CSU:Ferienzeit ist Joachim-Herrmann-Zeit

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Die Kritik an seinem Kommunikationsverhalten hat ihn getroffen: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). (Foto: dpa)

Bayerns Innenminister meldet sich am liebsten dann zu Wort, wenn sonst wenig los ist. Ganz geschickt - aber nicht immer gelungen.

Von Daniela Kuhr, München

Nanu, was ist denn auf einmal mit Joachim Herrmann los? So oft wie in den vergangenen Tagen hat sich Bayerns Innenminister schon lang nicht mehr zu Wort gemeldet. Erst macht er sich für mehr Sicherheit in Bussen und Bahnen stark, dann fordert er ein EU-Einreiseregister, stellt die Kriminalstatistik vor, weist auf ein erhöhtes Anschlagsrisiko in Bayern hin und spricht sich gegen eine komplette Visafreiheit für Türken aus - und das alles in der Osterpause. Doch da zeigt sich mal wieder: Ferienzeit ist Joachim-Herrmann-Zeit - diesen Ruf hat sich der CSU-Politiker in den vergangenen Jahren redlich erarbeitet.

Langjährige Beobachter sprechen von einer Masche: Wann immer es etwas ruhiger zugehe und weder Landtag noch Kabinett tagten, nutze Herrmann die Gelegenheit, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, heißt es. In den vergangenen Tagen ist ihm das wiederholt gelungen, fast täglich stand er in der Zeitung.

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Am Dienstag schaffte Herrmann es sogar nicht nur in die Schlagzeilen, sondern bis in die Fernsehnachrichten - allerdings mit einer Meldung, die ihm gar nicht gefallen hat. Man warf ihm vor, er habe Staatsanwaltschaft und Polizei verärgert, als er in der Bild-Zeitung exklusiv ein neues Detail der Ermittlungen zum Zugunglück in Bad Aibling veröffentlichte: nämlich dass der Fahrdienstleiter, der die beiden Züge versehentlich gleichzeitig auf den eingleisigen Streckenabschnitt gelassen hatte, darüberhinaus beim Absetzen des ersten Notrufes eine falsche Taste gedrückt hat.

Diverse Medien warfen Herrmann daraufhin Geltungssucht vor, und zwar auf Kosten des Fahrdienstleiters. Dass das den Innenminister hart getroffen hat, wurde nur einen Tag später überdeutlich: Schon länger hatte Herrmann zu einem Pressegespräch samt Weißwurst-Frühstück ins Ministerium eingeladen. Es sollte um alles gehen, was zurzeit ansteht. Und so spricht Herrmann am Mittwoch denn auch über sämtliche Themen ganz offen - nur über eines nicht: Bad Aibling. "Dazu sage ich offiziell gar nichts mehr", ist alles, was sich der Minister entlocken lässt.

Herrmann fühlt sich ungerecht behandelt

Es ist nicht zu übersehen: Herrmann fühlt sich ungerecht behandelt - und womöglich hat er sogar recht. Ein Anruf bei der Staatsanwaltschaft Traunstein jedenfalls ergibt: "Wir sind überhaupt nicht verärgert", sagt Oberstaatsanwalt Volker Ziegler. Der Minister habe ja auch gar nichts Falsches gesagt. Aber warum hat denn dann die Staatsanwaltschaft am Dienstag, unmittelbar nach Erscheinen des Interviews, selbst eine Pressemitteilung herausgegeben, in der sie betonte, die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen? Das habe nur einen einzigen Grund, sagt Ziegler: "Wir bekamen nach dem Interview so viele Presseanfragen, dass wir beschlossen haben, zu reagieren." Auf keinen Fall habe man den Minister damit korrigieren wollen.

Man kann sich natürlich dennoch fragen, ob es guter Stil ist, dass ein Innenminister ein Ermittlungsergebnis - und sei es auch nur so ein winziges Detail wie das Drücken einer falschen Notruf-Taste - per Interview in einer Zeitung mitteilt. Doch geplant war das Ganze offenbar nicht. Eigentlich hatte sich das Interview nur um Fußball und Sicherheit drehen sollen. Erst ganz am Ende fragte der Journalist fast beiläufig, wie eigentlich der Stand der Dinge in Bad Aibling sei - und da hat Herrmann eben geantwortet.

Am Mittwoch beim Pressefrühstück antwortet der Innenminister auf entsprechende Fragen nicht mehr. Er hat dazugelernt. Stattdessen spricht er lieber ausführlich über die innere Sicherheit in Deutschland und darüber, warum er eine volle Visafreiheit für Türken ablehnt: Damit wären in Deutschland Konflikte zwischen Kurden und Türken, wie jüngst in Aschaffenburg, programmiert, meint er - und stellt zugleich klar: "Mit der aktuellen Flüchtlingsproblematik hat das gar nichts zu tun."

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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