Studieren in Bayern:Uni Eichstätt: Mit dem Professor an der Supermarkt-Kasse

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Die ehemalige fürstbischöfliche Sommerresidenz beherbergt heute unter anderem die Hochschulleitung sowie die Universitätsverwaltung der Uni Eichstätt. (Foto: Johannes Simon)

Die Bedingungen an der Uni Eichstätt sind familiär, das Betreuungsverhältnis ist eng - längst nicht nur für katholische Theologen.

Von Martin Moser

Wenn die Regionalbahn an der Haltestelle "Eichstätt Bahnhof" bremst, kommen die ersten Zweifel: Hier soll es eine Uni geben? Dann ein großer Schritt auf den Bahnsteig. Gegenüber türmt sich eine Felswand auf, dazu viel Gebüsch und ein Bahnhofshäuschen, von dem der Putz bröckelt. Hunderte Studenten kommen jedes Jahr an dieser Station mitten in der Wildnis an, wenn sie zum Semesterbeginn wieder an ihre Uni nach Eichstätt fahren.

Von der Haltestelle der Regionalbahnen geht es mit einem kleineren Zug noch ein Stück weiter: ein Tal entlang, in dem die Altmühl gemächlich vor sich hin fließt. Die Strecke führt vorbei an der örtlichen Brauerei und der Willibaldsburg, bis schließlich die vielen Kirchtürme und die barocken Häuser der Stadt auftauchen. Hier liegt der Campus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). 5426 Studierende waren zum vergangenen Wintersemester hier eingeschrieben, die höchste Zahl seit der Gründung im Jahr 1980. Und trotzdem bleibt die KU damit die kleinste Universität in Bayern.

Dabei bietet die KU immerhin 18 Bachelor-und 15 Masterstudiengänge an und ist außerdem die einzige katholische Universität im deutschsprachigen Raum. "Ach, bei Ihnen kann man mehr als Theologie studieren?" So beschreibt Uni-Sprecher Constantin Schulte Strathaus die Standardfrage bei Infoveranstaltungen. Man kann. Das Studienangebot hat einen starken geisteswissenschaftlichen Schwerpunkt. Medizin, Jura oder klassische Ingenieurswissenschaften sucht man dagegen vergeblich.

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:Klein und fein

Wer eine Universität mit familiärem Charakter sucht, ist in Eichstätt gut aufgehoben: Im letzten Wintersemester waren 5426 Studierende eingeschrieben. Ein Rundgang.

Regelmäßig gut bewertet werden die Studiengänge der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WFI) in Ingolstadt, dem zweiten Standort der KU. Das Ranking des Centrums für Hochschulentwicklung bescheinigt etwa, das Studium an der WFI bereite hervorragend auf eine wirtschaftliche wie wissenschaftliche Karriere vor. Gelobt wird auch der Bachelor-Studiengang Geographie am Standort Eichstätt, weil man sich hier beispielsweise auf die Schwerpunkte "Freizeit, Tourismus und Umwelt", "Physische Geographie" sowie "Allgemeine Geographie" spezialisieren kann. Zudem gebe es viele Exkursionen und eine gute technische Ausstattung.

Eine weitere Besonderheit der Eichstätter Uni ist der Bachelor in Journalistik. Zum einen gibt es das Fach als solches nur an einer Handvoll anderer Universitäten in Deutschland. Zum anderen ist der Studiengang sehr praxisorientiert: Es gibt ein eigenes Fernsehstudio, ein Ausbildungszentrum für crossmedialen Journalismus und ein Hörfunkstudio, aus dem die Studierenden ihr eigenes Radioprogramm senden.

Mit der Bologna-Reform sind auch an der KU viele sehr spezifische Studiengänge entstanden, die aber den klassischen Fächerkanon nicht mehr abdecken. Dem will die Uni nun ihren flexiblen Bachelorstudiengang entgegensetzen, der ähnlich wie die alten Magisterstudiengänge funktioniert: Studierende sind nicht mehr auf ein einzelnes Fach festgelegt, sondern können sich aus fast 30 Studiengängen ein Haupt- sowie ein oder mehrere Nebenfächer auswählen und darin einen Bachelor und später einen Masterabschluss machen.

Längst interessieren sich nicht mehr nur Studenten aus dem deutschsprachigen Raum für die Uni in Eichstätt. Zum vergangenen Wintersemester waren 484 Ausländer eingeschrieben. "Wegen unserer Studienbedingungen sind wir ein attraktiver Partner für Unis aus dem Ausland", sagt Uni-Sprecher Schulte Strathaus. Die Studienkosten seien etwa im Vergleich zu den USA sehr gering, Vorlesungen und Seminare dagegen selten überfüllt. Manch einer attestiert der KU sogar amerikanische Verhältnisse, wenn es um die Betreuung der Studenten geht: Etwa 120 Professoren und gut 200 wissenschaftliche Mitarbeiter hat die Universität. Dazu kommen noch einige Dozenten aus der Praxis.

An anderen Unis muss man sich um ein paar Minuten in der Sprechstunde seines Professors fast prügeln. Nicht so in Eichstätt: Da läuft einem der Professor sowieso ständig über den Weg - oder man trifft ihn zufällig beim Einkaufen. "Sie sind bei uns keine Nummer", sagt Schulte Strathaus. Der Kontakt zwischen Studierenden und Uni-Mitarbeitern sei sehr eng. Was auch dazu beitrage, dass die meisten ihr Studium in der vorgesehenen Zeit abschließen.

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:Heimatgefühle im Wohnzimmer

Dass die Uni Eichstätt eine katholische Hochschule ist, spielt im Alltag der Studenten keine Rolle. Sie interessieren ganz andere Dinge.

Mit Schwerpunkten wie der Lehrerbildung, der katholischen Theologie oder den Wirtschaftswissenschaften ist es für die Universität allerdings nicht leicht, sich große Finanzquellen für die Forschung zu erschließen. Die KU ist zudem kein Vollmitglied der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Ihr fehlt es an Fördergeldern, sie hat bayernweit den geringsten Etat für die Forschung.

Ob das viele Studierende stört, ist aber eine andere Frage. Viel praktischer ist es, dass man etwa in der Bibliothek sein Buch innerhalb von 30 Minuten bekommt - und nicht tagelang auf eine Magazinbestellung warten muss. Oder dass man in einer Stadt studiert, in der andere Urlaub machen. Im Sommer sitzt man vor der Cafeteria auf der Bierbank, liest im Hofgarten oder liegt am Ufer der Altmühl.

Spätestens nach dem ersten Semester kann man fast nicht mehr auf die Straße gehen, ohne auf Kommilitonen zu treffen, denn fast jeder dritte Einwohner in Eichstätt ist Student. Wem die Stadt zu eng wird, der kann sich ja ins Ausland aufmachen oder mit der kleinen Bahn durchs Altmühltal zurückfahren - und dann zumindest für ein paar Stunden etwas Großstadtluft schnuppern.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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