Oberbayern:Die Chancen der Krise

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In Fuchstal ist man mehr als zehn Jahre mit einer Toilettenpapier-Bestellung ausgekommen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das hätte nun wirklich niemand gedacht, dass ausgerechnet das Klopapier einmal Gegenstand von soviel Begehrlichkeiten sein würde. Hätte man das in der Gemeinde Fuchstal nur früher geahnt.

Kolumne von Matthias Köpf

Man solle eine Krise als Chance begreifen, raten Menschen, die für derlei Weisheiten - je nach Eindringlichkeit des Vortrags - manchmal erhebliche Honorare einstreichen. Auch in der Corona-Krise sind schon Chancen erkannt worden, und vielleicht birgt sie ja wirklich welche. Womöglich sogar für die Gemeinde Fuchstal im Landkreis Landsberg. Deren Chance könnte zum Beispiel darin liegen, dass sie sich komplett selbst mit regenerativem Strom versorgt. Oder dass es sich in allen drei Ortsteilen Leeder, Asch und Seestall besonders gut daheim bleiben lässt, weil sich dort eh schon immer ein gewisses anderes Tier und der Hase gute Nacht sagen. Die wohl größte Chance aber ist schon verstrichen.

Denn erst vor gut einem Jahr hat die Fuchstaler Verwaltung neues und übrigens mehrlagiges, weißes Toilettenpapier für die gemeindlichen Einrichtungen bestellt, also etwa fürs Rathaus, die Feuerwehr, die Schule und natürlich für die Fuchstalhalle. Es ist anzunehmen, dass diese Bestellung einigermaßen bedarfsgerecht war, und genau darin liegt die vertane Chance. Denn bei der vorherigen Bestellung im Jahr 2006 hatte ein Rathausmitarbeiter in viel größerem Stil geordert. Ein ganzer Sattelschlepper war damals vorgefahren, und nachdem der Gabelstapler palettenweise Klopapier abgeladen hatte, war es nicht mehr allzu lang gelungen, die Sache vor Bürgermeister Erwin Karg zu verbergen.

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Denn dem quollen die Rollen bald aus allen Schüben und Schränken im Rathaus, im Feuerwehrhaus, in der Schule und natürlich in der Fuchstalhalle entgegen. Nahezu 13 Jahre hat das Papier gereicht, und die Gemeinde hat so einiges Geld gespart. Denn erstens war das Papier en gros sowieso billiger, zweitens zogen kurz darauf die Papierpreise an, und drittens brachten viele potenzielle Nutzer lieber auf eigene Kosten eigenes Klopapier mit, weil ihnen das einlagige, graue zu unflauschig war.

Hätten sie doch letztes Jahr eine ähnliche Bestellung aufgegeben oder - noch besser - 2006 den zweiten Laster nicht gestoppt! Dann wäre Fuchstal jetzt für weitere zwölf Jahre versorgt. Nur bräuchten sie zur Bewachung der Vorräte wohl einen Sicherheitsdienst. Denn überall anders wäre selbst das einlagige Graue, gelangte es denn noch irgendwo in den Handel, bis aufs letzte Blatt vergriffen.

© SZ vom 23.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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