EU macht Druck:Streit um Düngeregeln nimmt an Schärfe zu

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Gemeindetagschef Uwe Brandl übt scharfe Kritik an Ministerpräsident Söders laxem Kurs beim Trinkwasserschutz

Von Christian Sebald, München

Im Streit um schärfere Düngeregeln warnen die Bürgermeister und die Trinkwasserversorger Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eindringlich davor, den Landwirten Hoffnungen auf Zugeständnisse zu machen. "Natürlich ist es im existenznotwendigen Interesse der Bauern, für einen gerechten Lohn zu arbeiten", sagt der Abensberger Bürgermeister und Präsident des bayerischen Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU). "Aber die Bevölkerung erwartet, dass ihr Grundwasser nicht weiter belastet wird und auch unsere Enkel noch eine trinkbare Ressource vorfinden." Auch aus Sicht der Trinkwasserversorger führt kein Weg an schärferen Düngevorgaben vorbei. Denn in Bayern gebe es bereits zahlreiche Grundwasserströme, bei denen der Nitrat-Grenzwert von 50 Milligramm je Liter überschritten werde, sagt der Chef der Fernwasserversorgung Oberfranken und Vize-Vorsitzende des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW), Markus Rauh.

Die Pläne für schärfere Düngeregeln sind einer der zentralen Kritikpunkte auf den seit Wochen anhaltenden Bauerndemonstrationen. Der Präsident des bayerischen Bauernverbands (BBV), Walter Heidl, und Sebastian Dickow vom Landwirte-Netzwerk "Land schafft Verbindung" (LSV) lehnen sie kategorisch ab. Dabei haben sich Bund und Länder schon vor Jahren verpflichtet, die EU-Vorgaben für sauberes Grundwasser einzuhalten und dort, wo das nicht der Fall ist, mittels schärferer Vorgaben dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden. Letzteres haben Bund und Länder beharrlich ignoriert.

Für den Fall, dass sie nun nicht ernst machen und neue Regeln erlassen, droht die EU-Kommission jetzt mit empfindlichen Sanktionen. Denn auch wenn viele Landwirte und allen voran der Bauernverband es nicht akzeptieren wollen: Es ist hauptsächlich das Nitrat aus der Gülle und dem Kunstdünger, welches auch in Teilen Bayerns das Grundwasser belastet. Insidern zufolge haben die bayerischen Wasserversorger bereits 120 Trinkwasserbrunnen schließen müssen, weil das Grundwasser dort den Nitrat-Grenzwert überschreitet und keinerlei Aussicht auf Besserung besteht.

Dennoch äußerten Ministerpräsident Söder und Agrarministerin Michaela Kaniber (ebenfalls CSU) zuletzt großes Verständnis für die Bauern. Söder machte sich sogar die Forderung nach einem Moratorium für neue Düngeregeln zu eigen. Und Kaniber sagte am Dienstag: "Es kann nicht sein, dass ständig neue Forderungen, Sichtweisen und Zwischentöne aus Brüssel und Berlin bei den Ländern und vor allem den Landwirten für immer neue Verwirrung sorgen."

Für solche Worte hagelt es nun scharfe Kritik. "Deine Politik, lieber Markus, ist eingeschwenkt auf Klima- und Ressourcenschutz", heißt es in einem Brief von Gemeindetagschef Brandl an Söder. "Es kann nicht sein, dass Du Dir bei der wichtigsten, einmaligen und nicht erneuerbaren Ressource Grundwasser von den Traktoren so den Kopf verdrehen lässt, dass die CSU den Landwirten nicht mehr sagen mag: Ja, es ist wahr, ihr müsst eure Düngegaben in den Griff bekommen."

Auch die Trinkwasserversorger haben Söder angeschrieben. "Wir erwarten von der Staatsregierung, dass sie sich mit den dringenden Erfordernissen nach einer deutlichen Reduzierung des Nitrateintrags in die Böden und Gewässer auf sachlicher Grundlage auseinandersetzt und sich nicht von emotionalen und teilweise unsachlich vorgetragenen Statements bei Demonstrationen durch die Landwirtschaftslobby beeinflussen lässt", heißt es in dem Brief von VBEW-Chef Klaus Steiner und Verbandsvize Rauh.

Wie der BBV in dem Streit arbeitet, zeigt ebenfalls ein Brief. Er stammt vom unterfränkischen Bauernpräsidenten Stefan Köhler und ist an den VBEW gegangen. Es sei unerträglich, wie die Trinkwasserversorger gegen die Landwirtschaft argumentierten, heißt es darin zu einer Internet-Kampagne ihres Bundesverbands für sauberes Grundwasser. Sollte die Aktion nicht gestoppt werden, kündigt Köhler eine Blockade der Bauern beim Netzausbau an. Denn: "Wir lassen uns nicht weiter verunglimpfen und gleichzeitig sollen wir konstruktiv an umstrittenen Netzausbauprojekten mitarbeiten."

Derweil hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Dienstag in Berlin mitgeteilt, dass die EU-Kommission an ihrer Forderung nach schärferen Düngeregeln in Deutschland festhält und ihr außerdem die neuen Pläne von Bund und Ländern immer noch nicht weit genug gehen.

© SZ vom 29.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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