Bayerische Landespolitik:AfD-Fraktion wählt Ebner-Steiner und Hahn zu Vorsitzenden

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  • Die bisherige AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner wird im Bayerischen Landtag künftig von ihrem bisherigen Stellvertreter Ingo Hahn als Co-Chef unterstützt.
  • An der Sitzung beteiligten sich allerdings lediglich zwölf von 20 Abgeordneten.
  • Drei der ferngebliebenen Fraktionsmitglieder kritisierten die Wahl als "pseudodemokratisch".

Von Johann Osel und Wolfgang Wittl

Die AfD im Bayerischen Landtag wird wieder von einer Doppelspitze angeführt. Die Vorsitzende Katrin Ebner-Steiner wird künftig von ihrem bisherigen Stellvertreter Ingo Hahn als Co-Chef unterstützt. Beide wurden am Freitag gewählt. An der Sitzung beteiligten sich allerdings lediglich zwölf von 20 Abgeordneten. Schon vorher war aus Kreisen des gemäßigten Lagers zu hören, dass sicherlich nicht alle Abgeordneten an der Sitzung teilnehmen wollen - weil sich ohnehin der völkische "Flügel" um Ebner-Steiner durchsetzen werde, die Sitzung könne man sich sparen.

Ebner-Steiner sagte nach der Sitzung, man werde nun "auf die zugehen, die nicht da waren". Ob sich beide Lager auf die angekündigte Sacharbeit verständigen können, bleibt zu bezweifeln. Die Fraktionsmitglieder Franz Bergmüller, Anne Cyron und Christian Klingen, die der Sitzung wie weitere fünf Abgeordnete ferngeblieben waren, kritisierten die Wahl in einer gemeinsamen Stellungnahme als "pseudodemokratisch".

Der Abgeordnete Gerd Mannes sagte der SZ am Freitag, die Kritiker seien für die Sitzung "nur beigeladen" worden, für ihn seien da Termine im Wahlkreis eine sinnvollere Beschäftigung. Das Lager von Ebner-Steiner habe "die Chance verschenkt, die Fraktion zu befrieden. Es wurde kein Milimeter auf die Kritiker zugegangen." Mannes wurde zuletzt intern noch als möglicher gemäßigter Herausforderer Ebner-Steiners gehandelt.

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:Sie wollen ein anderes Land

Die neue AfD-Landeschefin nennt sich "ganz normal mittendrin", aber auch Corinna Miazga ist inhaltlich auf Flügel-Linie.

Kommentar von Johann Osel

Der neue Co-Fraktionschef Hahn hingegen sprach von einer demokratischen Entscheidung, "in der Demokratie, wissen Sie, da zählen Mehrheiten". Hahn gilt zwar als eher liberal, hatte aber im ersten Jahr der Fraktion die Führungsriege mit gestützt. Kritiker sehen seine Wahl an die Spitze als Versuch, nach außen breit aufgestellt zu wirken, tatsächlich aber einen nahezu Flügel-dominierten Vorstand zu haben.

Die internen Querelen hatten sich im ersten Jahr der Fraktion peu a peu verschärft, zuletzt lagen die Lager der Unterstützer und Gegner exakt gleichauf. In einer Krisensitzung im Juni war eine Vertrauensfrage zehn zu zehn ausgegangen - ein Patt der Lager, wobei die Grenze nicht direkt zwischen Flügel und Gemäßigten läuft, sondern teils auch durch persönlichen Streit bestimmt ist. Vor gut einer Woche bei der Herbstklausur der Fraktion im schwäbischen Wemding hat sich dieses Patt nun offenbar verschoben - und zwar zugunsten Ebner-Steiners und ihrer Flügel-Gefolgsleute.

Wie in Fraktionskreisen gemunkelt wird, sollen dabei finanzielle Zulagen für einzelne Abgeordnete mit besonderen Aufgaben eine Rolle gespielt haben. Zum Beispiel sei in Wemding ein höherer Zuschlag für den stellvertretenden Parlamentarischen Geschäftsführer Ferdinand Mang zugesagt worden, der am Freitag ebenfalls in seinem Amt bestätigt wurde. Der Nürnberger Jurist, der seit Kurzem auch als Schriftführer dem bayerischen Landesvorstand angehört, soll zeitweise zum gemäßigten Lager in der Fraktion tendiert haben; nun konnte der Flügel angeblich auf seine Unterstützung zählen. Allgemein sei der Topf für Zulagen um 10 000 Euro erhöht worden, um "Leute zu befriedigen".

