Bayern-SPD:Wie Natascha Kohnen die Bayern-SPD verändern will

Lesezeit: 3 min

  • Bei einer Mitgliederbefragung hat sich eine absolute Mehrheit der bayerischen Genossen für Natascha Kohnen als neue Landeschefin ausgesprochen.
  • Nun hat die 49-Jährige über ihre Pläne für die Bayern SPD gesprochen.
  • Kohnen will sich auf vier Themen konzentrieren: Bezahlbares Wohnen, Familie, Sicherheit in einer sich verändernden Arbeitswelt und Integration.

Von Lisa Schnell, München

Geschlossenheit - kaum ein Wort hört man in der SPD derzeit häufiger. Es ist ein Wunsch, ein Appell und die erste große Herausforderung für Natascha Kohnen, die auf dem Parteitag nächste Woche wohl zur neuen Landeschefin gewählt werden wird. In einer Mitgliederbefragung setzte sie sich gegen fünf Konkurrenten durch, knapp 54 Prozent der Basis stimmten für sie. 49,5 Prozent der bayerischen SPD-Mitglieder hatten sich an der Abstimmung beteiligt. Nach dem Wettbewerb, in dem auch unschöne Worte gefallen sind, will die Partei jetzt ihre Reihen wieder schließen. Wie will Kohnen das schaffen?

Und: Wohin steuert die SPD unter ihr? Kohnen sitzt an diesem Sonntag an ihrer Rede für den Parteitag. Auch das Wort Respekt könnte darin vorkommen. Sie selbst habe sich an den Streitigkeiten der letzten Wochen nie beteiligt. "Respekt ist für mich einer der wichtigsten Begriffe in der Politik", sagt Kohnen. Dass die Partei dies ähnlich sehe, habe das Votum gezeigt. Ihr Politikstil werde immer von gegenseitiger Achtung geprägt sein. Mit offenem Visier kämpfen, offen mit Kritikern diskutieren, so wolle sie die Partei führen. Nicht nur, um die aus ihrer Sicht gar nicht so großen Querelen in der Partei zu befrieden, sondern auch, um das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder zu gewinnen.

Bayern-SPD
:Natascha Kohnen wird Chefin einer zerstrittenen Funktionärspartei

Die SPD-Generalsekretärin hat zwar die Mitgliederbefragung gewonnen - ihr Start hätte aber kaum unglücklicher ausfallen können. Das liegt auch an den erfolgreichen SPD-Politikern in Bayern.

Kommentar von Sebastian Beck

Die Mitgliederbefragung habe bei der Basis für eine positive Dynamik gesorgt, unter Funktionsträgern aber hätten sich durchaus Gräben aufgetan, vor allem in Oberbayern, sagt ein Mitglied. Ob mit dem gerade neu und sehr knapp gewählten Bezirkschef Florian Ritter wieder Zusammenhalt hergestellt werden könne, das müsse sich zeigen, heißt es. Ritter kündigte zumindest einen ähnlich solidarischen Stil an wie Kohnen.

Auch der Krach mit den Jusos, der die Partei in jüngster Zeit belastet hat, weil die Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann keinen aussichtsreichen Platz auf der Bundestagsliste bekam, scheint beigelegt zu sein, seitdem sie von ihrem Bezirk Niederbayern als Vize-Parteivorsitzende vorgeschlagen wurde. Selbst Kohnens schärfste Kritiker betonen jetzt ausnahmslos, hinter ihr zu stehen. Vor der Bundestagswahl müsse die Partei an einem Strang ziehen. Die Aussicht auf etwas Frieden scheint also nicht allzu trüb zu sein.

Und die Aussicht für die Bayern-SPD? "Regierungsverantwortung übernehmen ist das Ziel", sagt Kohnen. Bis jetzt sahen die Machtoptionen der SPD in Bayern eher bescheiden aus. Ihre Kritiker warfen Kohnen vor, daran mit schuld zu sein, weil sie die vergangenen acht Jahre als Generalsekretärin Teil der Führung war. Was wird jetzt also anders? So einiges, sagt Kohnen. Etwa der Umgang mit dem politischen Gegner. Dazu habe es in der bisherigen Führung durchaus unterschiedliche Ansichten gegeben, sagt Kohnen. Jetzt kann sie ihre Sichtweise umsetzen.

"Wir müssen aufhören, uns an dem politischen Gegner abzuarbeiten", sagt Kohnen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, die SPD rede das Land schlecht. "Ich bin hier geboren, hier aufgewachsen. Das ist ein starkes Land", sagt Kohnen. Wenn die SPD regiere, würde es ein starkes Land bleiben, mit ein paar Änderungen: Es gäbe etwa beitragsfreie Kindertagesstätten oder bezahlbare Wohnungen. Diese Botschaft müsse bei den Wählern ankommen.

Damit das gelingt, will Kohnen sich auf vier Themen konzentrieren: Bezahlbares Wohnen, Familie, Sicherheit in einer sich verändernden Arbeitswelt und Integration, die aus Fördern, aber auch Fordern bestehe. Hier steht Kohnen für Kontinuität. Schon in den vergangenen Jahren arbeitete die SPD daran, sich auf ein paar Themen festzulegen. Auf dem Landesparteitag im Juli 2016 hatten sich 300 Delegierte einstimmig für die vier Themen entschieden. Um fühlbar zu machen, wie Bayern mit der SPD aussehe, will Kohnen die Kommunalpolitiker mehr einbeziehen.

Wie sieht eine Stadt aus, wenn dort die SPD regiert? Das müsse dem Wähler gezeigt werden, sagt Kohnen. Etwa München, das für mehr als 40 Prozent des bayerischen Steueraufkommens verantwortlich sei. Parteiintern kündigt sie viel Experimentelles an. Sie kann sich etwa vorstellen, den Jüngeren mehr Verantwortung zu übergeben, damit die ihre kreativen Ideen umsetzen können. Mit ihr werde es zudem keinen Politsprech mehr geben. Die Menschen müssten über ihre Gefühle erreicht werden, nicht nur über den Kopf.

Ein Stil, der an SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz erinnert. Auf Einladung von Kohnen wird der auf dem Landesparteitag sprechen. Die gute Stimmung könnte dann nur noch eine unerwartete Gegenkandidatur trüben. "Da würden dann die Delegierten sicher ihre Antwort finden", sagt Kohnen. Auch die sollte dann eher von Geschlossenheit geprägt sein.

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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