Coronavirus in Bayreuth:Hoch ansteckende Mutante in Klinikum

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Ein Fernfahrer, der in England unterwegs war, könnte den Ausbruch ausgelöst haben: Bei insgesamt 13 Mitarbeitern und Patienten des Großklinikums in der oberfränkischen Hauptstadt besteht der Verdacht, dass sie sich mit der sogenannten UK-Variante des Coronavirus angesteckt haben. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Im Krankenhaus gibt es mehrere Verdachtsfälle auf die englische Variante des Coronavirus: Mitarbeiter müssen in Pendelquarantäne, Operationen werden verschoben, Patienten verlegt und die Nachverfolgung verstärkt.

Von Olaf Przybilla, Bayreuth, und Kassian Stroh, Bayreuth

Am Klinikum Bayreuth werden nur noch Notfallpatienten aufgenommen. Es bestehe der konkrete Verdacht, dass sich die aus England stammende Variante des Coronavirus in dem oberfränkischen Großkrankenhaus ausgebreitet hat, erklärte der Sprecher der Klinik, Frank Schmälzle. Ihm zufolge wurden an 30 infrage kommenden Proben elfmal der Verdacht auf die hoch ansteckende Mutante festgestellt. Soweit dies möglich ist, wurde das Klinikum nun abgeriegelt.

Insgesamt 3300 Beschäftigte befinden sich seit Dienstag in sogenannter Pendelquarantäne, dürfen sich also nur zwischen Klinik und Wohnung bewegen, berichtete der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Sie müssen FFP2-Masken tragen. Patienten werden an dem Krankenhaus nicht mehr neu aufgenommen oder in andere Häuser verlegt. Nicht unbedingt notwendige Operationen sind abgesagt worden - und die Nachverfolgung von Kontaktpersonen im Klinikum wird verstärkt.

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Bei zwei weiteren Proben bestehe ebenfalls der Verdacht, dass sie der aus England stammenden Variante zugeordnet werden können. "Eine abschließende Sequenzierung des Virus wird zehn bis 14 Tage in Anspruch nehmen", erklärt Kliniksprecher Schmälzle. Nach einem ersten Verdachtsfall waren am Bayreuther Klinikum seit Samstag sämtliche Mitarbeiter auf Corona getestet worden.

Bei dieser Reihentestung von bislang mehr als 2800 Mitarbeitern wurde bis Dienstag an insgesamt 18 Mitarbeitern das nicht-mutierte Virus festgestellt. Das sind sogar weniger, als die Klinikleitung nach zuletzt mehreren diffusen Infektionsausbrüchen an der Klinik für den schlimmsten Fall befürchtet hatte. Dass nun allerdings an elf Patienten und Mitarbeitern die besonders gefährliche Mutante festgestellt worden ist, sei ein "harter Schlag", heißt es aus Klinikkreisen. Wie genau sich die Mutante in dem Haus verbreitet haben könnte, gilt als Rätsel.

Bereits in den vergangenen Tagen waren 99 Mitarbeiter der Klinikum Bayreuth GmbH positiv auf Corona getestet worden. Allesamt befinden sich in Quarantäne und sind vom Dienst freigestellt worden. Nach diversen Ausbrüchen war das Kontaktmanagement und die Kontaktnachverfolgung im Klinikum deutlich verstärkt worden. Daneben wurden und werden auch sämtliche Patienten in dem Haus getestet.

Nach Behördenangabe ist die Lage nun "angespannt, aber unter Kontrolle"

Als möglicher Auslöser für den Ausbruch der sogenannten UK-Variante gilt ein Fernfahrer, der von den britischen Inseln kommend in Richtung Osteuropa unterwegs und an der Bayreuther Klinik in Behandlung war. Im Dezember war zudem an einer Frau aus Bayreuth, die in England unterwegs war, ebenfalls die Mutante festgestellt worden. Dass dieser erste Bayreuther Fall mit den diffusen Ausbrüchen am Klinikum etwas zu tun hat, gilt aber als weniger wahrscheinlich. Eines milden Krankheitsverlaufs wegen war die Frau nicht im Klinikum behandelt worden. Sie war bei ihrem Hausarzt auf das Virus getestet worden.

Nach Behördenangaben ist die Lage in dem Großkrankenhaus nun "angespannt, aber unter Kontrolle". Am Dienstag wurden dort 80 Covid-Patienten behandelt, elf davon intensiv. Alle Hygienemaßnahmen würden aufs Genaueste beachtet, insbesondere werde umfassende Schutzausrüstung verwendet. Die festgestellten Ausbrüche haben für die Klinik einschneidende Konsequenzen. So wurden mehrere Akutmaßnahmen angeordnet. Unter anderem wurde für die beiden Betriebsstätten der Klinik - sowohl das Klinikum Bayreuth als auch die sogenannte Hohe Warte - ein Aufnahmestopp für alle geplanten Eingriffe, Operationen und Behandlungen verhängt. Aufgenommen werden nur noch Akutpatienten, darunter Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma. Geburten sollen je nach Dringlichkeit weiterhin versorgt werden - und auch für Akutsituationen und Risikogeburten habe man vorgesorgt, teilt das Klinikum mit.

Eine komplette Schließung der Großklinik sei nicht zu befürchten

Aus dem Krankenhaus sollen Patienten derzeit nur dann entlassen werden, wenn bei ihnen zwei Abstriche im Abstand von 48 Stunden jeweils negative Ergebnisse erbracht haben. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums haben sich seit Dienstag zudem an die Regeln für eine Pendelquarantäne zu halten. Sie dürfen zwischen Wohn- und Arbeitsort keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und sind im häuslichen Umfeld den üblichen Quarantäne-Regeln unterworfen.

Diese Anordnungen sollen mindestens so lange gelten, bis die Gefährdungslage an der Klinik genauer abgeschätzt werden könne. Ob es bei der bisherigen Anzahl von Verdachtsfällen der Covid-Mutante bleibt, sei leider noch nicht abzuschätzen, teilt die Klinik mit. Auch könnten sich die 18 neu festgestellten Corona-Fälle bei Mitarbeitern "noch nach oben verändern", sagt ein Kliniksprecher. Die Gesundheitsbehörden überwachten "die Situation an dem Klinikum engmaschig".

Die Klinikleitung schließt momentan auch nicht aus, dass gegebenenfalls noch weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und seiner Mutanten ergriffen werden müssen. Eine komplette Schließung der Großklinik steht laut Kliniksprecher Schmälzle dagegen nicht zu befürchten. In dem Haus befinden sich derzeit 586 Patienten. In normalen Zeiten stehen in dem Bayreuther Großklinikum insgesamt 1086 Patientenbetten zur Verfügung.

© SZ vom 27.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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