Umwelt:Spielplatz in der Pfütze

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Wie sich Kommunen kreativ gegen Hochwasser wappnen

Von Christian Sebald, München

In Eitensheim im Landkreis Eichstätt gibt es am Rande einer Neubausiedlung einen feinen Spielplatz mit einer großen Schaukel und einer roten Rutschbahn. Etwas abseits davon liegt ein Bolzplatz, auf dem sich gerne die Jugendlichen austoben. Das Besondere ist: Spielplatz und Bolzplatz liegen in einer Mulde, in die bei extrem starken Regenfällen Niederschlagswasser gelenkt werden kann, das ansonsten die Siedlung überschwemmen würde. Wenn das Unwetter vorbei ist, versickert das Wasser binnen weniger Stunden in der Mulde oder läuft aus ihr ab. Ein Spielplatz und ein Bolzplatz in einem Regenrückhaltebecken, das dürfte es bisher in eher wenigen Gemeinden in Bayern geben. Dabei werden in Zeiten der Klimakrise solche originellen kleinen, lokalen Schutzmaßnahmen vor extremen Regengüssen immer wichtiger.

"Der Klimawandel verändert auch das Leben in unseren Siedlungen", sagt Umweltminister Thorsten Glauber (FW). "Die Sommer werden heißer, die Niederschläge nehmen ab, die Städte heizen sich auf wie ein Kachelofen." Auf der anderen Seite drohten immer öfter Starkregen und Hochwasser. "Deshalb brauchen wir ein Konzept für die Städte und Gemeinden der Zukunft", sagt Glauber. Das neue Zauberwort der Architekten, Ingenieure, Hochwasserschützer und anderen Experten dafür lautet: "Schwammstadt". "Wir müssen das Wasser in unseren Kommunen halten wie in einem Schwamm", erläutert Glauber den Begriff. "Dafür dürfen wir sie nicht weiter zubetonieren." Sondern es braucht Parks und möglichst viele Bäume, aber auch begrünte Dächer und Fassaden, wasserdurchlässige Bodenbeläge anstelle von Asphalt und Beton und anderes mehr. Denn das ist klar: Grüne Städte sind nicht nur besser für den Hochwasserschutz. Sondern sie sind an Hitzetagen auch kühler - um bis zu drei Grad Celsius im Vergleich zu zubetonierten Quartieren.

Um das Konzept Schwammstadt zu befördern, ist das Umweltministerium jetzt eine Kooperation mit der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, der Architekten- und der Ingenieurekammer Bau, dem Landesamt für Umwelt sowie dem Städtetag und dem Gemeindetag eine Kooperation eingegangen. Unter dem Titel "Wassersensible Siedlungsentwicklung" haben die Experte zahlreiche Empfehlungen für die Kommunen, aber auch für Hausbesitzer für den Umgang mit den Konsequenzen der Klimakrise erarbeitet. Denn, so sagt der Präsident der Ingenieurekammer-Bau, Norbert Gebbeken: "Die Gefahr von Starkregen wird von Hausbesitzern oft noch nicht erkannt. Deswegen müssen wir über die Möglichkeiten der Gefahrenabwehr informieren. Aber auch die Kommunen sind gefordert, damit Straßen und Wohnquartiere hochwasserangepasst entwickelt oder umgestaltet werden." Wie bedrohlich die Folgen der Klimakrise sein können, hat am 1. Juni 2016 die Sturzflut in Simbach am Inn gezeigt. Nach tagelangem Regen wälzte sich plötzlich der Simbach mit ungeahnter Gewalt durch den Ort und zerstörte Häuser, Straßen und andere Bauwerke. Das Schlimmste war: In den Fluten starben sieben Menschen.

© SZ vom 28.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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