Die Ortsnamen in Bayern sind ein hohes Kulturgut, aber auch ein Kuriosum ersten Ranges. In vielen Gegenden werden sie noch so ausgesprochen wie in grauer Vorzeit, weshalb sie von der Schriftform erheblich abweichen. Bei der Auflistung einiger Beispiele in der SZ fiel kürzlich auch der Name Tschitscherlbach für die Stadt Windischeschenbach. Prompt flatterte eine Beschwerde ins Haus, die überaus berechtigt ist. Denn Tschitscherlbach, so ist in dem Schreiben zu lesen, sei lediglich ein Spottname - also ein ähnlicher Fall wie Kaiwemeran für Kolbermoor und Datschiburg für Augsburg. "Die Einheimischen verwenden ausschließlich das Wort Eschawo", heißt es in der Beschwerdemail.
Welch ein weites Feld sich bei der Ortsnamenforschung auftut, zeigt sich schon daran, dass der Gelehrte Wolf-Armin von Reitzenstein dieses Fach bereits im 100. Semester an der Ludwig-Maximilians-Universität in München unterrichtet. Dabei war stets auch der Ort Blindheim in Schwaben ein Thema, wo der Duke of Marlborough anno 1704 einen Schlachtensieg gegen die Franzosen und Bayern errang. Ein Leser schrieb, eine Führerin im Blenheim Palace in England, das sich der Duke vom Lohn erbaute, habe vor Jahren einmal auf die mäßigen Sprachkenntnisse der Briten verwiesen, "die Blindheim zu Blenheim verwuschen".
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Die eigenwillige Aussprache der bayerischen Schwaben kennend, so schreibt der Leser, "habe ich sie beruhigt, denn ich kann mir gut vorstellen, dass die Einwohner von Blindheim vor 300 Jahren eher ihren Ort als Blennam oder ähnlich bezeichneten und der siegreiche Koalitionär guten Gewissens in Blenheim kämpfte".
Ein anderer Leser gab den Rat, "wenn Sie z'Oischaun in einen Stau geraten, dann dauert die Fahrt nach Nürnberg länger. Außer der Stau auf der Autobahn beginnt bereits vor der Ausfahrt Allershausen, dann könnten Sie die Landstraße nehmen." Dass die dialektale Form mit der Schriftform des Ortsnamens wenig Gleichklang hat, ist nicht nur in diesem Fall beeindruckend. Ein Leser aus dem Werdenfelser Land teilte mit, Saulgrub heiße im Dialekt Seigra.
Die Reihe ließe sich endlos fortsetzen: Veijda ist Viechtach, Pöring ist Biang, Frauenneuharting ist Freineiding, Inchenhofen wird zu Leahad. Sogar im weltläufigen München gibt es dieses Phänomen. "Wir san in Loam dahoam", sagte man früher. Kein Wunder, dass die Laimer bei den Nachbarn als Loambatzer verschrien waren.