Panne bei Lernplattform:Ein Mebis-Ausfall ist kein Grund zur Großkritik

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Zweieinhalb Stunden streikt die Lernplattform - und die Aufregung ist so groß, als wäre Schule zu Hause nie wieder möglich. Statt Wut in die sozialen Medien zu schleudern, sollten alle besser Besonnenheit walten lassen.

Kommentar von Anna Günther

Blöder könnte der Zeitpunkt nicht sein, egal ob es Zufall war oder sich Hacker einen Spaß mit Bayerns Schulnetzwerk erlaubten: Ausgerechnet als 640 000 Jugendliche mit dem Distanz- und Wechselbetrieb begannen, streikte die Lernplattform des Schulnetzwerks Mebis. Die Wut der Eltern ist nachvollziehbar. Irgendjemand muss gepennt haben, irgendjemand muss schuld sein. Der Kultusminister, die Staatsregierung. Aber so einfach ist es nicht. Statt Wut in die sozialen Medien zu schleudern, sollten alle Besonnenheit walten lassen.

Für die Panne am Mittwoch kann wohl niemand etwas. Ein vor Tagen aufgespieltes Update soll einen Caching-Fehler ausgelöst und zu zweieinhalb Stunden Stillstand geführt haben. Das passiert, das kennt jeder, der mit Computern arbeitet. Das ist kein Grund für grundsätzliche Großkritik. Zumal findige Lehrer ihre Schüler halt anders beschäftigt haben.

Freilich gibt es vieles, das man am Kultusministerium, am Minister, an der Regierung kritisieren kann: Die Verhandlungen mit den Kommunen über die Lehrergeräte dauerten zu lange. Noch immer fehlt Schulen schnelles Internet oder Wlan. Noch immer sind nicht alle Lehrer fit im Distanzunterricht, auch wenn die Regeln klar und seit September bekannt sind. Aber es geht voran, die Staatsregierung investiert Millionen. Tausende Lehrer belegten schon Digitalkurse. Zu langsam? Ja, aber das System ist mit 6200 Schulen, 150 000 Lehrern, 1,7 Millionen Jugendlichen, doppelt so vielen Eltern und Vorschriften hochkomplex. Auf Knopfdruck passiert nichts. Kommunen, Lehrer- und Elternverbände müssen einbezogen werden. Internetausbau hängt an Handwerkern und Netzanbietern. Das alles kostet viel Zeit. Aber es geht in der Corona-Krise schneller als je zuvor.

Statt sich also wegen zweieinhalb Stunden Software-Ausfall aufzuregen, sei adventliche Besinnlichkeit empfohlen: Noch sieben Schultage, dann sind Weihnachtsferien. Schriftliche Klausuren sind für alle im Wechsel- und Distanzunterricht ausgesetzt. Lehrer sollen Milde walten lassen. Es ist also Zeit für alle, den Druck rauszunehmen.

© SZ vom 10.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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