Niederbayern:Bürgerentscheid über neue Megafabrik von BMW gefordert

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In der Nähe von Straßkirchen, wo dieses Bild von der Zuckerrüben-Aussaat entstand, will BMW ein Montagewerk für Hochvoltbatterien errichten. Dabei könnten dem Vernehmen nach bis zu 160 Hektar fruchtbares Ackerland geopfert werden. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Eine Initiative will erreichen, dass das Ackerland im Gäuboden für die Landwirtschaft erhalten bleibt - und nicht an den Autobauer für eine Megafabrik für Hochvoltbatterien fällt. Der Konzern hält sich dagegen mit seinen Plänen noch bedeckt.

Von Christian Sebald, Straßkirchen

Wenn es um den niederbayerischen Gäuboden geht, hat Thomas Spötzl eine klare Meinung. "Die Äcker hier zählen zu den fruchtbarsten weltweit", sagt der Sprecher der Bürgerinitiative (BI) "Lebenswerter Gäuboden". "Deshalb sollen sie unbedingt für die Landwirtschaft erhalten bleiben statt unter Beton zu verschwinden." Schon beinahe 650 Menschen sehen das wie Spötzl. Sie haben eine Online-Petition gegen die Megafabrik für Hochvoltbatterien unterschrieben, die der Automobilhersteller BMW im Zuge der Umstellung seiner Fahrzeugflotte auf E-Mobilität sehr wahrscheinlich in den beiden Gäuboden-Dörfern Straßkirchen und Irlbach errichten will.

Die Forderung der BI: BMW solle sich einen anderen Standort für das neue Werk suchen, eine Industriebrache am besten, wo kein wertvolles Ackerland für das Projekt geopfert werden muss. BI-Sprecher Spötzl will zumindest erreichen, dass die Bürger in Straßkirchen über die Ansiedlung abstimmen können. "Wir bereiten uns auf ein Bürgerbegehren vor", sagt er. Straßkirchen wäre seiner Einschätzung nach sehr viel schlimmer von der Ansiedlung betroffen als Irlbach.

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Es ist jetzt ziemlich genau vier Wochen her, dass die Pläne von BMW bekannt geworden sind. Der Konzern selbst hält sich mit Details nach wie vor sehr bedeckt. Offiziell sucht BMW bayernweit ein etwa hundert Hektar großes Gelände für das neue Werk. In Straßkirchen und in Irlbach, aber auch unter Politikern bis in die Staatsregierung hinein ist indes von bis zu 160 Hektar Flächenbedarf die Rede. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist, dass von der neuen Fabrik aus die BMW-Werke in München, Dingolfing und Regensburg gleich gut erreichbar sein sollen.

Von daher kommt eigentlich nur Niederbayern als Standort der Megafabrik in Frage. Und Straßkirchen und Irlbach sind die einzigen Gemeinden, von denen man weiß, dass dort nicht nur ausreichend viel Grund zur Verfügung stünde. Sondern von denen aus man außerdem schnell in München, Dingolfing und Regensburg ist. Die Entscheidung über das neue Batteriewerk soll noch im ersten Quartal dieses Jahres fallen. Dann will sich BMW auch zu dem Projekt äußern.

In der Region stoßen die Pläne auf geteiltes Echo

In der Region stoßen die Pläne auf ein geteiltes Echo. Politiker und Wirtschaftsleute sehen das Projekt als Bekenntnis des Weltkonzerns BMW zu Niederbayern und als große Zukunftschance weit über die direkte Region hinaus. In der Naturschutz-Szene stoßen die Pläne auf Ablehnung. Der Bund Naturschutz etwa hat massiven Widerstand gegen das neue Werk angekündigt, sollte dafür Ackerland geopfert werden.

Ebenso die ÖDP. Die Partei ist zwar landesweit eher wenig bedeutsam, in Niederbayern indes ist sie vergleichsweise stark und in zahlreichen Gemeinderäten vertreten. "Natürlich unterstützen wir die Mobilitätswende und den überfälligen Abschied von der Verbrennertechnik", sagt ÖDP-Landeschefin Agnes Becker. "Aber BMW will in der neuen Fabrik Akkus für überflüssige und übergewichtige Hochgeschwindigkeitsautos produzieren." Dafür sei jede Fläche zu schade, "der wertvolle Gäuboden aber im Besonderen", sagt Becker, die in Niederbayern daheim ist.

In Straßkirchen und in Irlbach fürchten sie nicht nur um das Ackerland. Sondern außerdem, dass die neue Megafabrik ihre Ortschaften gleichsam durcheinanderwirbelt. "Unsere Orte wären womöglich nur noch ein Anhängsel an die Fabrik", sagt BI-Sprecher Spötzl. Straßkirchen und Irlbach sind bis dato sehr ländliche Gemeinden mit zusammen gerade mal 4500 Einwohner. In dem neuen Werk sollen in der ersten Ausbaustufe ungefähr tausend neue Arbeitsplätze entstehen. Das würde den lokalen Arbeitsmarkt weiter ausbluten, sagt die BI. Örtliche Handwerker und Dienstleister täten sich schon heute schwer, Arbeitskräfte zu bekommen.

Außerdem würden die beiden Orte im Verkehr ersticken und aus den Nähten platzen. Der Lkw-Verkehr in der Region habe sich in den letzten Jahren bereits verdoppelt, heißt es von der Initiative. Durch das neue Werk kämen sicher mehr als hundert Lkw-Fahrten am Tag zusätzlich auf die Region zu. Außerdem der Pendlerverkehr der BMW-Mitarbeiter. Ein ähnlich düsteres Bild malt die Initiative von den Folgen für die kommunalen Einrichtungen wie den Kindergarten oder die Schule. Sie seien an ihren Kapazitätsgrenzen und nicht auf weiteren Zuzug ausgelegt.

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Von Christian Sebald

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