Fall Tennessee Eisenberg:"Es gibt mir zu denken"

Lesezeit: 1 Min.

Lange wurde geschwiegen. Doch nachdem neue Fragen im Fall des erschossenen Tennessee Eisenberg aufgetaucht sind, reagiert auch endlich die Politik.

M. Hägler

Nachdem ein zweites Gutachten im Fall Eisenberg vorliegt, hat die FDP politische Konsequenzen angekündigt. Die bayerische Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte der SZ, dass mit Blick auf die Ermittlungsarbeit nicht zur Tagesordnung übergangen werden könne.

Tennessee Eisenberg: Er starb im Kugelhagel. (Foto: Screenshot: www.tennessee-eisenberg.de)

Ein privates Gutachten, das im Auftrag der Familie erstellt wurde, zeigte auf, dass die tödlichen Polizeischüsse auf den Regensburger Musikstudenten Tennessee Eisenberg wohl erst zu einem Zeitpunkt fielen, als keine Notwehrsituation mehr gegeben war. Tennessee Eisenberg war am 30. April bei einem Polizeieinsatz erschossen worden. Die Beamten hatten offenbar in zwei Schussphasen 16 Mal auf ihn gefeuert. Auch diese Abfolge ist erst durch das Gutachten der Universität Münster ans Tageslicht gekommen.

"Es gibt mir sehr zu denken, dass es eines zweiten, privaten Gutachtens bedurfte, um diesen Vorfall zu klären", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Aufklärung sei eigentlich nicht Aufgabe der Angehörigen. Sie wolle jetzt mit dem Justiz- und dem Innenministerium gemeinsam den Fall nacharbeiten. "Es geht dabei um Fragen, wie sichert man künftig Beweise und wann sollten externe Spezialisten eingesetzt werden", sagte die FDP-Politikerin.

Sie betonte, im Fall Eisenberg seit vielen Wochen mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in Kontakt zu stehen. "Er legt wohl, genau wie ich, größten Wert auf eine Aufklärung", sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Allerdings könne und solle sich die Politik nicht in einzelne Justizangelegenheiten einmischen.

Die Staatsanwaltschaft Regensburg hatte angekündigt, das neue Gutachten sorgfältig zu prüfen und dann zu entscheiden, ob gegen die Polizeibeamten Anklage wegen Totschlags erhoben wird. Justizministerin Beate Merk (CSU) erklärte am Freitag, die Justiz nehme den Fall "sehr ernst". Deshalb habe die Staatsanwaltschaft das Privatgutachten auch abgewartet.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Susanna Tausendfreund, kündigte einen parlamentarischen Fragenkatalog an. Die Fraktion wolle zudem erreichen, dass der Staat die Kosten des zweiten Gutachtens übernimmt. "Das wäre schließlich Aufgabe der polizeilichen Ermittlungen gewesen", sagte Tausendfreund.

Sie kritisierte auch die anfängliche Ermittlungsarbeit, die ein Rechtsanwalt der Familie Eisenberg als "überraschend schnell" charakterisiert hatte. "Wenn schlampig ermittelt worden ist, muss jemand verantwortlich sein. Und dann muss das Konsequenzen haben."

Für die SPD sagte die Regensburger Landtagsabgeordnete Margit Wild: "Der Eindruck von überforderten Polizeibeamten hat sich bei mir verfestigt." Mögliche Defizite in Ausbildung und Training müssten im Landtag zur Sprache kommen.

© SZ vom 19.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: