Kratzers Wortschatz:Auch in Bayern gibt es Hieroglyphen

Lesezeit: 1 min

Verbreitet jemand seine schriftlichen Äußerungen in Form einer Sauklaue, ist also seine Handschrift schwer oder gleich gar nicht lesbar, so sagt die Leserschaft zu Recht: "Deine Hieroglyphen sind ja nicht zu entziffern."

Von Hans Kratzer

Hieroglyphen

Im Jahre 1822 gelang dem französischen Gelehrten Jean-François Champollion die von vielen ersehnte Entzifferung der Hieroglyphen. Vor wenigen Wochen jährte sich dieses glückliche Ereignis zum 200. Mal. Unter dem Begriff Hieroglyphen versteht man die Zeichen des ältesten bekannten ägyptischen Schriftsystems, das mehr als 3500 Jahre lang im alten Ägypten und in Nubien benutzt wurde. Kaum zu glauben ist, dass die Hieroglyphen auch in unsere Sprache Eingang gefunden haben, wenn auch nur im scherzhaften Sinne. Verbreitet jemand seine schriftlichen Äußerungen im Stile einer Sauklaue, ist also seine Handschrift schwer oder gleich gar nicht lesbar, so sagt der ratlose Leser zu Recht: "Also wirklich, deine Hieroglyphen sind ja nicht zu entziffern." Auch im Wortschatz des Bairischen haben die Hieroglyphen ihren festen Platz. Allerdings sagen Dialektsprecher hierzulande nicht Hieroglüfen, wie es die Norm der gelehrten Aussprache gebietet, sondern Hierogliefen - ein bissl extrig will man da schon sein.

Welschnuss

Den Römern haben wir einiges zu verdanken. Unter anderem brachten sie einst die Walnuss aus Gallien in das heutige Bayern. Hier kommt nun das Universalwort welsch ins Spiel, das vor allem früher für alles Romanische verwendet wurde. Wenn einer undeutlich oder unverständlich sprach, dann hieß es, er spreche welsch, was auch galt, wenn die Person Französisch oder Italienisch sprach. Da die Walnuss aus dem romanischen Raum kommt, ist sie logischerweise eine welsche Frucht und heißt im Bairischen folglich Welschnuss, gesprochen Woischnuss. Im Plural heißen sie nicht Welschnüsse, sondern Woischnussn. Der Walnussbaum ist folglich der Welschnuss- oder Walchnussbaum. Zu den vielen geografischen Namen, die mit welsch zusammenhängen, gehören der Walchensee und der Aichacher Ortsteil Walchshofen. Namen, die vermutlich in der römischen Besatzungszeit entstanden sind.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: