CSU: Die Wandlung des Markus S.:Joschka Söder

Lesezeit: 2 min

Geprägt wurde Bayerns Umweltminister Söder vom CSU-Übervater Franz Josef Strauß. Doch jetzt orientiert er sich an Joschka Fischer. Sogar die Naturfreunde zollen ihm dafür Respekt.

Olaf Przybilla

Das wusste man von Markus Söder, damit hat er nie hinterm Berg gehalten. Wenn es einen Menschen gab, der den Jungen aus Nürnberg geprägt hat wie kaum ein anderer, dann war das Franz Josef Strauß. 16 Jahre alt war Söder, und während die Klassenkameraden damals Bilder von wilden Männern mit Stromgitarren in ihre Zimmer pinnten, blickten Besucherinnen beim jungen Söder auf ein Poster von Strauß. Nachhaltig irritiert habe das manch junge Besucherin, hat Söder einmal erzählt.

Markus Söder, geprägt durch Franz Josef Strauß, orientiert sich nun eher an Joschka Fischer. (Foto: dpa)

Dass Söder die Biographie von Strauß auf Tipps und Tricks für die eigene politische Lebensgestaltung abklopfte, wird nicht verwundern. Was Söder nun aber in Nürnberg preisgegeben hat, auf der Jahresversammlung des örtlichen Bunds Naturschutz (BN), lässt erahnen, wie fundamental die inneren Veränderungen sein müssen, denen sich Bayerns Umweltminister gerade ausgesetzt sieht.

Er studiert nun nicht mehr Strauß. Söder studiert jetzt Joschka Fischer, jenen Mann, dessen Namensnennung einst genügte, um bei ihm Schnappatmung auszulösen - damals, als er noch Generalsekretär der CSU war.

Das ist Söder nun nicht mehr, dafür ist er seit kurzem Mitglied beim Bund Naturschutz, was in Nürnberg bei besagter Versammlung zu gewöhnungsbedürftigen Szenen führt. Vor allem dann, wenn die eher zurückhaltenden Fragesteller ihr neues Mitglied, das sich da gerade vorstellt, mit "Sie" ansprechen. Während der Neue längst zum kollektiven "Du" übergegangen ist: "Ich stehe Euch noch für Fragen zur Verfügung", sagt Söder, und an anderer Stelle: "Das glauben jetzt vielleicht nur Teile von Euch."

In dieser zumindest einseitig vertraulichen Atmosphäre gibt der Minister auch die Lektüre preis, die ihn umtreibt: Fischers Biographie und dort jene Passage, in der der Autor beschreibt, wie ihn Bilder aus Srebrenica bewogen hätten, etwas unbedingt durchzusetzen, auch gegen die eigene Partei. Er wolle Japan nicht mit Jugoslawien vergleichen, sagt Söder, die Bilder aus Fukushima aber "haben alles verändert, auch bei mir".

Große Zustimmung

Ungefähr an der Stelle nimmt der Abend eine erstaunliche Wende. Wer die Naturschützer beobachtet, zu Beginn der Rede des neuen Mitglieds, der sieht Menschen mit skeptischer Miene. Als Söder das Podium betritt, ist die Zahl derer, die Enthusiasmus zeigen, übersichtlich. Applaus bekommt der Neue erstmals nach zwölf Minuten.

Selbst als Söder sich als Schutzmacht der Donau vorstellt, als Kämpfer für genfreies Gemüse, als Beschützer von Bären und Bibern, geben sich die Leute von der BN-Kreisgruppe zurückhaltend. Am Ende aber, nach der Fragerunde, erntet Söder große Zustimmung. "Respekt", sagt Nürnbergs BN-Chef Günter Raß, "was Sie hier gerade gesagt haben, nehmen wir ins Protokoll auf."

Der offenkundig völlig verblüffte Raß meint da nicht den Schwenk Söders von Strauß zu Fischer. Raß meint die Ankündigung Söders, sein Ministerium werde die geplante Anbindung des Nürnberger Flughafens an die A3 samt Untertunnelung des Rollfelds und Durchtrennung des Bannwalds "nochmal ganz neu untersuchen, nach möglichen Alternativen". Versprechen könne er, Söder, nichts, nachdenken aber müsse erlaubt sein.

Die Trasse durch den Wald ist das umstrittenste Großprojekt Nürnbergs. Seit Jahrzehnten kämpfen die Naturschützer erbittert dagegen, nicht zuletzt gegen den unumstößlichen Willen der CSU. Deren Chef in Nürnberg heißt Söder. Dem aber, das ahnen die Naturschützer seit Mittwochabend, ist momentan fast alles zuzutrauen.

© SZ vom 15.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: