Gesundheitswesen:Petition für vergessene "Helden der Corona-Krise"

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Klinikpersonal wie beispielsweise Reinigungskräfte haben nichts vom bayerischen Corona-Bonus in Höhe von bis zu 500 Euro gesehen. (Foto: Verdi)

Klinikpersonal wie Reinigungskräfte und Haustechniker wurden beim Corona-Bonus nicht bedacht. In einer Petition fordern sie aber nicht nur eine materielle Anerkennung ihrer Leistungen.

Von Dietrich Mittler, München

Längst ist der Applaus für die "Helden der Corona-Krise" leiser geworden. Etliche wurden bei diesen Ovationen sogar vergessen, wie etwa jene Reinigungskräfte in den Kliniken, die tagtäglich infektiöses Material zu beseitigen haben. Sie haben auch nichts vom bayerischen Corona-Bonus in Höhe von bis zu 500 Euro gesehen, mit denen in Bayern immerhin auch die Pflegekräfte der Kliniken bedacht werden. Nach Ansicht der Gewerkschaft Verdi ist es höchste Zeit, dass der Freistaat hierbei umdenkt - auch, was die Arbeitsbedingungen der Klinikmitarbeiter in Corona-Zeiten betrifft. Die Staatsregierung, direkt zuständig für Bayerns Universitätskliniken, solle "ein Zeichen setzen", fordert Robert Hinke, Verdi-Landesfachbereichsleiter für Gesundheit und Soziales. Am Donnerstag wurde zur Unterstützung dieser Forderung im Landtag eine von 10 000 Personen unterzeichnete Petition überreicht.

Nelli Nentschuk, seit 19 Jahren Reinigungskraft im Universitätsklinikum Regensburg, spricht als freigestellte Personalrätin aus, was viele der Klinikmitarbeiterinnen und -mitarbeiter denken, die weder mit einer Prämie noch mit Dankesworten bedacht wurden. "Wir Reinigungskräfte haben unseren Anteil daran, dass es gelungen ist, die Lungenkrankheit Covid-19 einzudämmen", sagt sie. Die Arbeit in Schutzkleidung sei belastend für alle, die in den Räumen tätig seien, in denen Covid-19-Patienten versorgt werden. "Einige von ihnen haben Kopfschmerzen, weil die Masken die Atmung erschweren", sagt sie. Es sei ungerecht, nicht mit einer Corona-Prämie bedacht zu werden, sagt Nelli Nentschuk. Und das gelte bei Weitem nicht nur für die Reinigungskräfte, sondern auch für andere Klinikmitarbeiter.

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Rudolf Schreier, Haustechniker im Deutschen Herzzentrum München, würde das sofort unterschreiben. Er war mit dabei, als die Stationen für die Aufnahme von Covid-19-Patienten eingerichtet wurden, hat Lüftungsanlagen umgebaut und vieles weitere mehr. Aber auch die Physiotherapeutinnen und -therapeuten im Haus gehen beim Corona-Bonus der Staatsregierung leer aus. "Wir sind genauso an den Patienten dran wie die Pflegekräfte", heißt es ihrerseits. Vom Bonus ausgeschlossen zu werden, das sei nicht in Ordnung.

"In unserer Petition geht es aber nicht nur allein um eine materielle Anerkennung der außerordentlichen Leistungen der Beschäftigten", betont Verdi-Mann Hinke. Auch hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Patientenversorgung gelte es Konsequenzen zu ziehen. "Eine zweite Pandemie-Welle ist für den Spätherbst, spätestens für die Winterzeit zu befürchten", sagt er. Kaum jemand mache sich eine Vorstellung davon, wie hart die Arbeit unter "Vollschutz" für die Beschäftigten sei - also in luftundurchlässiger Schutzkleidung und mit einem mehrlagigen, dicht anliegenden Mund-Nasen-Schutz.

"Es nutzt niemandem, wenn Ärzte und Pflegekräfte selbst erkranken oder vor Erschöpfung ausfallen", gibt Hinke zu bedenken. Für ihn steht fest: "Die Berufe des Gesundheitswesens sind generell aufzuwerten." Augenblicklich aber würden auch in den Universitätskliniken die Mitarbeiter über die Maßen belastet - schon allein dadurch, dass bei den Pflegekräften die gesetzlich verpflichtenden Personal-Untergrenzen coronabedingt ausgesetzt seien. "Dabei werden diese Untergrenzen bereits für den Normalbetrieb als viel zu niedrig kritisiert", sagt Kathrin Weidenfelder, bei Verdi Bayern die Fachsekretärin für den Krankenhausbereich.

Um diese Untergrenzen wieder außer Kraft zu setzen, dazu müsse die Staatsregierung nicht erst auf Entscheidungen aus Berlin warten, erklärt Weidenfelder. Auch sei es unbedingt erforderlich, für Pflegekräfte, die unter Vollschutz Covid-19-Patienten versorgen, zusätzliche bezahlte Pausen einzurichten. Unterstützung erhält die Petition von der Landtagsopposition. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Arnold erklärt auf Nachfrage: "Die Forderungen sind mehr als gerechtfertigt." Strukturelle Verbesserungen im Klinikbereich seien dringend notwendig. "Dem Applaus müssen nun nachhaltige Taten folgen", betont Arnold.

© SZ vom 10.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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