachte Dose zu legen, der fand sich plötzlich mit der mehrfach gewickelten Einwegverpackung in der Hand wieder. Der Hygiene wegen.
Gott sei Dank dürfen Chöre nun wieder proben und die Kneipen haben wieder offen. Selbst an der Theke darf wieder getrunken werden und der Metzger gewöhnt sich langsam wieder an den Öko-Tick seiner Kundschaft.
Für eine Gruppe allerdings kommen die Lockerungen zu spät. Für Flohmarktgänger und Trödel-Aficionados ist die Saison vorbei. Der Antiquitätenmarkt in Bambergs Innenstadt am 3. Oktober - abgesagt. Trempelmarkt in Nürnberg und Grafflmarkt in Fürth - wegen Corona ausgefallen. Der Flohmarkt auf der Münchner Theresienwiese und der große Porzellan-Trödelmarkt im oberfränkischen Selb - pandemiebedingt aufs nächste Jahr verschoben. Und jetzt kommt der Winter.
Das ist doppelt tragisch, schließlich haben viele die Corona-Zeit zum Aussortieren genutzt, kartonweise muss sich die alte, frische Flohmarkt-Ware in den Kellern stapeln. Anderswo sucht jemand genau so einen alten Spiegel, wie den von der Tante Rosi, und längst schon wollte jemand seine Schnupftabak-Dosen-Sammlung um genau jene erweitern, die Opa Rudi nun doch weg haben will. Nur finden sie gerade nicht zusammen.
Kürzlich war tatsächlich ein Flohmarkt, die Dominikanerinnen vom Heilig-Grab-Kloster in Bamberg luden ein. Hinter die Klostermauern, in sonst unzugängliche Gefilde. Eine kleine Notiz in der Lokalzeitung reichte, um die Menschentraube vor der Pforte auf eine Größe anschwellen zu lassen, die der Pfarrer sonntags schon lange nicht mehr gesehen hat. Selbstgebastelter Weihnachtsschmuck, alte Nachttischlampen, geflochtene Wäschekörbe, selbst der "besetzt"-Drehknauf einer Toilette. Es ist nichts übrig geblieben. Das sind wohl die Entzugserscheinungen.