Neues Konzept:Wie die CSU den Klimaschutz angehen will

Markus Söder, CSU

Kurz vor den entscheidenden Beratungen in der Berliner Koalition über ein großes Klimaschutz-Paket positioniert sich auch die CSU-Spitze nochmal. Parteichef Söder hat seinen Fokus in den vergangenen Monaten stark geändert.

(Foto: dpa)
  • Die CSU verschreibt sich dem Klimaschutz: Der Vorstand will bei einer Klausur ein Konzept verabschieden, was den Weg Bayerns und Deutschlands zur Klimaneutralität vorzeichnet.
  • Die Kernpunkte dabei sind marktwirtschaftliche Förderung, steuerliche Erleichterungen für Privathaushalte und der Ausbau eines bezahlbaren öffentlichen Nahverkehrs.
  • Zudem plant die CSU die Gründung mehrerer Forschungszentren und die Aufforstung von Wäldern.
  • In anderen Punkten - wie etwa der Besteuerung von Billigflügen - bleibt das Konzept Antworten schuldig.

Von Wolfgang Wittl

Die CSU will "Bayern und Deutschland zur globalen Leitregion für intelligenten Fortschritt und smarten Klimaschutz machen". Das geht aus einem Konzept hervor, das der Parteivorstand an diesem Freitag und Samstag bei seiner zweitägigen Klausur in Oberbayern beschließen will. So soll Deutschland "bis spätestens 2050" klimaneutral sein - und Bayern bereits in den Jahren "2040 plus". Gleichzeitig gesteht die CSU ein, dass das Ziel, die Treibhausgase von 1990 bis 2020 in Deutschland um 40 Prozent zu verringern, deutlich verfehlt wird. "Dafür werden wir kurzfristig unsere Anstrengungen massiv erhöhen." Die Klimaziele für 2030 sollen "verlässlich" erreicht werden.

"Klima schützen, Konjunktur stützen", heißt das Papier, in dem die CSU ihre Klimastrategie bündelt. Es soll auch die Grundlage für die Beschlüsse der Bundesregierung bilden. Am 20. September will sich die Berliner Koalition aus CDU, CSU und SPD auf ein umfassendes Klimaschutzgesetz einigen. Differenzen gibt es vor allem im Kampf gegen Kohlendioxid. "Wir setzen auf die CO₂-Begrenzung und lehnen eine CO₂-Steuer ab", steht in dem Konzept. Durch einen nationalen Emissionshandel, auf den die CSU setzt, könne "eine CO₂-Reduktion auf marktwirtschaftlichem Weg erreicht" werden. Eine nationale CO₂-Steuer, wie die SPD sie fordert, gaukle aus christsozialer Sicht hingegen "eine Scheinlösung" vor. Sie führe nur zu zusätzlichen Belastungen von Bürgern und Unternehmen, ohne einen ökologischen Nutzen zu erzielen.

Die CSU gibt in ihrem 16-seitigen Konzept, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz ab. Der Klimawandel sei "nicht mehr bloß eine abstrakte Gefahr der Zukunft, sondern eine konkrete Veränderung heute". Er erfordere "umgehendes Handeln und einen seriösen Fahrplan". Beides glaubt die Partei mit ihrem Strategiepapier zu erfüllen. Viele der einzelnen Vorschläge, die darin genannt werden, sind bereits bekannt. Wie etwa die Forderung, dass Ökologie und Ökonomie miteinander einhergehen müssten. So spricht die CSU nicht mehr von einer sozialen Marktwirtschaft, sondern von einer "ökosozialen Marktwirtschaft". Zugleich hält sie daran fest, keine neue Schulden zu machen. "Die schwarze Null und die grüne Null gibt es nur zusammen."

Forschungszentren in Bayern und besserer öffentlicher Nahverkehr

Mit einem Klimapakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen will die CSU das Land auf die "Jahrhundertaufgabe" einschwören. Sie setzt auf Innovationen, Steuerermäßigungen und einen "Klimabonus" von bis zu 10 000 Euro jährlich für energiefreundliche Investitionen. Darunter fallen etwa Gebäudesanierungen, die Anschaffung von effizienten Haushaltsgeräten und Fahrzeugen mit alternativen Antrieben sowie der Austausch alter Heizungen. Die CSU erhofft sich davon außerdem eine Belebung der abflauenden Konjunktur. So soll Deutschland zum Weltmarktführer für klimaschonende Produktionsverfahren werden.

Auch in Bayern sollen Forschungszentren entstehen: für synthetische Kraftstoffe (Straubing), Wasserstoff (Nürnberg) sowie Batteriezellen (Schwaben, gemeinsam mit Baden-Württemberg). Das Schneefernerhaus auf der Zugspitze soll ein nationales Grundlagenzentrum für Klimaforschung werden, in Augsburg soll ein Zentrum für Klimafolgenforschung gegründet werden. Durch die Aufforstung und den klimafesten Umbau von Wäldern soll CO₂ ebenso gebunden werden wie durch die Renaturierung von Mooren. An der umstrittenen 10-H-Abstandsregelung bei Windrädern will die CSU allerdings festhalten.

Der ÖPNV und der Radverkehr sollen dagegen ausgebaut werden. Das 365-Euro-Ticket für Schüler und Auszubildende soll es nicht nur in Bayern, sondern bundesweit geben. In diesem Punkt besteht Einigkeit mit der SPD. Die Mehrwertsteuer auf Bahntickets will die CSU von 19 auf sieben Prozent senken - eine jährliche Entlastung von bundesweit 500 Millionen Euro. An anderen Stellen bleibt das Papier vage. Von einer Flugsteuer auf Billigflüge, wie sie der Berliner CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vorgeschlagen und die Parteispitze umgehend wieder einkassiert hatte, ist in dem Konzept nichts zu finden. Stattdessen heißt es: Man wolle "mit einer nachhaltigen Preisgestaltung im Flugverkehr dafür sorgen, dass Bahn- und Busfahrten zu einer echten kostengünstigen Alternative zu Inlandsflügen werden".

CSU-Chef Markus Söder hatte am Mittwoch bei einem Besuch auf der Zugspitze gesagt, die Maßnahmen zum Klimaschutz müssten "den gesellschaftlichen Frieden herstellen und versöhnend sein". Auch in der CSU gibt es Skeptiker, die Söders Vorgehen für überambitioniert halten. An sie dürfte die Passage auf Seite zwei des Strategiepapiers gerichtet sein: "Wir können und dürfen es schlicht nicht auf das Großexperiment Klimawandel mit seinen mutmaßlich irreversiblen Folgen ankommen lassen. Deshalb rufen wir auch allen Zweiflern zu: Wir müssen entschieden handeln!" An diesem Freitag beschäftigt sich der CSU-Vorstand in Oberpfaffenhofen mit den Themen "Industrie und Innovation", am Samstag geht es in Feldafing um "Klima und Konjunktur". Danach soll das Konzept beschlossen werden.

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