Florian von Brunn:Der Mann, der die SPD retten will

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Florian von Brunn ist nun zweifacher SPD-Chef: im Landesverband und in der Landtagsfraktion. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Lange hat er die Macht gesucht, nun ist er angekommen: Bayerns SPD-Landeschef Florian von Brunn ist nun auch Fraktionsvorsitzender. Wird seine Politik "mit Wumms" die Partei aus dem Tief holen?

Von Andreas Glas und Johann Osel, München

Na, wie ist es? "Schon ziemlich cool", sagt Florian von Brunn, als er am Donnerstag gegen Mittag aus dem Plenarsaal des Landtags federt. Und der Stuhl, ganz vorne, in der ersten Reihe? "Bisschen zu klein für mich", sagt Brunn, Körpergröße 1,93 Meter. Eine Bemerkung, die bereits einiges erzählt über diesen Mann, bei dem auch die Ambitionen immer schon größer waren als bei anderen. Nun ist er angekommen. An der Spitze der Bayern-SPD, gemeinsam mit Ronja Endres. Und eben auf dem Stuhl des Fraktionschefs im Landtag, erste statt vierte Reihe. "Dass ich beide Ämter gerne machen wollte, dazu stehe ich."

In der Bayern-SPD soll es ja inzwischen Leute geben, die man in ein Amt zwingen muss. Brunn, 52, gehört nicht zu den Leuten. Er hat die Macht gesucht, lange. Seit 1990 ist er in der SPD, seit 2013 im Landtag. Studiert hat er Geschichte und Volkswirtschaft, dann als IT-Berater gearbeitet. Im Landtag machte er sich einen Namen, als kompetenter Umweltpolitiker, pointierter Redner. Da war aber auch rasch ein Verdacht: Dass es dem selbstsicheren Münchner mehr um sich geht als um seine SPD.

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Die SPD-Fraktion hat sich für Florian von Brunn entschieden und damit für das politische Schlachtfeld statt des Debattenseminars. Das ersetzt noch keine Themen. Andererseits rückt die Fünf-Prozent-Hürde immer näher.

Kommentar von Johann Osel

Dass Brunn polarisiert, zeigte sich 2017, als er im Kampf um den Parteivorsitz gegen Natascha Kohnen verlor - aber das zweitbeste Ergebnis in einer Reihe von Bewerbern holte. Oder 2018, als er im Rennen um den Fraktionsvorsitz erst im dritten Wahlgang unterlag, nach zwei Patts. Heute? Polarisiert er immer noch. Die Wahl um den SPD-Landesvorsitz im April ergab mit 50,5 Prozent ein denkbar knappes Votum für eine Doppelspitze - das den Weg ebnete für Brunn und Endres. Auch am Mittwoch in der Fraktion: zwölf zu zehn. Warum hat es diesmal trotzdem gereicht?

Falls man Brunn richtig interpretiert, sieht er da zwei Gründe. Erstens: Dass er gelernt hat, sein Ego etwas zurückzustellen. In den vergangenen zwei Jahren habe er sich bemüht, "mehr zu reden, noch mehr abzustimmen" - was nicht alle, aber doch einige in der Fraktion bestätigen. Und zweitens: Dass in der SPD vielleicht doch die Einsicht gereift ist, dass Brunns Auftreten und sein Hang zu deftiger Rhetorik auch eine Chance sein könnten. "Man hört nichts von der Fraktion, man hört nichts von der Partei, wo seid ihr?", immer wieder werde er das gefragt. Es gebe "ein großes Bedürfnis, dass wir mit unseren politischen Botschaften auch vorkommen". Klar, sagt er, mit Themen könne man "auch Erfolg haben. Aber für die meisten Menschen sei wichtiger: Wer steht für diese Politik?"

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Hört sich ein bisschen an wie bei CSU-Chef Markus Söder, der sagt: "Die Personen ziehen die Parteien und nicht umgekehrt." Es gibt noch mehr Parallelen zwischen Söder und Brunn. Beide haben nicht nur Gefallen daran, ihre Politik wuchtig zu verkaufen, "mit Wumms", wie Brunn sagt. An beiden scheiden sich die Geister, auch intern. Beide haben verbissen auf ihre Karriereziele hingearbeitet. Und beide mussten warten, bis man sie an die Macht ließ. Andererseits hinkt der Vergleich. Anders als die CSU ist die SPD ein gespaltener Haufen - und vor allem: eine Partei in Existenzsorge. Die Umfragen unterbieten sogar die 9,7 Prozent der Landtagswahl 2018.

Er wolle eine SPD, die sich für die "Nicht-Privilegierten" einsetze, sagt Brunn, Erntehelfer, Paketfahrer, Menschen, die kaum ihre Miete zahlen könnten. Er wolle, "dass diese Leute wissen, dass sie mit uns ganz starke Verbündete haben", auch den Klimaschutz nennt er als zentrales Thema. Neu ist das alles nicht. Aber das seien "die realen Probleme", sagt Brunn, der als Vorbild Renate Schmidt sieht, Bayern-SPD-Chefin 1991 bis 2000. "Eine Kämpferin", die Themen "auf den Punkt" gebracht und "politische Präsenz" gehabt habe. Auch Schmidt sei zugleich Partei- und Fraktionschefin gewesen, dieses Modell verspreche "Schlagkraft". Zugleich fürchten viele Genossen, dass es die SPD weiter spalte, wenn einer, der umstritten ist, so viel Macht hat. Letztlich wird Brunn sich an der Wahl 2023 messen lassen müssen. Sein Ziel: 15 Prozent.

Dass er Rummel machen kann, sah man jüngst. Im Fall der Maskendeals hat er sich festgebissen an der CSU, stellt im Akkord Anfragen, wirft der Staatsregierung "Täuschen und Tricksen" vor. Wegen angeblichen Mauerns bei Auskünften hat er Verfassungsklage eingereicht. Seine Fraktion erfreute diese mediale Beachtung. Im April bekam Brunn Lob und die volle Unterstützung von Fraktionschef Horst Arnold, Abgeordnetenrechte würden "verletzt". Da ahnte Arnold wohl nicht, dass ihn Brunn Wochen später per Kampfabstimmung absägt.

© SZ vom 21.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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