Energieversorgung:Bayern fordert weitere Stromleitung aus Norddeutschland

Lesezeit: 1 min

Stromtrassen sollen klimaneutral erzeugten Strom von Norden nach Süden bringen. (Foto: Nicolas Armer/dpa)

Die Staatsregierung kritisiert die Pläne der Bundesnetzagentur und sieht den Freistaat benachteiligt. Dem liegt offenbar ein grundlegender Sinneswandel zugrunde.

Zur Deckung des Strombedarfs fordert Bayern den Bau einer zusätzlichen Stromleitung von Norddeutschland nach Bayern. Benötigt werde eine Hochspannungs-Gleichstrom-Kabelverbindung (HGÜ), wie die Staatskanzlei am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts in München mitteilte.

Sie kritisierte die neuesten Pläne zum milliardenschweren Ausbau des Stromübertragungsnetzes. Die Bundesnetzagentur "ignoriert weiterhin bayerische Bedürfnisse" und setze falsche Annahmen voraus. "Weiterhin werden unrealistisch hohe Stromimporte aus Österreich zugrunde gelegt. Außerdem wird der Strombedarf der bayerischen Industrie und für die Wasserstofferzeugung in Bayern unterschätzt", hieß es weiter. In der Konsequenz werde der Übertragungsbedarf von und nach Bayern zu gering angesetzt. Nur mit einer zusätzlichen HGÜ seien zu erwartende Engpässe im Stromnetz wirksam zu reduzieren.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Die Bundesnetzagentur hatte am vergangenen Freitag ihren zweiten Entwurf des Netzentwicklungsplans bis 2037 und 2045 öffentlich zur Diskussion gestellt. Beim Ausbau des sogenannten Höchstspannungsnetzes geht es darum, dass neue Leitungen klimaneutral erzeugten Strom dorthin bringen, wo er gebraucht wird - vor allem vom Norden in den Süden. Der Plan beschreibt, welches Übertragungsnetz für eine vollständige Umstellung des Energiesystems auf erneuerbare Energien bis 2045 nötig ist. In den Regionen übernehmen dann Strom-Verteilnetze die von den "Stromautobahnen" angelieferte Energie und leiten sie an die Verbrauchsstellen.

Die vier Übertragungsnetzbetreiber Amprion, TransnetBW, 50Hertz und Tennet hatten der Behörde den zweiten Entwurf im Juni vorgelegt. Er umfasst insgesamt 6200 zusätzliche Trassenkilometer. Vorgesehen sind dabei an Land unter anderem fünf weitere Gleichstromverbindungen, vier in Nord-Süd-Richtung und eine in West-Ost-Richtung. Bei weiteren 6000 Kilometern beabsichtigen die Unternehmen eine Verstärkung bereits vorhandener Trassen. Die Unternehmen beziffern die Investitionskosten für den Ausbau bis 2037 auf 156 Milliarden Euro.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kritisierte den Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, auch in diesem Kontext persönlich. Müller sei "grüner Parteigänger und er hat vielleicht bei vielen Themen eine andere Vorstellung, als es der Freistaat Bayern hat".

Dabei hat Bayerns Staatsregierung den Bau von Stromtrassen jahrelang verhindert. Der frühere Ministerpräsident Horst Seehofer setzte sich persönlich an die Spitze des Protests und bekämpfte die vermeintlichen "Monstertrassen". Auch Aiwanger galt als strikter Gegner der Stromautobahnen und erklärte sie lange Zeit für unnötig. Seit dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise hat er den Widerstand aufgegeben und vertritt nun offenkundig die gegenteilige Meinung.

© SZ/DPA/kaa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusJagd und Forsten
:Was Jagdminister Aiwanger für Bayerns Wälder bedeuten könnte

Viele Umweltschützer, Jäger und Förster sind überzeugt, dass dem Waldumbau in der Klimakrise eine Schlüsselfunktion zukommt. Doch Aiwanger hält nichts von einer schärferen Jagd.

Von Christian Sebald

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: