Teublitz in der Oberpfalz:Gericht stoppt Pläne für umstrittenes Gewerbegebiet

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Sie ähneln sich alle: Gewerbegebiete gibt es zahlreiche in Bayern - auch in Parsdorf (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Nach den Plänen der Stadt Teublitz sollten an der A93 auf 21 Hektar wertvolle Flächen überbaut werden. Naturschützer feiern den Erfolg als Signal für ganz Bayern.

Von Christian Sebald, Teublitz

Für die Naturschützer in Bayern ist es ein wichtiges Signal: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat am Mittwoch die Pläne der oberpfälzischen Stadt Teublitz für ein umstrittenes Gewerbegebiet an der Autobahn 93 kassiert. "Das ist ein guter Tag für unsere bayerische Heimat", sagte der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz (LBV), Norbert Schäffer. "Wir erwarten nun, dass Staatsregierung und Landtag einem Verkauf von Staatswald für dieses Gewerbegebiet nicht mehr zustimmen." Der Chef der Grünen-Fraktion im Landtag, Ludwig Hartmann, sprach von einem "wichtigen Etappensieg in Richtung Erhalt wertvoller Wälder". Es sei an der Zeit, dass "Ministerpräsident Markus Söder seine Praxis beendet, Staatswald für Gewerbegebiete zu opfern". Der Bund Naturschutz appellierte an die Stadt, die Pläne "jetzt endgültig zu den Akten zu legen".

Das Gewerbegebiet Teublitz gilt als Paradebeispiel für den ungebremsten Flächenfraß in Bayern. Nach den Plänen der Stadt soll es direkt an der gleichnamigen Anschlussstelle der A 93 auf 21 Hektar Fläche entstehen. Dafür soll ein ökologisch hochwertiger Mischwald fallen, zu dem auch geschützte Sumpf- und Moorflächen mit seltenen Arten wie der Erdkröte oder dem Feinstreifigen Laufkäfer gehören. Der LBV, die Grünen und der BN werfen dem Teublitzer Bürgermeister Thomas Beer (CSU) und dem Stadtrat vor, das Projekt voranzutreiben, obwohl in der Region zahlreiche andere Gewerbeflächen zur Verfügung stünden. Deshalb seien die Teublitzer Pläne exemplarisch für den Flächenfraß in Bayern. Aber nicht nur Umweltverbände und die Grünen machten Front gegen das Vorhaben der 7500-Einwohner-Stadt. Es gab auch eine Petition an den Landtag, das Projekt zu unterbinden. Sie scheiterte, CSU und Freie Wähler lehnten die Petition ab.

Jede Woche gehen 36 Hektar Acker- und Weideland verloren

Der Flächenfraß ist eines der drängendsten Umweltprobleme in Bayern. Pro Tag werden im Freistaat 10,8 Hektar Wiesen, Wald, Äcker oder andere freie Landschaft in Baugrund für Siedlungen, Gewerbe, Straßen oder andere Verkehrswege umgewandelt. Jede Woche gehen so zwei Bauernhöfe mit 36 Hektar Acker- und Weideland verloren. Im Jahr summiert sich das auf die Fläche der schwäbischen 44000-Einwohner-Stadt Kaufbeuren. Dabei haben CSU und Freie Wähler in ihrem Koalitionsvertrag von 2018 festgeschrieben, den Flächenfraß zu halbieren. Bis jetzt gibt es freilich keinen Anhaltspunkt, dass sie diese Vereinbarung einlösen können. Als Grund dafür führen Experten an, dass die Regierungskoalition beim Flächensparen ausschließlich auf Beratungen, Bündnisse, Förderprojekte und andere freiwillige Maßnahmen setzt. Die aber hätten schon in der Vergangenheit nichts gefruchtet.

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Nach dem VGH-Urteil hoffen die Umweltverbände und die Grünen nun, im Streit um den Flächenfraß einen wichtigen Schritt voranzukommen. Entscheidend dafür wird sein, wie die Urteilsbegründung ausfällt. Die steht noch aus und wird erst in einigen Wochen erwartet. Damit ist das Gewicht des Urteils aber noch offen. Sollte der VGH die Planung nämlich nur wegen eines kleinen, schnell korrigierbaren Verfahrensfehlers annulliert haben, wäre der Richterspruch allenfalls eine Zeitverzögerung für das neue Gewerbegebiet. Anders wäre das, wenn der VGH der Argumentation des LBV folgt, der das Projekt aus sehr grundsätzlichen naturschutzfachlichen Überlegungen ablehnt. In diesem Fall könnte das Urteil sogar ein Durchbruch für den Kampf gegen den Flächenfraß darstellen, heißt es beim LBV.

Bürgermeister gibt sich zuversichtlich

Der Teublitzer Bürgermeister Beer gab sich trotz der Niederlage zuversichtlich. Er wies darauf hin, dass die Stadt das Planungs- und Genehmigungsverfahren für das Gewerbegebiet zwar sehr "akribisch durchgeführt" habe. Dennoch sei es bei "einem so komplexen Verfahren" nicht unüblich, dass bei Prüfung durch den VGH Fehler festgestellt würden und deswegen der Bebauungsplan aufgehoben wird. Wichtig für Beer ist, dass das Gericht "im Laufe der mündlichen Verhandlung nicht hat erkennen lassen, dass es das Vorhaben in Gänze für nicht realisierbar ansieht". Deshalb halte man vorerst an dem Projekt fest. Wenn die Urteilsbegründung eingetroffen sei, werde man über das weitere Vorgehen entscheiden.

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