Erneuerbare Energien:Neues Windkraft-Gesetz wird kompliziert

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Windräder am Haarberg bei Wildpoldsried. (Foto: Alexander Rochau/imago)

An manchen Orten in Bayern soll zwar nicht mehr 10-H gelten, dafür eine 1000-Meter-Abstandsregel für Windräder, aber nur übergangsweise. Grünen-Politiker Martin Stümpfig nennt das Vorgehen "verantwortungslos".

Bei der Reform der Windkraftgesetze droht Bayern bis Sommer 2023 ein kompliziertes Regelungschaos. Der Entwurf der Staatsregierung für die neue Bayerische Bauordnung sieht für den Bau von Windrädern in sogenannten Vorranggebieten für Windkraft zwischenzeitlich eine zusätzliche Hürde mit einem Mindestabstand von 1000 Metern zur nächsten Wohnbebauung vor, bis dann ab 1. Juni 2023 das von der Ampel-Regierung im Bund beschlossene Wind-an-Land-Gesetz jegliche Mindestabstände untersagt. Vorranggebiete sind speziell ausgewiesene Landesflächen, in denen der Bau der Windräder erleichtert werden soll.

"Bei den bayerischen Windenergieregeln geht es darum, einen Ausgleich zwischen dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem Schutz von Natur- und Landschaftsbild zu finden und dabei auch die Bürger mitzunehmen", rechtfertigte CSU-Bauminister Christian Bernreiter seinen Gesetzentwurf, der wohl im Herbst in die Landtagsberatung gehen wird. Frühestens im Winter oder Anfang 2023 dürfte das Gesetz in Kraft treten und mit ihm die besagte Zwischenregel für die für den Windkraftausbau entscheidenden Vorranggebiete. Bis 2030 müssen dies nach dem Bundesgesetz 1,8 Prozent der bayerischen Landesfläche sein.

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Wer sich mit dem Gesetzentwurf beschäftigt, fragt sich schnell, warum in den Paragrafen zwar in Summe sechs Ausnahmebestände für einen vereinfachten Bau von Windrädern definiert werden, ausgerechnet in den Wind-Vorranggebieten aber für einige Monate ein Mindestabstand gelten soll. Zu den Orten, an denen die 10-H-Regel gegen die 1000 Meter Abstandsregel getauscht wird, zählen Autobahnen, Wälder, Gewerbegebiete oder Gegenden, in denen Windräder stehen. Die 10-H-Regel sieht vor, dass der Abstand eines Windrades zur nächsten Besiedelung mindestens die zehnfache Entfernung seiner Höhe beträgt. In der Regel sind das zwei Kilometer.

"Mit unserem Gesetzentwurf halten wir zwar grundsätzlich an der bestehenden Abstandsregel fest, entwickeln sie aber so weiter, dass mehr geeignete Flächen für die Windkraft zur Verfügung stehen", so Bernreiter. "Wir nutzen dabei den Spielraum, den das Gesetz der Ampel den Ländern einräumt, größtmöglich im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger aus und begrenzen die Fälle, für die das Bundesgesetz ab Juni nächsten Jahres keine Möglichkeit mehr für Mindestabstände vorsieht, auf das mögliche Minimum."

Technisch begründet das Bauministerium das Vorgehen so: Entfiele der planungsrechtliche Mindestabstand ganz, träte an seine Stelle der immissionsschutzrechtliche Mindestabstand, der je nach Einzelfall weniger als 1000 Meter betragen könnte. Dies berge großes Konfliktpotenzial. In der Folge würden Genehmigungsverfahren nicht verkürzt, sondern noch aufwendiger. Dagegen sei die Wahrscheinlichkeit, dass es bei einem Mindestabstand von 1000 Metern zu Konflikten komme, deutlich geringer.

Der Grünen-Politiker Martin Stümpfig nennt das Vorgehen "verantwortungslos". "Anstatt den enormen Aufholbedarf beim Windkraftausbau in Bayern tatkräftig anzugehen, baut die Staatsregierung erstmal wieder neue Hürden ein." Dass die Windkraft in Bayern bisher nicht vorankommt, zeigen Zahlen des Wirtschaftsministeriums: 2021 wurde landesweit kein einziger Genehmigungsantrag für eine Windkraftanlage gestellt. Die Jahre zuvor waren es zwischen drei und acht.

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