Corona-Impfstoff:Der Konflikt um die Kühlbox

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Eine sehr vielseitige Erfindung: Mit der handelsüblichen Kühlbox lassen sich sowohl Impfdosen als auch Bierdosen kühlen. (Foto: Moritz Frankenberg/dpa)

Für den Transport der Corona-Impfstoffe werden auch Camping-Kühlboxen eingesetzt. Das Gesundheitsministerium weist Kritik an der Praxis zurück, die Sache werde "völlig unnötig aufgebauscht".

Von Julia Bergmann

Es kommt nicht häufig vor, dass es ausgerechnet eine Kühlbox zu bundesweiter Bekanntheit bringt. Der Dometic CoolFreeze CF 11 ist die große Ausnahme. Immerhin ist um die Kiste eine heftige öffentliche Debatte entbrannt, nachdem in mehreren bayerischen Landkreisen Hunderte Corona-Impfstoffdosen falsch gekühlt ausgeliefert wurden. Trotzdem ist die elektrische Kühlbox in Bayern aktuell noch für den Vakzintransport im Einsatz. Ob sie das auch in Zukunft bleiben soll, darüber gibt es vom Gesundheitsministerium bis Freitagnachmittag keine Auskunft.

Der Spiegel hatte zuerst über die Pannen berichtet und sich darüber mokiert, dass die Bayern für den Transport der Impfdosen ausgerechnet eine Kiste verwenden, in denen Campingtouristen üblicherweise Bier kalt stellen. Mehrere Kühlboxhersteller hatten dem Spiegel versichert, die Boxen seien für den Transport von temperaturempfindlichen Medikamenten ungeeignet. Hat das Gesundheitsministerium also schlampig gearbeitet? Liegt es an den Boxen, dass in Oberfranken und Schwaben mehrere hundert Impfstoffdosen unbrauchbar wurden?

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Nein, sagt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Er weist jede Kritik von sich. Die Boxen seien vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Verbindung mit den gemeinsam ausgelieferten Messgeräten ausdrücklich für sicher befunden worden. Den Kisten liegen sogenannte Temperatur-Datenlogger bei. Sie messen die Temperatur während des Transports und zeichnen sie auf. So kann geprüft werden, ob die Dosen stets ausreichend gekühlt sind. Die Temperatur sollte dabei laut Hersteller Biontech zwischen zwei und acht Grad liegen.

Sowohl in Schwaben als auch in Oberfranken war den Verantwortlichen aber am 26. und 28. Dezember aufgefallen, dass die Temperatur in einzelnen Boxen entweder über oder unter der Empfehlung lag. Hersteller Biontec hatte zwar zügig versichert, die Verimpfung der betroffenen Vakzine sei unproblematisch. Trotzdem hatten einige Landräte und Mediziner Bedenken und hatten die Dosen retourniert. Dabei sei etwa in einem Fall der Temperaturregler an den Boxen zu niedrig eingestellt worden, die Impfdosen seien eingefroren und damit unbrauchbar geworden.

"Die Kühlboxen selbst haben nach allen vorliegenden Erkenntnissen einwandfrei funktioniert", betont der Ministeriumssprecher

Der Impfstoff wird zwar zunächst auch tiefgekühlt bei minus 70 Grad an die großen Verteilzentren geliefert. Für die Weiterverteilung an die Impfzentren und schließlich die Heime wird er allerdings auf zwischen zwei und acht Grad temperiert. Einmal aufgetaut, darf das Medikament nicht noch einmal eingefroren werden. Das würde die Wirksamkeit beeinträchtigen. Bei den bekannten Pannen in Oberfranken und Schwaben hätten teilweise aber auch Handhabungsfehler beim Gebrauch der Temperaturlogger zu den Pannen geführt. "Die Kühlboxen selbst haben nach allen vorliegenden Erkenntnissen einwandfrei funktioniert", betont der Ministeriumssprecher.

Ohnehin würden die Boxen üblicherweise nur für kurze Transportwege, also von einem der 99 bayerischen Impfzentren in die jeweiligen Heime, verwendet. Den überregionalen Transport von Verteil- zu Impfzentren übernimmt ein externer Dienstleister mit eigenen Kühlboxen. Weil dieser die fristgerechte Auslieferung am 26. und 28. Dezember aufgrund von Schwierigkeiten bei Aufteilung und Transport der Dosen offenbar nicht gewährleisten konnten, habe man die Camping-Kühlboxen außerplanmäßig und einmalig an diesen Tagen für den überregionalen Transport verwendet.

Rückendeckung bekommt das Ministerium nun von Landkreistagspräsident Christian Bernreiter. "Die Sache wird meiner Meinung nach völlig unnötig aufgebauscht", sagt er. Die Verteilung des Impfstoffes laufe abgesehen von den bekannten Pannen zu Beginn reibungslos, die Kühlboxen hätten immer ihre Funktion erfüllt. Der Spott in Richtung Bayern sei ungerechtfertigt, findet Bernreiter. "Die beteiligten Teams stecken ihr Herzblut in die Sache", sagt er. Jeder wisse, was an den Impfungen hängt.

© SZ vom 09.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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