CSU:Die Verwandlung des Markus Söder

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Den Scharfmacher hat Markus Söder schon oft gegeben, nun inszeniert er sich als Ministerpräsident für alle. (Foto: dpa)

Bisher schon legte der CSU-Politiker mit jedem neuen Amt auch Ansichten wie Kostüme ab. Sein Grundsatzprogramm verspricht allen alles - aber das allein wird die Wähler nicht überzeugen.

Kommentar von Christian Krügel

Markus Söder verkleidet sich gerne. Ganz besonders für die Fränkische Fastnacht in Veitshöchheim, ein Hochamt für Narren in Franken: Dort trat er schon als Marilyn Monroe, Shrek und schnorrender Punk auf. Stundenlang saß er auch in der Maske, um sich in Edmund Stoiber verwandeln zu lassen. Das war die passendste Verkleidung. Markus Söder ist ein Meister der politischen Maskerade. Bisher schon legte er mit jedem neuen Amt auch Ansichten wie Kostüme ab und an. Der Grünen-fressende CSU-Generalsekretär Söder wurde zum ökologisch-bewussten Umweltminister, der scharfe Europakritiker zum engagierten Europaminister.

In diesen Tagen erlebt Bayern nun Söders gewagtesten Auftritt, seine Verwandlung vom scharfen Polarisierer zum umsichtigen Ministerpräsidenten für wirklich alle. Sein Grundsatzprogramm, das er am Donnerstag der CSU-Landtagsfraktion vorstellte, bedient jeden, den die CSU irgendwann vergrault haben könnte: den rechten AfD-Protestwähler ebenso wie den kirchlich, sozial oder ökologisch engagierten Konservativen.

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In seiner Amtszeit will der designierte Ministerpräsident vor allem auf das Thema Sicherheit setzen. In der CSU trifft sein Zehn-Punkte-Plan auf Zustimmung.

Von Wolfgang Wittl, Bad Staffelstein

Viele seiner Pläne sind Maskerade reinster Söder'scher Prägung, etwa der Plan, eine Art "Bayern-Bamf" einzuführen, ein Landesamt für Asyl und Abschiebung. Die deutsche Flüchtlingspolitik braucht vieles, aber gewiss nicht noch mehr Bürokratie. Dasselbe gilt für die Alten- und Krankenpflege, für die Söder auch eine neue Behörde schaffen möchte: Ein Beamter mehr bettet gewiss nicht mehr pflegebedürftige Senioren im Altersheim um.

Dieses Grundsatzprogramm enthält aber auch viel Richtiges und zeugt von Söders zweiter großer Stärke: seinem politischen Instinkt. Das gilt nicht nur für die sinnvolle Idee, die Amtszeit des Ministerpräsidenten auf zehn Jahre zu begrenzen (die den Söder-Gegnern in Partei und Land immerhin die Aussicht gibt, ihn 2028 wieder los zu sein). Es ist richtig, sich auf Themen wie Wohnungsbau, Verkehr, Pflege zu konzentrieren und damit die oft schon manische Fixierung der CSU auf Flüchtlingspolitik und Überfremdungsangst zu lösen.

Söder räumt damit allerdings auch ein, dass seine Partei aus diesem Freistaat keinesfalls das "Paradies Bayern" geschaffen hat, das Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer gerne besingt. Bayern geht es besser als allen anderen Bundesländern, keine Frage. Die Wirtschaft floriert, in weiten Teilen des Landes herrscht Vollbeschäftigung, noch nie war die Staatskasse so gut gefüllt. Dem gegenüber steht aber das Gefühl von immer mehr Bürgern, in diesem Super-Power-Bayern nicht mehr mithalten zu können.

Angst ist bei vielen inzwischen ein Alltagsgefühl. In den Städten ist es die Angst davor, sich die Miete für die Wohnung, den Kredit für die absurd teure Immobilie, die Kosten für das Pflegeheim nicht mehr leisten zu können. Auf dem Land ist es die Sorge, noch mehr abgehängt zu werden, noch weitere Wege zur Arbeit zu haben, noch mehr junge Menschen an die Städte zu verlieren und noch mehr Flüchtlinge integrieren zu müssen.

Der große Vereinfacher Söder muss Antworten liefern

Bayern ächzt unter der Last seines Erfolgs. Die Staatsregierung, Finanzminister Markus Söder allen voran, hatte darauf bislang vor allem eine Antwort - Geld. Wo immer ein Problem auftauchte, wurde es mit der Staatskasse gelöst. Viele Investitionen waren dabei richtig, etwa die Gründung von neuen Hochschulen oder der Bau eines zweiten S-Bahn-Tunnels in München.

Vieles folgte aber keinem anderen Plan, als der CSU einfach Ärger vom Hals zu halten. Etwa in der Verkehrspolitik, die lange Zeit nur aus dem Bau neuer Umgehungsstraßen und Autobahnspuren bestand. Ein Konzept für eine intelligente Verkehrswende in Bayerns Städten fehlt bis heute - jetzt verspricht Söder einen "ÖPNV-Plan 2050". Er selbst betrieb als Finanzminister den Verkauf Tausender GBW-Wohnungen, die der Landesbank gehörten - jetzt verspricht er die Gründung einer staatlichen "Bayernheim", die bis 2020 zumindest 2000 Wohnungen bauen soll. Und er verspricht vor allem wieder Geld, für nahezu alles und jedes.

Das allein wird die Wähler nicht überzeugen, wenn Söder nicht auch Antworten auf diese Fragen hat: Wie kann Wohnen in den Städten wieder erschwinglich werden? Wie kann man das Leben auf dem Land attraktiv halten? Wie kann man den Menschen ein wenig Leistungsdruck nehmen? Der Freistaat braucht differenzierte Pläne für seine Probleme, und ausgerechnet der große Vereinfacher Söder muss sie liefern. Wenn er das nicht schafft, bleibt seine Politik nur teurer Mummenschanz.

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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