Politik in Bayern:Ein Strauß-Zitat passt immer

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Franz Josef Strauß gilt bis heute als Übervater der CSU. (Foto: dpa)

Bei der CSU greift man bei jeder Gelegenheit auf Weisheiten des Übervaters zurück. Selbst für den Klimaschutz ist er gut. Allerdings nur auf den ersten Blick.

Glosse von Wolfgang Wittl

Wann immer die CSU sich auf höheren Beistand berufen muss, gibt es nur einen, der helfen kann: Franz Josef Strauß. Es hakt bei einem Thema? Kein Problem, ein Zitat vom Übervater findet sich gewiss. Das Parteivolk muss am Aschermittwoch in Stimmung geredet werden? Strauß hat das Passende bestimmt schon vor fünfzig Jahren gesagt. Lebten wir nicht im schönen Bayern, sondern in China, würden die Schüler ihr Morgengebet - sofern überhaupt noch eines gesprochen wird - in Anlehnung an den großen Vorsitzenden wohl einer Strauß-Bibel entnehmen.

In ihr stünden so zeitlos hübsche Sätze, dass man dem Volk aufs Maul schauen, aber nicht nach dem Mund reden dürfe. Oder dass die Uhren in Bayern anders gingen, nämlich richtig. Nicht wenige Strauß-Sprüche würden an den heutigen Anforderungen der politischen Korrektheit freilich krachend zerschellen, weshalb die CSU lieber auszugsweise zitiert. Einer jungen "Fridays for Future"-Aktivistin zuzurufen, dass sie wahlweise eine Ratte, Schmeißfliege, Krampfhenne oder Gschwerl sei, käme vermutlich weniger gut an - auch wenn einige in der CSU das insgeheim sicher gern hören würden.

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Als die Parteispitze jetzt ihr Klimakonzept vorstellte, war die Zeit jedenfalls wieder reif, sich historischen Rückhalts zu versichern. Schon Strauß habe 1986 gesagt: "Ein Zurück zu fossilen Energieträgern wäre ein Verbrechen an der Menschheit und an der Umwelt." Und: "Das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht, führt zu einer laufenden Veränderung der Atmosphäre mit einem Gefährdungspotenzial, das alle anderen Gefährdungspotenziale bei weitem übersteigt." Weise Worte, fürwahr. Und beneidenswert weitsichtig.

Den Kontext behielten die Parteistrategen allerdings für sich. Es waren die Zeiten von Wackersdorf und Tschernobyl, Strauß hielt flammende Plädoyers für die Atomkraft, die bekanntlich gut beim CO₂ abschneidet, dafür aber weniger gut in anderen Risikosegmenten. Strauß sagte damals auch, dass es "gar keinen Sinn" habe, von "Energiequellen zu faseln, die (...) erst in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrhunderts zur Verfügung" stünden. Nun, das ging dann doch etwas schneller. Aber wer hätte das schon ahnen können, wenn nicht einmal Franz Josef Strauß...?

© SZ vom 10.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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