Kritiker berichten, die Stimmung in Wemding sei "zum Gefrieren" gewesen

Ein Abgeordneter sagt: "Ich bin aber nicht dafür angetreten, dass wir uns die Taschen mit Steuergeld vollstopfen." Bergmüller, Cyron und Klingen schreiben dazu: "Wir sind davon überzeugt, dass die Parteibasis (...) alles daran setzen wird, den eingeschlagenen Kurs der Steuergeldverschwendung durch entsprechende Einflussnahme auf ihre Abgeordneten zu beenden."

Ebner-Steiner wies die Vorwürfe zurück, wonach Abgeordnete "eingekauft" worden seien. Das sei "kompletter Blödsinn". Es gebe "im Zuge der Professionalisierung der parlamentarischen Arbeit" weitere Aufgaben, die "entsprechend vergütet" werden - ohne irgendeinen Bezug zur Wahl des Fraktionsvorstandes. Der SZ sagte Ebner-Steiner, die Stimmung auf der Fraktionsklausur sei gut gewesen, ein externer Mediator, den man zu Rate zog, habe dem Team eine gute Organisation und eine gemeinsame Zielsetzung bescheinigt. In diesem Geiste habe man auch ein umfassendes Oppositionsprogramm beschlossen, so Ebner-Steiner. Die rasch angesetzte Neuwahl folge ausschließlich diesen Zeichen der Versöhnung - "damit wir nicht länger gegenseitig auf uns rumhacken. Wir haben ein gutes Programm und können jetzt an einem Strang ziehen."

Kritiker berichten dagegen, die Stimmung in Wemding sei "zum Gefrieren" gewesen; den Termin mit dem Mediator habe der Flügel fast unter sich abgehalten, konträre Kollegen seien dazu nicht erschienen, drei seien erst gar nicht zur Klausur angereist. Und die Wahl sei deshalb so schnell und unvermittelt angesetzt worden, bevor die Ebner-Steiner-Riege "ins nächste Fettnäpfchen tritt und die Mehrheit wieder verliert".

2018 zog die AfD mit 22 Mandaten ins Maximilianeum ein - nun sind es nur noch 20

Ebner-Steiner und Hahn verteidigten die kurzfristige Ansetzung der Wahl. Es sei fristgerecht eingeladen worden. Warum die Wahl trotz eines Verlegungsantrags nicht verschoben worden sei, begründete Hahn erneut mit den Worten, es habe sich um eine demokratische Entscheidung gehandelt. Die drei Unterzeichner der Stellungnahme erklärten ihr Fernbleiben mit den Worten: Sie wollten nicht wie schon bei der ersten Wahl im Oktober 2018 "lediglich als Statisten in einem abgekarteten Spiel" fungieren.

2018 war die AfD mit 22 Mandaten ins Maximilianeum eingezogen, 20 sind es nach den Austritten von Raimund Swoboda und Markus Plenk, der zunächst Co-Fraktionschef mit Ebner-Steiner war. Sie hatten sich an nationalistischen Losungen, vor allem aber am angeblich autoritären Führungsstil der Riege um Ebner-Steiner gestoßen, zu der vor allem auch der parlamentarische Geschäftsführer Christoph Maier und Fraktionsvize Richard Graupner zählen. Alle sechs Posten wurden am Freitag nach Angaben eines Fraktionssprechers "einstimmig" vergeben, auch der des weiteren Stellvertreters Roland Magerl.

In der Kritik standen beim internen Streit auch kaum nachvollziehbare Ausgaben etwa für teure Möbel sowie Zulagen für mutmaßliche Günstlinge der Spitze. Zudem gab es eine Anzeige wegen Geheimnisverrats, über allem schweben teils massive persönliche Animositäten. Ebner-Steiner sagte nach der Wahl: "Der Vorstand wird seine erfolgreiche Arbeit mit großem Elan fortsetzen."

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