Unruhe bei Brose:Warum beim einstigen Vorzeige-Unternehmen der Haussegen schief hängt

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Bei Brose in Coburg hängt der Haussegen schief. Mitarbeiter wünschen sich die Zeiten zurück, als der Umgang zwischen Geschäftsführung und Angestellten noch persönlicher war. Die undatierte Aufnahme zeigt eine Büste von Max Brose, den Firmengründer des Autozulieferers. (Foto: Brose/dpa)

Der Autozulieferer Brose hat Probleme mit der Rendite und schafft sich mit einer Pressemitteilung gleich noch ein weiteres. Darin ist von mangelnder Motivation der Mitarbeiter die Rede.

Von Max Weinhold, Coburg

Der fränkische Autozulieferer Brose hat Probleme mit der Rendite und der Mitarbeiterzufriedenheit. Das kann man einer Pressemitteilung vom vergangenen Freitag entnehmen, die genauso überschrieben ist: "Probleme mit Rendite und Mitarbeiterzufriedenheit." Allerdings sind dies nicht die einzigen Probleme: Mit der Mitteilung hat sich Brose gleich das nächste geschaffen.

Eigentlich geht es darin primär um die "ungenügenden" Geschäftszahlen, die Gesellschafter und Beirat des Unternehmens monieren. Wegen Renditen auf "absolut unbefriedigendem Niveau" habe das Unternehmen erstmals Bankkredite aufnehmen müssen - "in beachtlichem Ausmaß". Die deutschen Standorte machten seit vier Jahren Minusgeschäfte. All das: wenig missverständlich.

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Für Unverständnis - oder, wie es nun aus der Chefetage heißt: ein Missverständnis - sorgt ein anderer Teil der Mitteilung: Die Motivation der weltweit mehr als 31 000 Mitarbeiter an 69 Standorten in 25 Ländern bereite Sorgen. Was sich ein wenig liest wie: Die Angestellten haben keinen Bock. Manche Medien veranlasste das zu Überschriften wie dieser: "Autozulieferer Brose zählt eigene Mitarbeiter schroff an."

Die Meinungen, ob eben dies intendiert war oder nicht, gehen auseinander. Aber, sagt Nicole Ehrsam, Bevollmächtigte der IG Metall in Coburg, wo Brose seinen Hauptsitz hat: "Wenn ich mich in die Situation der Arbeitnehmer hineinversetze, würde meine Motivation durch so eine Formulierung nicht gesteigert." Auch der Betriebsrat übte intern Kritik, sprach von einem "Imageschaden" für das Unternehmen und rügte die Art der Kommunikation sowie den Inhalt: Nicht die Motivation der Mitarbeiter sei das Problem, sondern Fehler der Geschäftsführung.

Hauptgesellschafter Michael Stoschek und Geschäftsführer Ulrich Schrickel reagierten am Montag mit einer firmeninternen Mitteilung. Darin ist von einem "bedauerlichen Missverständnis" die Rede. "Mit der Offenheit in der Darstellung unserer Probleme wollten wir innerhalb wie außerhalb der Firma Vertrauen bilden." Man bedauere die Darstellung einzelner Medien, man würde seinen Mitarbeitern mangelnde Motivation vorwerfen und ihnen die Schuld an der schlechten Rendite geben. Das Gegenteil sei der Fall, die Unternehmensführung sei dankbar für offene Kritik.

Dass es um das Unternehmensklima besser stehen könnte, hatte eine Mitarbeiterbefragung aus dem vergangenen Jahr offenbart. Bemerkbar mache sich das, so teilte Brose selbst mit, durch außerordentlich hohe Fluktuation: "Viele Beschäftigte wünschen sich zu Recht wieder die persönliche, unbürokratische und pragmatische Arbeitsweise eines Familienunternehmens." "Den Mitarbeitern fehlt es an Wertschätzung", sagt auch Nicole Ehrsam.

Immerhin, die neuerliche Brose-Mitteilung vom Montag, eine Art Kommunikationskurs-Korrektur, endet mit dem Versprechen, "alles Mögliche zu unternehmen, damit unsere Beschäftigten weltweit zufrieden sind mit ihrer Tätigkeit, ihrer Führung und ihrer Entlohnung". Eine unmissverständliche Ankündigung.

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